7. Der Vogelfänger

[86] Meister Kung sah einem Vogelfänger zu. Die Vögel, die er fing, waren lauter junge Gelbschnäbel. Der Meister fragte ihn: »Warum fangt Ihr denn gar keine alten Vögel?«

Der Vogelfänger sprach: »Die Alten erschrecken leicht und sind deshalb schwer zu bekommen. Die Gelbschnäbel sind auf das Futter aus und sind deshalb leicht zu bekommen. Wenn die Gelbschnäbel den Alten folgen würden, so würde man sie auch nicht bekommen, wenn die Alten den Gelbschnäbeln folgen würden, so würde man sie auch bekommen.«

Meister Kung wandte sich zu seinen Schülern und sprach zu ihnen: »Wer sich leicht warnen läßt, bleibt fern von Schaden. Wer das Essen für wichtig hält, vergißt die Gefahr und folgt seinem Herzen. Je nachdem man dem einen oder andern folgt, bringt man Glück oder Unglück über sich. Darum ist der Edle vorsichtig in der Wahl derer, denen er folgt. Die Erfahrung der Alten ist die Treppe zur Erhaltung des Lebens; folgt man dem Leichtsinn der Jungen, so kommt man in Lebensgefahr und Schaden.«

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KKungfutse: Gia Yü, Schulgespräche. Düsseldorf/Köln 1961, S. 86.
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