14. Der Alte am Wasserfall

[42] Als Meister Kung von We nach Lu zurückkam, ließ er den Wagen am Ho-liang-Damm rasten und genoß die Aussicht. Es war ein Wasserfall da, dreißig Klafter hoch, der Wirbel erzeugte 90 Meilen weit. Fische und Schildkröten konnten nicht kommen, Riesenschildkröten und Krokodile konnten nicht dort leben. Da kam ein Alter und machte sich fertig durchzuwaten. Meister Kung sandte hin, ihn am Ufer aufhalten zu lassen, und sprach: »Dieser Wasserfall ist 30 Klafter hoch und erzeugt einen Wirbel von 90 Meilen, also daß Fische und Schildkröten nicht hinkommen und Riesenschildkröten und Krokodile nicht darin leben können. Ich denke, er wird sich schwerlich überschreiten lassen.«

Der Alte nahm sichs nicht zu Herzen, sondern ging durch und kam richtig auch wieder heraus.

Meister Kung fragte: »Seid Ihr besonders geschickt, oder habt Ihr einen Zauber? Wie machtet Ihr es, daß Ihr durchgingt und wieder herauskamt?«

Der Alte sprach: »Als ich hineinging, da ging ich voran im festen Glauben, als ich dann wieder herauskam, da ließ ich mich treiben in festem Glauben. Ich vertraute meinen Leib dem Strom der Wellen an und wagte nicht, einen eigenen Willen zu haben; darum konnte ich hinein und auch wieder heraus.«

Da sprach Meister Kung zu seinen Jüngern: »Kinder, merkt es euch. Selbst dem Wasser kann man sich anvertrauen, wenn man sich im Glauben fest gemacht hat, wieviel eher noch gilt das den Menschen gegenüber.«

Quelle:
KKungfutse: Gia Yü, Schulgespräche. Düsseldorf/Köln 1961, S. 42.
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