1. Fürstentugend

[72] Der Meister sprach: »Yung, den kann man brauchen, um mit südlich gewandtem Gesicht (einen Staat zu beherrschen).« Dschung Gung fragte in betreff von Dsï Sang Be Dsï. Der Meister sprach: »Er geht; er ist großartig.« Dschung Gung sprach: »In seiner Gesinnung sorgfältig sein und in seiner Handlungsweise großartig beim Verkehr mit seinem Volk, das mag wohl gehen. Aber in seiner Gesinnung großartig sein und in seiner Handlungsweise großartig sein: ist das nicht zuviel Großartigkeit?« Der Meister sprach: »Yungs Worte sind richtig.«


Der Meister erwähnte einst, daß der Jünger Jan Yung imstande wäre, als Fürst einen Staat zu regieren. Der betreffende Jünger, der sich offenbar durch die Andeutung geschmeichelt fühlte, fragte im Anschluß daran, wie sich sein Freund, (der sonst unbekannte) Dsï Sang Be Dsï, zum Fürsten eigne. Der Meister erwiderte, dieser habe zum mindesten eine fürstliche Tugend, daß er nicht kleinlich sei, sondern etwas Freies, Großzügiges in seinem Wesen habe. Der Jünger knüpfte daran eine theoretische Erörterung, offenbar halb im Vorgefühl seiner neuen Würde: daß die Großartigkeit der äußeren Handlungsweise im Verkehr mit den Untertanen sehr löblich sei, wenn eine gewissenhafte Sorgfalt die Grundlage der Gesinnung bilde. Wenn dagegen Gesinnung und Handlungsweise aufs Großartige[72] gerichtet seien, dann führe die Großartigkeit zu weit. Der Meister billigte liebevoll auch diesen Ausspruch.

Quelle:
Kungfutse: Lun Yu. Gespräche. Düsseldorf/Köln 1975, S. 72-73.
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