Gegen Demokrit

[107] Hierbei hüte dich wohl, der Ansicht Beifall zu zollen,

Die ein erhabener Geist, Demokritos, hatte begründet,

Nämlich: die Urelemente des Geistes mit denen des Körpers

Einzeln zusammengefügt abwechselnd verbänden die Glieder.

Denn die Atome der Seele sind erstens geringer an Größe

Als die, welche den Körper und dessen Inneres bilden,

Dann auch geringer an Zahl. Auch sind sie nur sparsam verteilet

Hier und da durch die Glieder, so daß sich nur dieses behaupten

Läßt: wie klein nur eben ein einzelner Körper noch sein kann,

Um die Sinneserregung in unserem Körper zu wecken,

Soviel Zwischenraum bleibt auch für die Seelenatome.

Denn wir fühlen's bisweilen auch nicht, wenn Staub an den Körper

Anfliegt, oder wenn Tünche auf unsere Glieder herabfällt,

Spüren auch nicht Nachtnebel und zarte Gewebe der Spinne,

Die auf dem Weg uns begegnen und uns beim Gehen umstricken,

Oder wenn uns ihr vermodertes Kleid auf die Haut ist gefallen,

Fühlen auch Vogelfedern und fliegende Samen der Pflanzen,

Die nur langsam meist infolge der Leichtigkeit fallen,

Ebensowenig wie irgendein Tier, das auf uns herumschleicht,

Oder die einzelnen Tritte der Mücken und andren Geschmeißes,

Das auf unseren Körper die kriechenden Füße gesetzt hat.

Also müssen zuerst gar viele der Körperatome

In die Bewegung geraten, bis dann die unserem Körper

Beigemischten Atome der Seele Erschütterung spüren

Und durch Stöße getrennt in bedeutenden Zwischenräumen

Wechselseitig verkehren durch Anprall, Einigung, Abprall.

Quelle:
Lukrez: Über die Natur der Dinge. Berlin 1957, S. 107.
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