§ 2. Arbeitsteilung und Maschinen

[144] Die Arbeitsteilung eröffnet nach Herrn Proudhon die Reihe der ökonomischen Entwicklungen.


Gute Seite der Arbeitsteilung

»Ihrem Wesen nach ist die Arbeitsteilung der Modus, nach welchem die Gleichheit der Bedingungen und Intelligenzen sich realisiert.« (Bd. I, S. 93.)


Schlechte Seite der Arbeitsteilung

»Die Arbeitsteilung ist für uns eine Quelle des Elends geworden.« (Bd. I, S. 94.)


Variante:

»Die Arbeit gelangt dadurch, daß sie sich nach dem Gesetz teilt, welches ihr eigen und die vornehmste Bedingung ihrer Fruchtbarkeit ist, zu der Negation ihrer Ziele und hebt sich selbst auf.« (Bd. I, S. 94.)


Zu lösendes Problem

»Die Rekomposition« finden, »die die Unzuträglichkeiten der Teilung beseitigt und dabei ihre nützlichen Wirkungen erhält.« (Bd. I, S. 97.)


Die Arbeitsteilung ist nach Herrn Proudhon ein ewiges Gesetz, eine einfache und abstrakte Kategorie. Somit muß auch die Abstraktion, die Idee, das[144] bloße Wort ihm genügen, um die Arbeitsteilung in den verschiedenen Epochen der Geschichte zu erklären. Die Kasten, die Zünfte, die Manufaktur, die Großindustrie, alles muß durch das einfache Wort »teilen« erklärt sein. Man studiere zunächst gehörig den Sinn des Wortes »teilen«, und man wird nicht mehr nötig haben, die zahlreichen Einflüsse zu erforschen, die in jeder Epoche der Arbeitsteilung einen bestimmten Charakter gegeben haben.

Man vereinfacht in der Tat die Sachen gar zu sehr, wenn man sie auf die Kategorien des Herrn Proudhon zurückführt. Die Geschichte geht nicht so kategorisch vor. Es bedurfte in Deutschland ganzer drei Jahrhunderte, um die erste bedeutende Arbeitsteilung herzustellen – nämlich die Trennung von Stadt und Land. In dem Maße, wie sich bloß dies Verhältnis der Stadt zum Land modifiziert, modifiziert sich die ganze Gesellschaft. Um nur diese eine Seite der Arbeitsteilung ins Auge zu fassen, so ergibt sie uns hier die antiken Republiken, dort den christlichen Feudalismus, hier das alte England mit seinen Landbaronen, dort das moderne England mit seinen Baumwollenbaronen (cotton-lords). Im 14. und 15. Jahrhundert, als es noch keine Kolonien gab, als Amerika noch nicht und Asien nur durch die Vermittlung von Konstantinopel für Europa existierte, als das Mittelmeer noch das Zentrum der Handelstätigkeit war, hatte die Arbeitsteilung einen ganz anderen Charakter, ein ganz anderes Aussehen als im 17. Jahrhundert, wo Spanier, Portugiesen, Holländer, Engländer, Franzosen in allen Weltteilen Kolonien errichtet hatten. Die Ausdehnung des Marktes, seine Physiognomie gaben der Arbeitsteilung in den verschiedenen Epochen eine Physiognomie, einen Charakter, den man Mühe hätte, von dem bloßen Wort »teilen«, von der Idee, von der Kategorie der »Teilung« abzuleiten.

»Alle Ökonomen seit Adam Smith«, sagt Herr Proudhon, »haben auf die Vorteile und Unzuträglichkeiten des Gesetzes der Teilung aufmerksam gemacht, aber dabei viel mehr Gewicht auf die ersteren als auf die letzteren gelegt, weil das ihrem Optimismus besser paßte, und ohne daß einer von ihnen sich je gefragt hätte, was die Unzuträglichkeiten eines Gesetzes sein könnten... Wie führt dasselbe Prinzip, streng in seine Konsequenzen verfolgt, zu diametral entgegengesetzten Wirkungen? Nicht ein Ökonom, weder vor noch nach Adam Smith, hat je gemerkt, daß es hier ein Problem zu lösen gilt. Say geht so weit, anzuerkennen, daß in der Arbeitsteilung dieselbe Ursache, welche den Vorteil bewirkt, auch den Schaden zur Folge hat.« [I, S. 95-96.]

Adam Smith hat viel weiter gesehen, als Herr Proudhon meint. Er hat sehr wohl gesehen, daß »in Wirklichkeit die Verschiedenheit der natürlichen Anlagen zwischen den Individuen weit geringer ist, als wir glauben. Diese so verschiedenen Anlagen, welche die Angehörigen der verschiedenen Professionen zu unterscheiden scheinen, Leute, die bereits in das reife Alter getreten[145] sind, sind nicht sowohl die Ursache als die Wirkung der Arbeitsteilung.« [Smith, a. a. O., I, S. 33-34.] Ursprünglich unterscheidet sich ein Lastträger weniger von einem Philosophen als ein Kettenhund von einem Windhund. Es ist die Arbeitsteilung, welche einen Abgrund zwischen beiden aufgetan hat. Alles dies hindert Herrn Proudhon nicht, an einer anderen Stelle zu behaupten, daß Adam Smith von den Unzuträglichkeiten, welche die Arbeitsteilung bewirkt, keine Ahnung hatte; und zu behaupten, J[ean]-B[aptiste] Say habe zuerst anerkannt, »daß in der Arbeitsteilung dieselbe Ursache, welche den Vorteil bewirkt, auch den Schaden zur Folge hat«.

Hören wir indes Lemontey; suum cuique.

»Herr J.-B. Say hat mir die Ehre erwiesen, in seinem vortrefflichen Werk über politische Ökonomie das Prinzip zu adoptieren, welches ich in dem Fragment« über den moralischen Einfluß der Arbeitsteilung »zuerst dargetan habe. Der ein wenig frivole Titel meines Buches hat ihm ohne Zweifel nicht erlaubt, mich zu zitieren. Ich finde nur diese Erklärung für das Schweigen eines Schriftstellers, der zu reich an eigenem Fonds ist, um eine so bescheidene Anleihe in Abrede zu stellen.« (Lemontey, Œuvres complètes, Bd. I, S. 245, Paris 1840.)

Lassen wir ihm diese Gerechtigkeit widerfahren: Lemontey hat die schlimmen Folgen der Arbeitsteilung, wie sie sich heute vollzieht, geistreich dargelegt, und Herr Proudhon hat nichts hinzuzufügen gewußt. Da wir aber einmal durch Herrn Proudhons Schuld uns auf diese Frage der Priorität eingelassen haben, so sei beiläufig bemerkt, daß sehr lange vor Lemontey und siebzehn Jahre vor Adam Smith, dem Schüler von Adam Ferguson, dieser letztere diesen Punkt in einem Kapitel, welches speziell die Arbeitsteilung behandelt, klar und deutlich auseinandergesetzt hat.

»Man könnte sogar zweifeln; ob die allgemeine Befähigung einer Nation im Verhältnis zum Fortschritt der Technik zunimmt. In mehreren Zweigen der Technik... wird der Zweck vollkommen erreicht, auch wenn sie vollständig der Mitwirkung der Vernunft und des Gefühles entledigt sind, und die Unwissenheit ist ebenso die Mutter der Industrie wie des Aberglaubens. Reflexion und Phantasie sind Verirrungen unterworfen; aber die Gewohnheit, den Fuß oder die Hand zu bewegen, hängt weder von dieser noch von jener ab. So könnte man sagen, daß die Vollkommenheit der Manufakturarbeit darin besteht, daß der Geist entbehrlich gemacht und die ohne Mitarbeit des Kopfes betriebene Werkstatt als ein Mechanismus betrachtet werden kann, dessen einzelne Teile Menschen sind... Der General kann in der Kriegskunst sehr erfahren sein, während sich das Verdienst des Soldaten darauf beschränkt, einige Hand- und Fußbewegungen auszuführen. Der eine kann gewonnen haben, was der andere verloren... In einer Periode, in der alles geschieden ist, kann selbst die Kunst zu denken einen[146] besonderen Beruf bilden.« (A. Ferguson, »Essai sur l'histoire de la société civile«, Paris 1783 [II, S. 134, 135 u. 136].)

Um mit unserer literarischen Abschweifung zu enden, stellen wir ausdrücklich in Abrede, daß »alle Ökonomen viel mehr Gewicht auf die Vorteile als auf die Nachteile der Arbeitsteilung gelegt haben«. Es genügt, Sismondi zu nennen.

So hat Herr Proudhon, was die Vorteile der Arbeitsteilung betrifft, weiter nichts zu tun, als die allgemeinen und allgemein bekannten Redensarten mehr oder weniger schwülstig zu paraphrasieren.

Sehen wir nunmehr, wie er von der Arbeitsteilung, als allgemeinem Gesetz, als Kategorie, als Idee gefaßt, die Unzuträglichkeiten ableitet, die mit ihr verbunden sind. Wie kommt es, daß diese Kategorie, dieses Gesetz eine ungleiche Verteilung der Arbeit einschließt, zum Nachteil von Herrn Proudhons egalitärem System?

»Mit dieser feierlichen Stunde der Arbeitsteilung beginnt der Sturmwind über die Menschheit zu wehen. Der Fortschritt vollzieht sich nicht für alle auf eine gleiche und einheitliche Art... Er beginnt damit, sich einer kleinen Zahl von Privilegierten zu bemächtigen... Diese Bevorzugung von Personen von seiten des Fortschritts ist es, die so lange an die natürliche und providentielle Ungleichheit der Lebenslagen glauben gemacht, die Kasten ins Leben gerufen und alle Gesellschaften hierarchisch aufgebaut hat.« (Proudhon, Bd. I, S. 94.)

Die Arbeitsteilung hat die Kasten geschaffen: Nun sind aber die Kasten die Unzuträglichkeiten der Arbeitsteilung; also hat die Arbeitsteilung Unzuträglichkeiten geschaffen. Quod erat demonstrandum. Will man weitergehen und fragen, was die Arbeitsteilung dahin brachte, die Kasten, die hierarchischen Konstitutionen und die Privilegien zu schaffen, so wird Herr Proudhon antworten: der Fortschritt. Und was hat den Fortschritt veranlaßt? Die Schranke. Die Schranke, für Herrn Proudhon, ist die Bevorzugung von Personen von seiten des Fortschritts.

Nach der Philosophie die Geschichte – aber weder die beschreibende noch die dialektische, sondern die vergleichende Geschichte. Herr Proudhon zieht eine Parallele zwischen dem Buchdrucker von heute und dem Buchdrucker des Mittelalters, zwischen dem Arbeiter der riesigen Hüttenwerke des Creusot und dem Hufschmied auf dem Lande, zwischen dem Schriftsteller unserer Tage und dem Schriftsteller des Mittelalters, und er läßt die Waagschale auf Seite derer sinken, welche mehr oder weniger der Arbeitsteilung angehören, wie sie das Mittelalter erzeugt oder überliefert hat. Er stellt die Arbeitsteilung[147] einer historischen Epoche der Arbeitsteilung einer anderen historischen Epoche gegenüber. War es das, was Herr Proudhon darzutun hatte? Nein. Er sollte uns die Unzuträglichkeiten der Arbeitsteilung im allgemeinen, der Arbeitsteilung als Kategorie zeigen. Wozu übrigens auf dieser Partie der Proudhonschen Werke beharren, da, wie wir sehen werden, er selbst ein wenig später alle diese angeblichen Entwicklungen ausdrücklich widerruft?

»Die erste Wirkung der zerstückelten Arbeit«, fährt Herr Proudhon fort, »nächst der Depravation der Seele, ist die Verlängerung des Arbeitstages, der im umgekehrten Verhältnis zur Summe der verausgabten Intelligenz wächst... Da jedoch die Dauer des Arbeitstages sechzehn bis achtzehn Stunden nicht überschreiten kann, so wird von dem Augenblick an, wo die Kompensation nicht mehr in der Form von Zeit genommen werden kann, sie auf den Preis genommen werden und der Lohn sinken... Was feststeht und was lediglich hier zu vermerken gilt, ist, daß das allgemeine Gewissen die Arbeit eines Werkmeisters und die eines Handlangers nicht als gleichwertig taxiert. Die Herabsetzung des Preises des Arbeitstages wird hierdurch eine Notwendigkeit, so daß der Arbeiter, nachdem seine Seele durch eine degradierende Tätigkeit niedergedrückt ist, nicht umhinkann, auch in seinem Körper durch die Geringfügigkeit der Entlohnung getroffen zu werden.« [I, S. 97-98.]

Wir gehen weg über den logischen Wert dieser Syllogismen, die Kant abseitsführende Paralogismen genannt haben würde.

Dies der Inhalt:

Die Arbeitsteilung reduziert den Arbeiter auf eine degradierende Funktion. Dieser degradierenden Funktion entspricht eine depravierte Seele. Dieser Depravation der Seele entspricht eine stets wachsende Lohnsenkung. Und um zu beweisen, daß diese Lohnsenkung einer depravierten Seele entspricht, behauptet Herr Proudhon zur Beruhigung des Gewissens, daß es das allgemeine Gewissen ist, welches es so will. Zählt die Seele des Herrn Proudhon mit in dem allgemeinen Gewissen?

Die Maschinen sind für Herrn Proudhon »der logische Gegensatz der Arbeitsteilung« [I, S. 135], und mit Hilfe seiner Dialektik beginnt er damit, Maschine in Werkstatt umzuwandeln.

Nachdem er die moderne Werkstatt (die Fabrik) unterstellt hat, um aus der Arbeitsteilung das Elend hervorgehen zu lassen, setzt Herr Proudhon das durch die Arbeitsteilung geschaffene Elend voraus, um zur Fabrik gelangen und sie als die dialektische Negation dieses Elends hinstellen zu können. Nachdem er den Arbeiter in moralischer Beziehung mit einer degradierenden Funktion, in physischer mit der Geringfügigkeit des Lohnes bedacht hat,[148] nachdem er den Arbeiter unter die Abhängigkeit vom Werkführer gestellt und seine Arbeit auf die Leistung eines Handlangers herabgedrückt hat, schiebt er die Schuld von neuem auf Fabrik und Maschinen, um den Arbeiter »dadurch, daß er ihm einen Meister gibt« [I, S. 164], zu degradieren, und vollendet seine Erniedrigung dadurch, daß er ihn »von dem Range eines Handwerkers zu dem eines Handlangers sinken« [I, S. 164] läßt. Schöne Dialektik! Und wenn er hiebei noch stehenbliebe; aber nein, er braucht eine neue Geschichte der Arbeitsteilung, nicht mehr, um daraus die Widersprüche abzuleiten, sondern um die Fabrik auf seine Art zu rekonstruieren. Um das zu erreichen, sieht er sich genötigt, alles zu vergessen, was er über die Arbeitsteilung gesagt.

Die Arbeit organisiert und teilt sich verschieden, je nach den Werkzeugen, über die sie verfügt. Die Handmühle setzt eine andere Arbeitsteilung voraus als die Dampfmühle. Es heißt somit der Geschichte ins Gesicht schlagen, wenn man mit der Arbeitsteilung im allgemeinen beginnt, um in der Folge zu einem speziellen Produktionsinstrument, den Maschinen, zu gelangen.

Die Maschinen sind ebensowenig eine ökonomische Kategorie wie der Ochse, der den Pflug zieht, sie sind nur eine Produktivkraft. Die moderne Fabrik, die auf der Anwendung von Maschinen beruht, ist ein gesellschaftliches Produktionsverhältnis, eine ökonomische Kategorie.

Sehen wir nun, wie die Dinge in der glänzenden Einbildung des Herrn Proudhon sich vollziehen.

»In der Gesellschaft ist das Auftreten der Maschinen und immer neuen Maschinen die Antithese, die Gegenformel der Arbeit: Sie ist der Protest des Genius der Industrie gegen die zerstückelte und menschenmörderische Arbeit. Was in der Tat ist eine Maschine? Eine Art, die verschiedenen Teile der Arbeit, welche die Arbeitsteilung geschieden hat, zu vereinigen. Jede Maschine kann definiert werden als eine Zusammenfassung verschiedener Operationen... Somit haben wir in der Maschine die Wiederherstellung des Arbeiters ... Die Maschinen, die sich in der politischen Ökonomie gegensätzlich zur Arbeitsteilung stellen, repräsentieren die Synthese, die sich im menschlichen Geist der Analyse gegenüberstellt... Die Teilung trennte nur die verschiedenen Teile der Arbeit, indem sie es einem jeden überließ, sich der Spezialität, die ihm am meisten zusagte, zu widmen. Die Fabrik gruppiert die Arbeiter nach der Beziehung jedes Teiles zum Ganzen..., sie führt das Prinzip der Autorität in die Arbeit ein... Aber das ist nicht genug. Die Maschine oder die Fabrik, nachdem sie den Arbeiter dadurch degradiert hat, daß sie ihm einen Meister gibt, vollendet seine Erniedrigung damit, daß sie ihn vom Range eines Handwerkers zu dem eines Handlangers fallen läßt... Die Periode, die wir in diesem Moment durchleben, die der Maschinen, zeichnet sich durch einen besonderen Charakter aus, die Lohnarbeit... Die Lohnarbeit ist späteren Datums als Arbeitsteilung und Tausch.« [I, S. 135, 136, 161 u. 164.][149]

Eine einfache Bemerkung für Herrn Proudhon. Die Trennung der verschiedenen Arbeitsteile, die einem jeden die Möglichkeit gibt, sich der Spezialität zu widmen, die ihm am meisten zusagt, eine Trennung, welche Herr Proudhon von Anfang der Welt datiert, gibt es erst in der modernen Industrie unter der Herrschaft der Konkurrenz.

Herr Proudhon gibt uns sodann eine mehr als »interessante Genealogie« [I, S. 161], um nachzuweisen, wie die Fabrik aus der Arbeitsteilung und die Lohnarbeit aus der Fabrik entstanden ist.

1. Er setzt einen Menschen voraus, der »bemerkt hat«, daß man die Produktivkräfte vermehrt, »wenn man die Produktion in ihre verschiedenen Teile zerlegt und jeden von einem besonderen Arbeiter ausführen läßt« [I, S. 161].

2. Dieser Mensch »ergreift den Faden dieser Idee und sagt sich, daß, wenn er eine ständige Gruppe von Arbeitern bildet, assortiert für den besonderen Zweck, den er sich vornimmt, er dann eine stetigere Produktion erzielen würde etc.« [I, S. 161.]

3. Dieser Mensch macht anderen Menschen einen Vorschlag, damit sie seine Idee und den Faden seiner Idee ergreifen.

4. Dieser Mensch »verhandelt im Beginn der Industrie mit seinen Genossen, die später seine Arbeiter geworden, auf dem Fuße der Gleichheit.« [I, S. 163.]

5. »Es leuchtet in der Tat ein, daß diese ursprüngliche Gleichheit bald verschwinden mußte angesichts der vorteilhaften Stellung des Meisters und der Abhängigkeit des Lohnarbeiters.« [I, S. 163.]

Hier haben wir wiederum eine Probe der historischen und beschreibenden Methode des Herrn Proudhon.

Untersuchen wir nunmehr vom historischen und ökonomischen Gesichtspunkte aus, ob die Fabrik und die Maschine in der Tat das Autoritätsprinzip später als die Arbeitsteilung in die Gesellschaft eingeführt hat; ob auf der einen Seite der Arbeiter rehabilitiert worden ist, trotzdem daß er auf der anderen Seite der Autorität unterworfen wurde; ob die Maschine die Rekomposition der geteilten Arbeit, die ihrer Analyse entgegengesetzte Synthese der Arbeit ist.

Die Gesellschaft als Ganzes hat das mit dem Innern einer Fabrik gemein, daß auch sie ihre Arbeitsteilung hat. Nimmt man die Arbeitsteilung in einer modernen Fabrik als Beispiel, um sie auf eine ganze Gesellschaft anzuwenden, so wäre unzweifelhaft diejenige Gesellschaft am besten für die Produktion ihres Reichtums organisiert, welche nur einen einzigen Unternehmer als Führer hätte, der nach einer im voraus festgesetzten Ordnung die Funktionen[150] unter die verschiedenen Mitglieder der Gemeinschaft verteilt. Aber dem ist keineswegs so. Während innerhalb der modernen Fabrik die Arbeitsteilung durch die Autorität des Unternehmers bis ins einzelnste geregelt ist, kennt die moderne Gesellschaft keine andere Regel, keine andere Autorität für die Verteilung der Arbeit als die freie Konkurrenz.

Unter dem patriarchalischen Regime, unter dem Regime der Kasten, des feudalen und Zunftsystems, gab es Arbeitsteilung in der ganzen Gesellschaft nach bestimmten Regeln. Sind diese Regeln von einem Gesetzgeber angeordnet worden? Nein. Ursprünglich aus den Bedingungen der materiellen Produktion hervorgegangen, wurden sie erst viel später zum Gesetz erhoben. So wurden diese verschiedenen Formen der Arbeitsteilung ebenso viele Grundlagen sozialer Organisationen. Was die Arbeitsteilung in der Werkstatt anbetrifft, so war sie in allen diesen Gesellschaftsformen sehr wenig entwickelt.

Man kann als allgemeine Regel aufstellen: Je weniger die Autorität der Teilung der Arbeit innerhalb der Gesellschaft vorsteht, desto mehr entwickelt sich die Arbeitsteilung im Innern der Werkstatt und um so mehr ist sie der Autorität eines einzelnen unterworfen. Danach steht die Autorität in der Werkstatt und die in der Gesellschaft, in bezug auf die Arbeitsteilung, im umgekehrten Verhältnis zueinander.

Es kommt nunmehr darauf an nachzusehen, was das für eine Werkstatt ist, in der die Beschäftigungen sehr getrennt sind, wo die Aufgabe jedes Arbeiters auf eine sehr einfache Operation reduziert ist und wo die Autorität, das Kapital, die Arbeiter gruppiert und leitet. Wie ist diese Werkstatt, die Fabrik, entstanden? Um diese Frage zu beantworten, haben wir zu prüfen, wie die eigentliche Manufakturindustrie sich entwickelt hat. Ich spreche hier von jener Industrie, die noch nicht die moderne große Industrie mit ihren Maschinen ist, die aber bereits weder die Industrie des Mittelalters noch die Hausindustrie mehr ist. Wir wollen nicht zu sehr ins Detail eingehen; wir wollen nur einige Hauptpunkte feststellen, um zu zeigen, wie man mit Formeln noch keine Geschichte macht.

Eine der unerläßlichsten Bedingungen für die Bildung der Manufakturindustrie war die Akkumulation der Kapitalien, erleichtert durch die Entdeckung Amerikas und die Einfuhr seiner Edelmetalle.

Es ist hinlänglich erwiesen, daß die Vermehrung der Tauschmittel zur Folge hatte einerseits die Entwertung der Löhne und Grundrenten und anderseits die Vermehrung der Industriellen Profite. Mit anderen Worten: Um so viel, wie die Klasse der Grundbesitzer und die Klasse der Arbeiter, die Feudalherren und das Volk sanken, um so viel hob sich die Klasse der Kapitalisten, die Bourgeoisie.[151]

Es gab noch andere Umstände, die gleichzeitig zur Entwicklung der Manufakturindustrie beitrugen: die Vermehrung der auf den Markt gebrachten Waren, sobald einmal die Verbindung mit Ostindien auf dem Seewege um das Kap der Guten Hoffnung hergestellt war, ferner das Kolonialsystem und die Entwicklung des Seehandels.

Eine andere Seite, die in der Geschichte der Manufakturindustrie noch nicht genügend gewürdigt wurde, ist die Entlassung der zahlreichen Gefolgschaften der Feudalherren, deren untergeordnete Angehörige Landstreicher wurden, ehe sie in die Werkstatt eintraten. Der Schöpfung der in die Fabrik übergehenden Werkstatt ging im 15. und 16. Jahrhundert ein fast universelles Landstreichertum voraus. Die Werkstatt fand ferner einen mächtigen Rückhalt in den zahlreichen Landleuten, die infolge der Umwandlung der Acker in Wiesen und infolge der Fortschritte in der Landwirtschaft, die weniger Arbeiter für die Bearbeitung der Acker nötig machten, fortgesetzt aus dem Dienst gejagt wurden und ganze Jahrhunderte hindurch in die Städte strömten.

Das Anwachsen des Marktes, die Akkumulation von Kapitalien, die in der sozialer. Stellung der Klassen eingetretenen Veränderungen, eine Menge von Personen, die sich ihrer Einnahmequellen beraubt sehen – das sind ebenso viele historische Vorbedingungen für die Entstehung der Manufaktur. Es waren nicht, wie Herr Proudhon sagt, freundschaftliche Vereinbarungen und dergleichen, welche die Menschen in Werkstätten und Fabriken vereinigten. Nicht einmal im Schoß der alten Zünfte ist die Manufaktur erwachsen. Der Kaufmann war es, der der Prinzipal der modernen Werkstatt wurde, und nicht der alte Zunftmeister. Fast überall herrschte ein erbitterter Kampf zwischen Manufaktur und Handwerk.

Die Akkumulation, die Konzentration von Werkzeugen und Arbeitern ging der Entwicklung der Arbeitsteilung im Innern des Ateliers voraus. Eine Manufaktur bestand weit mehr in der Vereinigung vieler Arbeiter und vieler Handwerke in einem und demselben Lokal, in einem Saal unter dem Kommando eines Kapitals, als in der Auflösung der Arbeiten und der Anpassung eines speziellen Arbeiters an eine sehr einfache Aufgabe.

Der Nutzen einer Fabrikswerkstatt bestand viel weniger in der eigentlichen Arbeitsteilung als in dem Umstande, daß man in größerem Maßstabe arbeitete, viele unnütze Unkosten sparte etc. Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts kannte die holländische Manufaktur die Teilung der Arbeit noch kaum.

Die Entwicklung der Arbeitsteilung setzt die Vereinigung der Arbeiter in einer Werkstatt voraus. Es gibt sogar nicht ein einziges Beispiel dafür, weder[152] im 16. noch im 17. Jahrhundert, daß die verschiedenen Zweige eines und desselben Handwerks in dem Maße getrennt betrieben wurden, daß es genügt hätte, sie in einem Ort zu vereinigen, um damit die Fabrikwerkstatt fix und fertig herzustellen. Aber einmal die Menschen und Werkzeuge vereinigt, reproduzierte sich die Arbeitsteilung, wie sie zur Zeit der Zünfte bestanden, und spiegelt sich notwendig im Innern der Fabrikswerkstatt wider.

Für Herrn Proudhon, der die Dinge auf dem Kopf stehend sieht, wenn er sie überhaupt sieht, geht die Arbeitsteilung im Sinne von Adam Smith der Fabrikwerkstatt, die eigentlich ihre Existenzbedingung ist, voraus.

Die eigentlichen Maschinen datieren seit dem Ende des 18. Jahrhunderts. Nichts abgeschmackter, als in den Maschinen die Antithese der Arbeitsteilung zu erblicken, die Synthese, die die Einheit in der zerstückelten Arbeit wiederherstellt.

Die Maschine ist eine Vereinigung von Arbeitswerkzeugen und keineswegs eine Verbindung der Arbeiten für den Arbeiter selbst.

»Wenn durch die Arbeitsteilung jede besondere Arbeitsleistung auf die Handhabung eines einfachen Instrumentes reduziert wurde, so bildet die Vereinigung aller dieser durch einen einzigen Motor in Bewegung gesetzten Werkzeuge eine Maschine.« (Babbage, »Traité sur l'économie des machines, etc.«, Paris 1833 [S. 230].)

Einfache Werkzeuge; Akkumulation von Werkzeugen; zusammengesetzte Werkzeuge; In-Bewegung-Setzen eines zusammengesetzten Werkzeuges durch einen einzigen Handmotor, den Menschen; In-Bewegung-Setzen dieser Instrumente durch die Naturkräfte; Maschinen; System von Maschinen, die nur einen Motor haben; System von Maschinen, die einen automatischen Motor haben – das ist die Entwicklung der Maschine.

Die Konzentration der Produktionsinstrumente und die Arbeitsteilung sind ebenso untrennbar voneinander wie auf dem Gebiete der Politik die Zentralisation der öffentlichen Gewalten und die Teilung der Privatinteressen. England mit seiner Konzentrierung des Grund und Bodens, dieses Werkzeugs der agrikolen Arbeit, hat ebenfalls die Arbeitsteilung in der Agrikultur und die Anwendung der Maschinerie beim Landbau. Frankreich, welches die Teilung des Werkzeugs, des Bodens hat, das Parzellensystem, hat im allgemeinen weder Arbeitsteilung in der Agrikultur noch Anwendung von Maschinen beim Landbau.

Für Herrn Proudhon ist die Konzentration der Arbeitsinstrumente die Negation der Arbeitsteilung. In der Wirklichkeit finden wir abermals das[153] Gegenteil. In dem Maße, wie die Konzentrierung der Werkzeuge sich entwickelt, entwickelt sich auch die Arbeitsteilung, und umgekehrt. Dies die Ursache, weshalb jede große Erfindung in der mechanischen Technik eine größere Arbeitsteilung zur Folge hat und jede Steigerung der Arbeitsteilung ihrerseits neue mechanische Erfindungen hervorruft.

Wir brauchen nicht daran zu erinnern, daß die großen Fortschritte der Arbeitsteilung in England nach der Erfindung der Maschinen begonnen haben. So waren die Weber und die Spinner meistenteils Bauern, wie man sie noch in rückständigen Ländern antrifft. Die Erfindung der Maschinen hat die Trennung der Manufakturindustrie von der Agrikulturindustrie vollendet. Weber und Spinner, früher in einer Familie vereinigt, wurden durch die Maschine getrennt. Dank der Maschine kann der Spinner in England wohnen, während der Weber gleichzeitig in Ostindien lebt. Vor der Erfindung der Maschinen erstreckte sich die Industrie eines Landes hauptsächlich auf die Rohstoffe, die sein eigener Boden hervorbrachte: so in England Wolle, in Deutschland Flachs, in Frankreich Seide und Flachs, in Ostindien und in der Levante Baumwolle etc. Dank der Anwendung der Maschinen und des Dampfes hat die Arbeitsteilung eine derartige Ausdehnung nehmen können, daß die von nationalem Boden losgelöste Großindustrie einzig und allein vom Welthandel, vom internationalen Austausch, von einer internationalen Arbeitsteilung abhängt. Kurz, die Maschine übt einen solchen Einfluß auf die Teilung der Arbeit aus, daß, wenn bei der Fabrikation irgendeines Gegenstandes das Mittel gefunden ist, Teile desselben mechanisch herzustellen, seine Fabrikation sich alsbald in zwei voneinander unabhängige Betriebe sondert.

Brauchen wir noch von dem providentiellen und philanthropischen Zweck zu reden, welchen Herr Proudhon in der Erfindung und ursprünglichen Anwendung der Maschine entdeckt?

Als in England der Markt eine solche Entwicklung gewonnen hatte, daß die Handarbeit ihm nicht mehr genügen konnte, empfand man das Bedürfnis nach Maschinen. Man sann nun auf die Anwendung der mechanischen Wissenschaft, die bereits im 18. Jahrhundert fertig da war.

Das erste Auftreten der Fabrik mit Kraftbetrieb ist durch Akte bezeichnet, die nichts weniger als philanthropisch waren. Kinder wurden mit der Peitsche zur Arbeit angehalten; sie wurden ein Gegenstand des Schachers; man schloß mit Waisenhäusern Kontrakte. Man schaffte alle Gesetze über die Lehrzeit der Arbeiter ab, weil man, um uns der Phrasen des Herrn Proudhon zu bedienen, nicht mehr der synthetischen Arbeiter bedurfte. Endlich waren seit 1825 fast alle neuen Erfindungen das Ergebnis von Kollisionen zwischen[154] Arbeiter und Unternehmer, der um jeden Preis die Fachbildung des Arbeiters zu entwerten suchte. Nach jedem neuen einigermaßen bedeutenden Strike erstand eine neue Maschine. So wenig sah der Arbeiter in der Anwendung der Maschinen eine Art Rehabilitierung, eine Art Wiederherstellung, wie Herr Proudhon es nennt, daß er im 18. Jahrhundert der erstehenden Herrschaft der Kraftautomaten sehr lange Widerstand leistete.

»Wyatt«, sagt Dr. Ure, »hatte die künstlichen Spinnfinger« (die drei Reihen geriffelter Walzen) »lange vor Arkwright erfunden. Die Hauptschwierigkeit bestand nicht so sehr in der Erfindung eines selbsttätigen Mechanismus... Die Schwierigkeit bestand vor allem in der Disziplin, notwendig, damit die Menschen auf ihre unregelmäßigen Gewohnheiten bei der Arbeit verzichten und sich mit der unveränderlichen Regelmäßigkeit der Bewegung einer großen selbsttätigen Maschine identifizieren. Aber einen den Bedürfnissen, der Geschwindigkeit des automatischen Systems entsprechenden Disziplinarkodex zu erfinden und mit Erfolg auszuführen, war ein Unternehmen des Herkules würdig. Das ist das edle Werk Arkwrights.«

Alles in allem hat die Einführung der Maschinen die Teilung der Arbeit innerhalb der Gesellschaft gesteigert, das Werk des Arbeiters innerhalb der Werkstatt vereinfacht, das Kapital konzentriert und den Menschen zerstückelt.

Will Herr Proudhon Ökonom sein und für eine Weile die »Entwicklung in der Reihe der Gedanken, nach der Gliederung der Vernunft« beiseite lassen, so wird er seine Belehrung bei Adam Smith suchen, zur Zeit, wo die automatische Fabrik erst im Entstehen war. In der Tat, welcher Unterschied zwischen der Teilung der Arbeit, wie sie zur Zeit von Adam Smith bestand und wie wir sie in der automatischen Fabrik sehen! Um ihn gut zu erfassen, genügt es, einige Stellen aus der »Philosophie der Manufaktur« von Dr. Ure zu zitieren.

»Als Adam Smith sein unsterbliches Werk über die Grundzüge der politischen Ökonomie schrieb, war das automatische Industriesystem kaum noch bekannt. Die Teilung der Arbeit erschien ihm mit Recht als das große Prinzip der Vervollkommnung in der Manufaktur. Er zeigte an der Fabrikation der Nadeln, wie ein Arbeiter, der sich durch die Beschäftigung mit einem und demselben Gegenstand vervollkommnet, leistungsfähiger und weniger kostspielig wird. In jedem Zweig der Manufaktur sah er, wie nach diesem Prinzip gewisse Verrichtungen, wie das Schneiden von Messingdrähten in gleiche Abschnitte, leicht ausführbar werden; wie andere Arbeiten, z.B. die Herstellung und Ansetzung der Nadelköpfe, verhältnismäßig schwerer sind: er schloß also daraus, daß man jeder dieser Verrichtungen einen Arbeiter anpassen kann, dessen Lohn seiner Geschicklichkeit entspräche. Diese Anpassung ist das Wesen der Arbeitsteilung. Aber was zur Zeit des Dr. Smith als passendes Beispiel dienen konnte, kann heute das Publikum in bezug auf das wirkliche Prinzip der Fabrikindustrie nur irreführen.[155] In der Tat paßt die Verteilung oder vielmehr die Anpassung der Arbeiten an die verschiedenen individuellen Fähigkeiten nicht in den Operationsplan der automatischen Fabrik: im Gegenteil, überall, wo ein Prozeß große Geschicklichkeit und eine sichere Hand erfordert, entzieht man ihn dem zu geschickten und oft zu allerhand Unregelmäßigkeiten geneigten Arbeiter, um ihn einem besonderen Mechanismus zu übertragen, dessen automatische Tätigkeit so gut reguliert ist, daß ein Kind sie überwachen kann.

Das Prinzip des automatischen Systems besteht also darin, an die Stelle der Handarbeit die mechanische Arbeit zu setzen und die Arbeitsteilung unter den Handwerkern durch die Zerlegung eines Prozesses in die ihn ausmachenden Teile zu ersetzen. Nach dem System der Handarbeit war die menschliche Arbeit in der Regel das teuerste Element eines Produkts; aber nach dem automatischen System sehen wir die geschickten Handarbeiter allmählich verdrängt durch einfache Maschinenwärter.

Die Schwäche der menschlichen Natur ist so groß, daß, je geschickter der Arbeiter, er um so anspruchsvoller und schwerer zu behandeln und infolgedessen weniger für ein mechanisches System geeignet ist, in dessen Getriebe seine launenhaften Einfälle beträchtlichen Schaden anrichten können. Die Hauptaufgabe des heutigen Fabrikanten besteht also darin, durch Verbindung von Wissenschaft und Kapital die Tätigkeit seiner Arbeiter darauf zu reduzieren, daß sie ihre Wachsamkeit und ihre Gewandtheit ausüben, Eigenschaften, die sie in ihrer Jugend sehr vervollkommnen, wenn man sie nur ausschließlich mit einem bestimmten Gegenstand beschäftigt.

Nach dem System der Abstufung der Arbeit braucht es eine Lehrzeit von mehreren Jahren, bevor Augen und Hand geschickt genug werden, um gewisse mechanische Kunststücke zu verrichten; aber nach dem System, das einen Prozeß zerlegt, indem es ihn in seine einzelnen wesentlichen Bestandteile teilt, und welches alle seine Teile durch eine selbsttätige Maschine ausführen läßt, kann man diese elementaren Teile einer Person mit gewöhnlicher Begabung nach kurzer Probezeit anvertrauen; man kann sogar in dringenden Fällen diese Person von einer Maschine an die andere stellen, nach dem Belieben des Betriebsleiters. Solche Änderungen stehen im offenen Widerspruch mit der alten Routine, welche die Arbeit teilt und einen Arbeiter Nadelköpfe verfertigen, einen anderen Nadelspitzen schärfen heißt, eine Beschäftigung, deren langweilige Einförmigkeit sie entnervt ... Aber nach dem Prinzip der Gleichmachung oder dem automatischen System werden die Fähigkeiten des Arbeiters nur einer angenehmen Übung unterworfen etc. ... Da seine Tätigkeit darin besteht, die Arbeit eines wohlgeregelten Mechanismus zu überwachen, kann er sie in kurzer Zeit erlernen; indem er seine Leistungen von einer Maschine auf eine andere überträgt, wechselt er seine Tätigkeit und entwickelt er seine Ideen, indem er über die allgemeinen Kombinationen nachdenkt, welche aus seiner und seiner Kollegen Arbeit resultieren. So kann dieses Einzwängen der Fähigkeiten, diese Verengerung der Ideen, dieser Zustand der Störung der körperlichen Entwicklung, die nicht ohne Grund der Arbeitsteilung zugeschrieben werden, unter gewöhnlichen Umständen nicht statthaben in einem System der gleichen Verteilung der Arbeiten.

[156] Das beständige Ziel, die Tendenz aller Vervollkommnung der Technik, geht in der Tat dahin, die Arbeit des Menschen möglichst entbehrlich zu machen oder den Preis derselben zu verringern, indem man die Arbeit von Frauen und Kindern an die Stelle der von erwachsenen Arbeitern oder die grobe Arbeit an Stelle der geschickten Arbeit setzt... Diese Tendenz, nur noch Kinder mit lebhaften Augen und gelenken Fingern an Stelle von geübten Arbeitern zu beschäftigen, zeigt, daß das Schuldogma von der Teilung der Arbeit nach den verschiedenen Graden der Geschicklichkeit von unseren aufgeklärten Fabrikanten endlich beiseite geworfen ist.« (André Ure, »Philosophie des manufactures ou économie industrielle«, Bd. I, Kap. 1.)

Was die Arbeitsteilung in der modernen Gesellschaft charakterisiert, ist die Tatsache, daß sie die Spezialitäten, die Fachleute und mit ihnen den Fachidiotismus erzeugt.

»Bewunderung erfaßt uns«, sagt Lemontey, »wenn wir bei den Alten dieselbe Person gleichzeitig in hohem Grade sich auszeichnen sehen als Philosoph, Dichter, Redner, Historiker, Priester, Staatsmann und Feldherr. Unsere Seelen erschrecken bei der Betrachtung eines so umfassenden Gebietes. Jeder steckt sich heute sein Gehege ab und schließt sich darin ein. Ich weiß nicht, ob durch diese Zerstücklung das Feld sich vergrößert, aber ich weiß wohl, daß der Mensch kleiner wird.« [Lemontey, a. a. O., S. 213.]

Was die Teilung der Arbeit in der mechanischen Fabrik kennzeichnet, ist, daß sie jeden Spezialcharakter verloren hat. Aber von dem Augenblick an, wo jede besondere Entwicklung aufhört, macht sich das Bedürfnis nach Universalität, das Bestreben nach einer allseitigen Entwicklung des Individuums fühlbar. Die automatische Fabrik beseitigt die Spezialisten und den Fachidiotismus.

Herr Proudhon, der nicht einmal diese eine revolutionäre Seite der automatischen Fabrik begriffen hat, tut einen Schritt rückwärts und schlägt dem Arbeiter vor, nicht lediglich den zwölften Teil einer Nadel, sondern nach und nach alle zwölf Teile anzufertigen. Der Arbeiter würde so zu der Wissenschaft und dem Bewußtsein der Nadel gelangen. Das ist mit einem Wort die synthetische Arbeit des Herrn Proudhon. Niemand wird bestreiten, daß eine Bewegung nach vorwärts und eine andere nach rückwärts machen auch eine synthetische Bewegung machen heißt.

Alles in allem geht Herr Proudhon nicht über das Ideal des Kleinbürgers hinaus. Und um dieses Ideal zu verwirklichen, fällt ihm nichts Besseres ein, als uns zum Handwerksgesellen oder höchstens zum Handwerksmeister des Mittelalters zurückzuführen. Es genügt, sagt er irgendwo in seinem Buche, ein einziges Mal in seinem Leben ein Meisterstück gemacht, sich ein einziges Mal als Mensch gefühlt zu haben. Ist das nicht nach Form wie Inhalt das von den Zünften des Mittelalters verlangte Meisterstück?

Quelle:
Karl Marx, Friedrich Engels: Werke. Berlin 1959, Band 4, S. 144-157.
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Das Elend der Philosophie
Das Elend der Philosophie: Antwort auf Proudhon's 'Philosophie des Elends'. Mit Vorwort und Noten von Friedrich Engels
Das Elend der Philosophie: Antwort auf Proudhons
Nishcheta filosofii / Das Elend der Philosophie (in Russischer Sprache / Russian)

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Lessing, Gotthold Ephraim

Philotas. Ein Trauerspiel

Philotas. Ein Trauerspiel

Der junge Königssohn Philotas gerät während seines ersten militärischen Einsatzes in Gefangenschaft und befürchtet, dass er als Geisel seinen Vater erpressbar machen wird und der Krieg damit verloren wäre. Als er erfährt, dass umgekehrt auch Polytimet, der Sohn des feindlichen Königs Aridäus, gefangen genommen wurde, nimmt Philotas sich das Leben, um einen Austausch zu verhindern und seinem Vater den Kriegsgewinn zu ermöglichen. Lessing veröffentlichte das Trauerspiel um den unreifen Helden 1759 anonym.

32 Seiten, 3.80 Euro

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Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

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Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.

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