IV. Folgen für das Nicht-Eine bei absoluter Setzung des Einen (Kap. 23).

[268] Nur noch zur Gegenprobe wird ausgeführt, daß, sobald man das Eine und das Nicht-Eine getrennt (chôris) setzt, wieder keinerlei Teilhabe des Andern sei es am Einen oder an sonst welchen reinen Denkbestimmungen möglich bleibt. Sagt man »das Eine und das Andre« (außer dem Einem), so ist alles gesagt, es gibt also nicht ein Drittes, in welchem, als demselben, sie beide stattfänden. – Nämlich nach der These des vorigen Kapitels müssen beide zusammentreten und eine Gemeinschaft eingehen, offenbar in einem Dritten; wir würden sagen: im Urteilen, im Denkprozeß (dianoia); oder anders ausgedrückt, in dem Problembegriff der Erkenntnis, dem Begriff des Gegenstands. Da es nun auch wieder (infolge der ersten Deduktion) überhaupt kein Mannigfaltiges gibt, denn nach ihrem »wahren« Begriff (nach der abstrakten Wahrheit ihrer absoluten Entgegenstellung zu ihrem logischen Gegenteil) schließt die Einheit alle Mannigfaltigkeit aus, so wird auch die Bestimmung des Nicht-Einen als des Mannigfaltigen unmöglich. Das Andere muß also, wie der Einheit, jetzt auch aller Mannigfaltigkeit entbehren; woraus der Wegfall auch aller ferneren Bestimmungen schon von selbst folgt und wieder in nur kurzer Andeutung gefolgert wird.

Damit ist die erste Hypothesis, daß »das Eine« ist, erledigt.

Quelle:
Paul Natorp: Platos Ideenlehre. Eine Einführung in den Idealismus. Leipzig 21921, S. 268.
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