Der zweite Traktat, von der Astronomia

[524] Wenn nun der Mensch in seiner Zusammensetzung in jeder Hinsicht betrachtet werden soll, so wisset erstlich zu erkennen, wie ihr die corpora des Firmaments im Leibe des Mikrokosmos nach ihrer Statt verstehen sollt. Denn die astra im Leibe haben ihre Eigenschaft, Art, Wesen, Natur, Lauf. Stand, Teil gleich den äußeren, allein in der Form von jenen unterschieden, das ist: in der Substanz. Denn so wie es im Aether ist, so ist es im Mikrokosmos, und in der Natur sind beide ein Ding und ein Wesen. Und weil es meine Absicht ist, die Orte der Planeten und Gestirne des ganzen Firmaments, welche ein Arzt wissen muß, zu traktieren, drum traktier ich hier allein die Anatomie beider Wesen, der Orte und der Natur; außerhalb dieses ist es nicht möglich, einen Arzt zu loben. So wisset, daß das Gestirn im Himmel kein corpus hat, denn es liegt weder noch hängt, noch steht, noch liegt nicht, sondern wie eine Feder frei in der Luft schwebt, so auch das Gestirn. Im Menschen ist es auch so, das ist in der Natur und im Lauf derselben zu erkennen. Obwohl[524] eins am andern hängt und es ein corpus ist, denn es steht, liegt und hängt usw., so soll doch dieses Anhangen von einem Arzte so wenig beachtet werden, als wäre es nit, denn es gibt es allein die irdische Art. Dem Arzt aber soll in dieser Beziehung nichts Übriges beachtbar sein, sondern er soll allein die Anatomie erkennen: als wäre gar nichts da, daran es hinge oder stünde. Sondern so, wie im Himmel alle Sterne frei stehen und an nichts hängen, so soll der Arzt ihre Anatomie im Menschen auch wissen, und nit vom Anhangen plärren: das hängt an dem, das an dem, das sitzt auf dem, das auf dem; diese Dinge sind localia non pendentia, sie fördern keinen Arzt, sie hindern aber. Ob schon so viel gespürt wird, daß du finden kannst, daß aus einem corpus in das andere eine Ader geht, und die selbe Ader hängt und führt von einer Substanz in die andere, sollst du es doch nit so auffassen, sondern du siehst im Himmel, daß ein Stern den andern tingiert und hat doch keinen körperlichen Gang einer Ader an sich, wisse dasselbe im Leibe auch, so daß du dir die sichtbaren Gänge, Adern usw. vornimmst; sondern das, was einem Arzte zu wissen dient, ist nichts als allein das, was ihm der Himmel zeigt. Das ist: wie die Sonne ohne ein corpus und Substanz durch ein Glas scheint, so verhalten sich die Gestirne gegeneinander, und also auch im Leibe. Und das, das nit corpus ist, dasselbe ist die Krankheit, und das, das corpus ist, ist nit die Krankheit.

Die Luft seht ihr, und meint, daß sie ein corpus des Firmaments sei, denn sie steht in ihm. Sie ist aber kein corpus und doch die, die das Gestirn trägt, und niemand kann sie angreifen. Es ist vielmehr die Natur und das Mysterium derselben, daß das Chaos das Gestirn hebt und trägt, Sonne und Mond. Wir sehen diesen Stuhl und diesen Träger nit. Nun ist der Eierdotter gleich dem Gestirn zu verstehen, derselbe wird vom Eierklar getragen, das ist seine Luft. Nun ist aber das Eierklar sichtbar und greiflich; es ist so in der Natur geordnet, daß das Chaos im Ei sichtbar sein soll, im Gestirn unsichtbar.[525] Und ihr sollt wissen, daß von der Spaer Erde und Wasser nichts anderes zu verstehen ist; die selbe ist rund und niemand sieht es, was sie trägt. Und wir, die Erde und Wasser tragen, gehen in dem und wandern in dem, das sie trägt; das ist, wir gehen im Chaos, welches Chaos die selbige Sphaer trägt, daß sie nicht fallen kann. Sowenig wie ein Dotter im Ei, das kann sich nicht verrücken, nach keiner Seite, sondern muß inmitten seines Klars liegen bleiben. Wie der Dotter gezwungen wird im Klar zu liegen, aus derselben Kraft wird auch die Erde und ihr Wasser gezwungen, dermaßen unverrückt in ihrem Klar zu bleiben, und das Klar ist lauter und klar, und niemand sieht es, niemand greift es, es ist aber da und ist der selbe Klar, der die Erde trägt, und ist das Chaos. Im selbigen wandern wir gleicherweis, wie ein Hühnlein aus dem Klar schlüpft, nicht aus dem Dotter, und sein Leben ist im Klar und sein Wandern im Klar, und es wird und lebt im selbigem. Gleichermaßen sollt ihr auch wissen, daß wir Menschen wie ein Hühnlein in diesem Chaos wandern und leben. Dem Hühnlein ist das Chaos beschaffen auf seine Art, dem Eierdotter auf seine Art, und dem Menschen auf seine Art. So bleibt das Ei in seinem Klar ein Ei, und die Erde in ihrem Chaos eine Erde. Drum wißt, weil die Stätte in diesen Dingen so viel besagt, und der Ort einen Unterschied macht, und es ist doch ein Ding, das Ei und die Welt, und sind hinwiederum zweierlei, daß wir solchergestalt auch den Mikrokosmos in dem verstehen, wenn ich ihn setze, daß er von der Luft und dem Gestirn gesetzt sei, das ist, das selbige selbst zu sein. Nämlich, im Menschen sind Sonne und Mond und alle Planeten, desgleichen sind auch in ihm alle Sterne und das ganze Chaos. Von diesen Dingen gelüstet es mich weiter zu schreiben.

Ihr wißt, daß der Himmel in uns wirkt; nun müßt ihr wissen, wie er in uns wirkt. Von oben herab die Sonne wirkt durch eine Mauer nicht, sie wirkt allein durch das ihr Verordnete, das ist durch das Fenster, das in der Mauer steht. So auch die Luft, die muß durch Fenster ausund[526] eingehen; in verschlossenen Dingen wird keine Arbeit des Gestirns vollbracht. Wenn nun ein Fenster sein muß, so wisset, am Menschen auch; der ist in die Haut eingeschlossen und die Haut umgibt ihn, und so kann das Gestirn nichts in ihm wirken. Aber warum und wie es in ihm wirkt, das wißt! Gleicherweise wie die Sonne durch ein Glas in einen Palast und in einen Saal scheint und verletzt dasselbe nicht, so geht es in den Leib hinein. Und weiter wie das Glas den Sonnenschein bricht, daß er nicht vollkommen ist, als außerhalb des Glases, so ist auch ein solches Mittleres zwischen dem Gestirn und dem Menschen, das dasselbe in seiner Wirkung bricht. Und wie ein Vorhang vorgehängt wird, so ist der Mensch in seinem Willen auch gesonnen, solch ein Werk hin zu tun und zu verhängen.

Nun aber weiter: es muß etwas im Leibe sein, das die Gestirne annimmt, wenn sie in den Leib wirken. Denn wenn nichts im Leibe wäre, das dasselbige annimmt, so könnte das Gestirn nicht hinein. Zum Beispiel: die Erde nimmt die Sonne an; Ursach: es ist eine anziehende Kraft in derselben, die die Sonne anzieht; denn wie ihr seht: die Erde nimmt den Regen an, die Felsen nehmen ihn nicht an; der Erde ist er nutz, den Felsen nicht. Also: wenn im Leibe der Leib gegenüber dem Gestirn ein Fels wäre, so wäre der Himmel dem Leibe umsonst, wie der Regen dem Felsen. Nun ist es aber nicht so, sondern der Leib zieht den Himmel an sich. Was das nun aber sei, das ihn an sich zieht, – das alles ist eine große göttliche Ordnung. Wenn der Mensch aus den vier Elementen gekommen und gesetzt ist, nicht der Zusammensetzung nach, wie etliche sagen, sondern in ihrer Natur, Lauf, Wesen, Früchten, Eigenschaften usw., so ist auf das zu wissen, daß im Menschen der junge Himmel liege; das ist: alle Planeten haben im Menschen das gleiche Ansehen und Signatur und ihre Kinder, und der Himmel ist ihr Vater. Denn der Mensch ist nach dem Himmel und der Erden gemacht, denn er ist aus ihnen gemacht. So er nun aus ihnen gemacht ist, so muß er seinen Eltern gleich sein,[527] ebenso wie ein Kind das seines Vaters Gliedmaßen alle hat. So hat sie der Mensch seinem Vater gleich; sein Vater ist Himmel und Erden, Luft und Wasser. Weil nun sein Vater Himmel und Erden sind, so muß er alle ihre Art haben und alle ihre Teile, und nit eines Härleins mangeln. Aus dem folgt nun, daß der Arzt wissen soll, daß im Menschen Sonne, Mond, Saturn, Mars, Merkur, Venus und alle Zeichen, der arktische und der antarktische polus, der Wagen und alle Viertel im Tierkreise sind. Das muß der Arzt wissen, wenn er vom Grund der Arznei reden will; wo nit, so ist er nix als ein klarer Bescheißer und arzneiet wie ein Bauer, der Koloquinten in Wein hängt und alle Menschen damit heilt. Mit der Vernunft, mit der derselbe das tut, tuts auch der Avicenna.

Soll es denn ein Kleines sein zu betrachten, daß ein Mensch nach seinem Vater angesehen und anatomiert werden soll, und nicht außerhalb desselben, sondern: wie der Vater ist, so ist auch der Sohn mit der Leber, Milz, Hirn usw., und wie eins, so das andere usw. Wie kann sich denn der Arzt mit der bachantischen Lehre der Anatomie Galens usw. genügen lassen und sich auf ihre Bücher fundieren und gründen da doch weder Anatomie noch anderes in ihnen betrachtet wird, sondern der rechten Anatomie eitel widerwärtige Ding. Auf solches ermahn ich alle, die da von der Arznei etwas wissen oder in der Arznei etwas lernen wollen, daß sie vor allen Dingen den Vater des Menschen erkennen, wer derselbe sei und wie er sei, auf daß, wenn der Vater recht erkannt wird, der Sohn weiterhin desto leichter zu erkennen sei. Denn der Sohn gibt sich ohne den Vater selbst nit zu erkennen, und der Vater offenbart den Sohn, der Sohn aber sich selbst nit. Da nun der Vater den Sohn offenbart, so offenbaren auch Himmel und Erden, Wasser und Luft den Menschen, denn sie sind der Vater. Und wenn der Vater der Offenbarer des Sohnes ist, wie kann der ein Arzt sein, der nit der Astronomie durch und durch erfahren und wohl gegründet sei? Und nit in allen Dingen, wie sie am selbigen Ort zu erfahren die Notdurft erfordert. Ist es nun[528] unbillig, hierauf den Avicenna und den Gugelmann Galen usw. Trusianus, Gentilas usw. zu verwerfen, die aus nichts als aus ihrem eigenen phantastischen Kopfe reden, und ihr Ding nicht auf die Probe führen können und mit nichts als ihrer eigenen Autorität bewähren. Weil ein Arzt mit nichten etwas schreiben oder lehren oder gebrauchen soll, es sei denn in der Natur auf das höchste zur Probe gebracht und angezeigt gefunden worden und darin, in maßen wie oben steht, gegründet worden, – und diese Leute wollen hindurch fahren und das verachten, das sie im Anfang wissen sollen. Was soll ich anderes von ihnen sagen als das, was alle meine Bücher ihnen mit Schelten und Lehren und anderer Wege Aufzeigen offenbar machen. Nun aber weiter, so wißt in diesen Dingen, daß der Himmel, wie ich anfänglich angezeigt habe, dermaßen von dem Arzte verstanden werden soll, wie er an sich selbst ist. Und wie er an sich selbst ist, so ist der Mensch in seiner Anatomie. Aus diesem geht nun die Anatomie des Menschen an, und es ist nur ein Teil derselben, den ich da vermelde, denn die Luft ist ein zweiter Teil, und beide sind hier ein Teil. Durch diese Erkenntnis müßt ihr mir, ihr Ärzte all, und ich werd es erleben, daß ihr alle hierin mit euerm Büchern Astronomie, Philosophie, Theorie, physica usw. wie ein Vogel im Strick erwürgen werdet. Und wie ein Hirsch im Sprung, da er am hoffärtigsten und am stolzesten ist, in das Garn fällt, so werdet ihr mit euern Hörnern, die euch noch nit abgestoßen worden sind, in die Pfütze fallen, in der die Bachanten ihr Begräbnis haben.

Nun weiter, wenn im Menschen die Kinder der Ascendenten, das ist des Gestirns, liegen, und gleicherweise, wie Adam seinem Vater gegenüber zu verstehen ist, das ist Himmel und Erden gegenüber, wie also gegenüber seinem Vater der Mensch eine andere Form an sich hat und doch sonst in nichts unterschieden, als was die Augen geben und anzeigen, – so sind auch die Gestirne im Menschen, und so wird der Mensch von viel tausend Vätern und von so viel tausend Müttern gesetzt, und alle Wirkung, so Vater[529] und Mutter (in das Kind) haben und gebrauchen, die werden auch in den Kindern sein. Sie würden denn anders erzogen, sonst werden sie den Eltern nachschlagen und deren Einwirkung, die ihr impressiones heißt, vollbringen, – und sind dermaßen impressiones, wie ein Vater, der sein Kind nach seiner Art und nach seinem Willen zieht; das selbige ist impressio, a patre influentia. So ist hie an dem Orte der Himmel nicht anders als ein Vater zu seinem Kinde. Und wie ein Kind sich selbst anders ziehen und anders lernen oder durch andere sich in andere impressiones werfen kann, so hier auch. Das ist von den mysteriis gesagt; aber was die arcana anbetrifft, so lebts im gezwungenen Erbe. Das ist: kein Kind kann das geringste Glied, das es von seinem Vater hat, von sich werfen, weder Nasen noch Augen, Ohren, Zähne, Herz, Lunge, Leber usw., sondern es muß diese Ding behalten. So nun, wie diese Dinge im Menschen erzwungen werden zu sein, so sollt ihr auch wissen, daß die Menschen durch diese Dinge der Hunger und der Durst anfällt, und sie also den Durst und Hunger vom Vater erben. Wenn nun der Sohn also gegen den Vater und der Vater gegen den Sohn ist, so wißt, daß die Gestirne so im Menschen sind, daß sie den Himmel in solcher Anatomie erben und aus ihm essen. Daraus folgt nun: wie der Mensch ein Teil von der Erde ist und darum aus der Erde essen muß, desgleichen ein Teil vom Wasser, drum er vom Wasser trinken muß, und von der Luft ein Teil, weswegen er sie haben und an sich ziehen muß, so wißt, daß er dermaßen die anziehende Kraft des Himmels in sich hat. Aus dem folgt nun, daß die inneren Ascendenten, signa, Planeten usw., wenn sie im Laufe des Mikrokosmos herrschen, und in die Begierlichkeit des äußeren Firmaments kommen, und an sich ziehen, wie die Erde den Regen, – ist dieses Anziehen vom Himmel aus gesund, ist es gut, wo nicht, so ist es Gift. Wie einer, der auf seinen Acker Gänsedreck schüttet, der verderbt ihn, so verderben auch hier die Krankheiten vom Himmel, und nicht allein die Krankheiten, sondern auch die Gesundheit. Denn gleich wie die[530] Krankheit kommt auch die Gesundheit von außen, denn wir sind nicht zur Gesundheit geordnet, und auch nicht zur Krankheit, sondern wie der Lauf es findet und führt, gesund oder ungesund, so ist er; diese Dinge stehen alle in der Gewalt der Konjunktionen. Wisset in allen Dingen, daß wir die anziehende Kraft von den äußeren viel tausendfältig in uns haben, denn unzählbar ist der Vater des Menschen in seiner Zahl, und unzählbar die Kinder dieses Vaters im Menschen. Und gleicherweise wie ein Vater ist, der uns geschaffen hat und uns unsere Ordnungen gesetzt und dem wir gleich sehen, so sind wiederum in der Natur, aus der wir geschaffen sind, so viel wunderbarlicher, unzähliger die Väter. Denn keine Zahl ist weniger denn eins, weniger kann nichts sein; die letzte und höchste Zahl aber, wer weiß sie? Oder wer ist der Zahlen an ein Ende gekommen? So unmöglich es ist, weniger als eins zu zählen, so unmöglich ist es, das Ende der Zahlenreihe zu zählen, denn das Ende ließe nicht zu, darüber hinaus zu zählen. Wer weiß das Ende? So hoch und so groß ist der Mensch geschaffen, daß er ein Mensch ist und nicht weniger sein kann, und ist in der Natur mit trefflichen Vätern und Kindern so versorgt und geschaffen, daß ihre arcana, mysteria und magnalia ohne Zahl sind und keine (feste) Zahl da ist. Drum verweise ich nit ohne kleine Ursache die lügenhaftigen Skribenten und doctores, Meister und andere Ärzte, welche die Kunst der Arznei so leicht mit viererlei Dreck ausmachen wollen, dem Feuer zu. In diesen Drecken sollt ihr ertrinken und erwürgen, einer in der cholera prassina, der grünen cholera, der andere in der cholera vitellina, der fleischfarbenen cholera, der nächste in der cholera adusta, der braunen cholera, der nächste im phlegmates salso, dem salzenen phlegma, und eure Seelen müssen im Dreck vaticinieren und mit den Mücken um den Arsch fliegen.

Aus diesem Denkgrunde ist es auch notwendig zu verstehen, daß der große Mensch auch und ebenso wie der kleine krank liege. Aber der kleine wirkt nicht in den großen ein, sondern der große allein in den kleinen.[531] Hieraus ist nun die Möglichkeit der Vorhersage zukünftiger Krankheiten, die den Aether betreffen, zu folgern, Nun ist einem Arzt so viel davon zu wissen not, daß die oberen Zeichen unüberwindlich und sich selbst tödlich sind, und alsdann die Krankheit des Menschen der Arznei unterworfen sein soll; wo das nit ist, da ist der Himmel selbst seine Arznei. Denn deshalb wird das hier geschrieben und angezeigt, daß man weiß, daß viele Krankheiten gearzneit werden, die der Himmel selbst versieht, und keine Arznei. Denn wie groß meint ihr, sei das Irrsal, wenn der Himmel einen krank macht, und der Arzt fällt ihm darein und will diese Krankheit gesund machen und sie ist doch allein dem Himmel anbefohlen. Denn unter den himmlischen Krankheiten werden zweierlei verstanden: die der Arznei unterworfen sind, und die ihr nicht unterworfen sind. Die ihr unterworfen sind, – das kann allein die Krankheit sein, die der Himmel vergiftet hat und läßt es so stehen, fährt fort und heilt da nix mehr, nimmt sichs auch nicht an, da weiter etwas zu bösem oder zu bessern, sondern legt seine Impression danieder, und läßt es also gut sein. Die Krankheit aber, die nit der Arznei unterworfen ist, ist diese, die der Himmel in seiner Gewalt behält und dieselbe nit aus seiner possess, seiner Gewalt entläßt, sondern – sie sterben oder genesen, so ists allein der Himmel, der es tut. Drum wißt, daß solche Krankheiten, die der Himmel nit aus seiner possess entläßt, der Arznei nit unterworfen sind und nicht gearzneit werden sollen. Auf solchen Unterricht hin ist von nöten, daß ein Arzt wisse, was der Arznei und was nicht dem Arzte zuzuweisen ist. Denn arzneit er eine Krankheit, und dieselbe Krankheit ist noch in des Himmels Gewalt, so wird er sie dem Himmel nicht nehmen können. Der Himmel ist Meister, der Arzt und der Henker. Das aber sieht fest: wenn der Arzt an dem Ort dem Himmel in die Arznei fallen wird und sich unterstehen, den Kranken nach seinem Sinn zu meistern, so ist all seine Arznei vergebens und dem Kranken ein Gift. Von solchem Gift meint ihr Ärzte: es sei nie not, daß[532] ichs euch hier anzeige, alldieweil ihr darein fallt, wie der Bauer in eine Pfütze. So ihr des Himmels Art nicht kennt, so laßt den Himmel stehn und laßt ihn bei seiner Wirkung beruhen. Denn wann er selbst von dem Kranken abläßt, so verderbt ihr in der Zeit den Kranken, daß hernach derselbe vom Himmel ledig und gesund wäre, aber von euch nit, sondern ihr habt ihn gewürgt und ihm eine längere Krankheit gemacht, als sich der Himmel vorgenommen hatte. Wenn ihr nun das alles nicht wißt, was arzneit ihr?! Oder was ist euer Grund, daß ihr für und für so blind in den Dingen handelt und euch aus solchem Unverstand zur Mörderei richtet und zieht? Solcher Erkenntnis in den Dingen dürft ihr nicht mangeln, denn wo sie nicht ist und dies Wissen mangelt, am selbigen Ort wachsen die Ärzte, die da ihre Kirchhöfe füllen, wessen die doctores und die Meister von den Hohen Schulen sich gebrauchen, von denen keiner etwas ist, er habe denn viel Kirchhöfe gefüllt. Und wann er alle Kirchhöfe gefüllt hat, so kann er noch nichts, und füllt weiter nicht allein die Kirchhöfe an, sondern die Felder und die Gärten, – und sie morden, was sie berühren.

Ich achte, daß es ein guter Grund sei in der Arznei, wenn einer seine Arznei versteht, auf daß er aus derlei Unwissenheit und Mörderei keinen Kirchhof macht. Urteilt nun: wie recht die haben, die mir meinen Grund der Arznei umstoßen wollen, ob sie oder ich nach Mörderei ringen oder stellen, – oder welcher unter uns am besten bestehen wird, wenn es auf die Wahrheit der Kunst ankommt.

Es nimmt sich ein weiterer Grund aus der Astronomie, wenn Krankheiten entstehen durch infectiones der andern Elemente, indem diese in gleicherweise wie der Himmel wirken als die andern Teile und Väter der Menschen. Wenn der Himmel nicht erkannt wird, so können sie auch im Grunde ihrer Natur nicht verstanden werden. Denn es geschieht, daß eine Arznei oft Gift ist, oft in einer Krankheit, in einer Stunde Arznei, das darum, weil der Himmel die Arznei inne hat und sie regiert. Weil er sie[533] nun regiert, so ist der, der regiert, als mehr anzusehen denn der, der da regiert wird, darum, daß der regiert wird, durch den erkannt werde, der ihn regiert. Daraus folgt nun, daß nit die purgantia die Krankheiten wegnehmen noch die digestiva die Krankheiten digerieren oder verteilen, und dergleichen andere gradus, qualitates und complexiones. Denn diese Dinge der Schule sind alle falsch. Aus dem folgt, daß man wissen soll, wie der Himmel die Krankheit und wie er die Arznei regiert. Denn ein Mal, wie oben steht, regiert er die Krankheit; so auch regiert er die Arznei der anderen Elemente. Ursach: sein sind die arcana, und weil sie sein sind und sein ist die Impression und sein die Generation, so ist darauf weiter zu verstehen, daß man wissen müsse, wie die impressio sei oder gehe. Denn wenn es in diesen Punkten fehlt, so sagt ihr, die gradus seien nicht recht in Ordnung gewesen oder anderes dergleichen Lappenwerk, oder ihr wäret zu spät gekommen, so doch kein anderer Fehl ist, denn daß ihr mit euerer Meinung, die gradibus seien zu erkennen, falsch seid, und daß ihr besser die Revolution und die Operatin des Himmels erkennen solltet. Versteht: in der bursa pastoris, dem Hirtentäschel, ist die Kraft das Blut zu stellen, die dysemeriae usw., auch das Menstruum. Nun ist auch die in ihr, den fluxum ventris, den Bauchfluß, zu bringen und das Blut nicht zu stellen, sondern öfters es zu provozieren, und dergleichen begibt sich viel in andern Dingen, die purgieren sollen und oftmals restringieren, das ist zurückziehen, und also widerwärtig und als ein Wütendes erscheinen. Wess' ist diese Schuld? Allein des Himmels, der in diesen Menschen so, in jenen so erscheint, der den so, den so führt, und die Arznei in dem so, in dem so vollbringt. Denn da liegen alle operationes und alle Tugenden der Arznei in der Führung des Himmels, je nachdem er sie concordiert und coniungiert. Concordiert er sie nit recht, so wird sein Vornehmen nicht vor sich gehen. Es liegt daran, daß du in diesen Dingen allen beachtest, wie du die Arznei erkennst und in deinem Vorhaben gebrauchst, daß du den Himmel in beiden[534] Richtungen bestimmst, einmal in der Krankheit und einmal in der Arznei. Denn die Kräfte, wie sie dir der Plinius beschreibt, Dioscorides, der Macer usw. werden dir nicht so zu Willen sein, wie dirs der Buchstabe anzeigt. Denn Plinius hat das selbe unverständig, nach Art der Experimentier, die keinen Arzt geben kann, geschrieben, sondern der Grund soll den Arzt geben, wie ich es euch hier anzeige. Wenn ihr wißt, was in einem Kraut ist, so wißt ihr noch nichts. Ihr müßt auch wissen, wie sich die Kraft in diesem Kraut vollenden wird und wie sie ihren Lauf begehre und wie sie im selbigen geführt sein will. Denn wenn du das nicht kannst, ist all dein Ding vergebens und ist nichts, dann stehst du Arzt da wie ein Güli und ein Narr. Wenn es nichts hilft und nichts nutz ist, so verwunderst du dich wie über ein Meerwunder, und sprichst: Bei Gott, da und da stehts geschrieben, da und da hat es das getan; es muß eine Plage von Gott sein, denn meine Kunst ist stets gerecht. Das macht, daß du ein Narr bist, weißt der Natur Concordanz nicht.

Weil nun so viel am Himmel liegt und am Wissen um seine Wirkung in der Arznei, worin er so gewaltig ist und regiert, so ist es von nöten, daß allein der Grund, den ich setze, beachtet werde und kein anderer, und daß die allen Skribenten in das Feuer geworfen werden. Denn wer will sich mit den Lügen des Plinius trösten und wer will seine Hoffnung in das setzen, was Dioscorides, Macer und andere Naturalisten schreiben, die da solche Tugenden in das, solche in das, da so viel, da so viel setzen. Nun ist es so: in einem Kieselstein sind saphirische Kräfte, auch rubinische; daß sie gefunden und bekannt werden und sich bewähren, liegt an dem Laufe des Himmels. Ebenso liegt es auch im Saphir und Rubin an dem Laufe des Himmels; gefällts dem Himmel und ist es sein Lauf, so ist die Kraft in den Steinen; gefällts ihm nit, so ist sie nit da; das ist: wenn seine Concordanz, nicht da ist. Nun auf Grund solcher Irrgänge und des Unwissens, daß die Ärzte das nicht gewußt und der Kunst zu wenig gehabt haben, haben sie den Himmel in seinem Lauf stehen lassen[535] und haben ihre Rezepte komponiert, und alle Komponierung der Rezepte ist eine falsche Arznei und eine falsche, betrogene Kunst, und ist nichts denn eitel Irrung und Lügnerei bei allen Schreibern, vom ersten bis zum letzten. Denn als die Ärzte aus des Himmels Lauf gekommen sind, da haben sie in der Verzweiflung solche Phantasien erdacht und solche Lappenregel und Kapitel gemacht. Aber die rechte Kunst der Arznei will nicht so eingeführt werden, sondern sie will, daß das simplex dem Lauf gemäß gegeben werde; so aber wächst die Arznei in allen Gärten. Als aber das Wissen und die Kunst bei den Ärzten erloschen war, da mußte man über Meer fahren und von allen Ländern Arznei bringen, in der Meinung, was dort, sei auch hier gut. So sind die Apotheker entstanden, und dieweil Apotheker und Mörser sind, dieweil ist keine andere Kunst in der Arznei als Schützerei, Filzerei und eitel Bachanterei. Das ist Bachanterei, das da außerhalb seiner rechten gebürlichen Kunst gebraucht wird. Auf solches bedenkt euch alle, ihr Ärzte, wie ihr dies verantworten wollt, das ihr selbst sagt, daß etwa ein Ding hilft, etwa nit, – aus was Ursache das geschehe. Wenn ihr das wißt, da wißt ihr auch, das ich euch hier vorhalte, und alsdann könnt ihr euch auch der Kunst vertrösten. Denn was ist das, das der Plinius usw. viel geschrieben haben, und andere mehr? Es ist wahr, und ist noch viel mehr dazu, nit allein in den selben, sondern auch in anderen Dingen der Natur mehr, in denen auch solche Kraftinnen ist. Das selbige zu wissen ist keine Kunst; das ist die Kunst, daß die Wirkung geschehe. Darin liegt der Kern, nit am Wissen, sondern am Vollbringen; das ist die Kunst des Arztes. Aus solcher Kunst treibt hypericon, das Johanniskraut, ascarides, die Spulwürmer, aus, und ein andermal vermes, Würmer, ein andermal serpentes oder Schlangen, usw.; so wirkt Eisen mit der Kraft des Goldes, und die Amethysten haben die Kraft der Perlen, und der Marmor wirkt wie ein Hyacinth. Das ist die himmlische Wirkung und so gibt es der Dinge noch viel mehr, die ich De potentia astronomica beschreibe.[536] Aber um hier den Grund anzuzeigen, auf dem ein Arzt stehen soll, ist genug angezeigt worden, damit die Hörer der Arznei sich erinnern und erkennen, was der Grund der Arznei sei und was nit, und auf was die Arznei gesetzt sei und wie sie gebraucht und geführt werden soll.

Ein jeglich Ding, das in der Zeit steht, das stehet im Himmel; daraus folgt nun die Fäulung, die Zergehung des Dinges und die andere Geburt. Wenn der Himmel ausgelaufen ist, in der selbigen Constellation, faulen die corpora; wenn er aber nit ausgelaufen ist, so bleiben sie und warten seines Auslaufens. Drum so faulen alle Dinge nach dem Laufe des Himmels und nit im Lauf; so zergehen die Dinge so verschwinden sie, so gehen die Würmer in den faulen Dingen an. Denn ohne diesen Ablauf wächst kein faules Ding, wächst auch kein Wurm. Der Ursprung der Würmer: sie kommen aus dem Lauf und werden aus einer jeglichen faulen materia, wenn der Lauf vorüber ist. Und sobald eine andere Gebarung als die der Würmer angeht, so wißt, daß der Arzt den Himmel und nit das corpus betrachten soll. Weil nun die Kur aus dem Himmel geht und das simplex wird aus dem Himmel daher geordnet, warum sollt ihr dann denen, die vom Himmel nichts wissen und in der Erde liegen und dieselbe nit verstehen, nie drein reden?

Da ist auch der Bestand der Heilung zu betrachten. Je darnach du an dem Ort den Himmel einführst, darnach ist die Arznei beständig und demnach wirkt sie. Ist dein Wirken wider den Himmel und flickst nur aus der Kraft der Erde und nicht aus dem Betrachten des Himmels, so bricht deine Arbeit alle wieder auf, und ein Schneider macht bessere Arbeit als du. Weshalb auch ein Jahr mehr Glück zum Heilen als das andere Jahr hat, eine Zeit über die andere, eine Zeit nützer als die andere ist. Wenn du solches nit weißt, was meinst du, daß du für ein Arzt seiest? Nichts als ein Rumpler, der von ungefähr hinein fällt, gerat es oder gerat es nicht. Es ist einmal geraten, es muß zum andern Male auch geraten; das ist dein Fundament. Viele sind, die der Himmel heilt, und die du[537] deiner Arznei zulegst, viele, die dir der Himmel verderbt, und deine Arznei nützt nichts, und du wähnst, es habe eine andere Ursach. Soll es mir dann unbillig sein, daß ich dir dein Lappenwerk anzeige, und daß dein modus medicandi nichts tauge und falsch sei. Es ist gleich wie einer, der da fischen will; wie es glückt, darnach erntet er. Auf solchen Fischergrund setzt ihr Ärzte euern modum practicandi, und glaubt, es sei kein besserer auf Erden je gewesen, und ihr wollt nicht bedenken, daß je und je, was auf den Grund gebaut worden ist, nichts als ein irriger, falscher, beschissener Bau und nichts Wahrhaftiges daran ist, es gerate denn von ungefähr. Drum liegen alle Gassen, Spirale, Häuser, Winkel voller Kranken. Wäre eure Praktik wahr, so wie ihr ausgebt, so wäre der Kranken keiner auf den Gassen. Weil es aber nichts als ein Beschiß gegenüber den Reichen ist und ein Luder auf den Pfennig, drum bezeugen es die Kranken, daß ihr mit Betrug umgeht und den rechten Grund nit habt. Keine Krankheit, wenn es anders eine Krankheit ist, ist so schwer, daß sie nicht ihre Arznei zur Heilung habe. Du weißt sie aber nit und findest sie auch nicht in dem Avicenna, in den Consilien von Montagnana, Willst du es wissen, so mußt du auf den Grund, den ich dir hier vorlege und mußt mir nach und ich nit dir nach, oder du wirst als ein Bescheißer sterben und deine Erben mit Bescheißerei begaben.

Wenn ein Arzt die Krankheiten auslegen, zählen und nennen will, so lehrt ihn das der Himmel, denn er zeigt aller Krankheiten Ursprung, materia und was die selbigen sind, an, – und mehr ist uns von den Krankheiten nit zu wissen (möglich), denn allein das, was der Himmel anzeigt. Wenn nun der Himmel das anzeigt, so wird nichts anderes gemeldet oder als Grund gegeben, als (daß sie wächst) wie ein Gras aus der Wurzel wächst oder ein Stengel, der aus seinem Samen wächst und aufgeht. Und weil im Grund kein ander Wissen da ist darüber, was die Krankheiten sind und wie sie wachsen, so können wir von denselben nichts anderes schreiben, als was die astra[538] lehren und anzeigen. Hierauf folgt nun, daß wir, von der Heilung zu schreiben, auch keinen weiteren Grund zu ordnen oder nach unserm Gutdünken zu setzen als allein den haben, was wir aus der Beschreibung der Großen Welt lernen und sehen. Denn in so viel Teile sich die Krankheiten teilen, in so viel Teile teilen sich die astra, in so viel Ursprünge, in so viele der Gewächse, – und sie gehn alle aus der Wurzel, die weder kalt noch heiß, trocken oder feucht ist. Und wenn die Krankheit saturnus wäre, so behalte sie den Saturn und verändert den Namen und auch das Wesen nit, auch nit die Natur. Denn wie die Namen der Sterne sind, so sind die Namen der Krankheiten. Die ist des Mars, die der Luna, die des Schützen, die des Löwen, die des Pols, die des Bären, und also läßt sich die Natur in den Krankheiten nicht anders ergründen, wie die Lügner der humores: cholera, phlegma, sanguis, melancholia meinen und anzeigen. Und so wie die Gesundheit geht, die ist des Saturns, die des Jupiter, die der Venus, – damit ist ein Grund ihrer beider Wachsen, Ursprung und Herkommen gefunden.

Denn das Kind wird sich vom Vater nicht entäußern oder absetzen. Darum, der da des Regens Ursprung, Herkommen, Wesen und Art weiß, der weiß auch das Herkommen der Bauchflüsse, der Ruhr, dysenteriae, diarrhoeae, weiß auch der Dinge alle Notdurft und Eigenschaft. Der da den Ursprung, des Donners, der Winde, der Wetter weiß, der weiß, von wannen die colia und die torsienes kommen. Der da weiß, wie der Strahl, der Hagel, der Blitz entsteht und wächst, und was in ihm ist und was er ist, der weiß den Harn, den Stein, den Gries und alles, was tari arum berührt oder betrifft; der da weiß die coniunctiones miteinander und die Finsternis, der weiß den mortem improvisam, den jähen Tod, den Schlag und alles, was ihm anhängt. Der da die neuen Läufe der Zeit und die Brechung derselben von Tag zu Tag, von Stund zu Stund weiß, der weiß, was Fieber sind und wieviele und was sie sind. Der da weiß, was der Planeten Rost ist und was ihr Feuer ist und was ihr Salz ist, und was[539] ihr mercurius ist, der weiß, wie die ulcera, die Geschwüre wachsen und von wannen sie kommen, und die scabies, das ist die Krätze, und die leprae, der Aussatz, und die sirei. Der da weiß, was venus führt oder bestimmt, und was in ihr ist, der weiß der Frauen Anliegen und weiß ihre Krankheiten und Gesundheit, und so mit allen. Soll dies nun nit im Grund betrachtet werden? Und wenn der Grund der Arznei in den Kapiteln, da vom Ursprung der Krankheiten geschrieben wird, nicht aus diesem geht, so ist es alles falsch und nichts mit Wahrheit geschrieben. Denn so, wie oben steht, nehmen die Krankheiten ihre Ursprünge; die selbigen müssen wir wissen und nit, wie die Phantasten der Hohen Schulen plärren wie die Kälber; die selbigen schreien in einer Stimme für und für, sie lachen oder greinen, es gehe ihnen wohl oder übel. So soll der Arzt nicht sein; er soll durch die Deutung wissen, was er von den Krankheiten setzt und sagt und soll das Wachsen und die materia der astrorum wissen, nit die der humores. Die astra und die corpora sind die, die da leiden und sind die, die gesund und krank sind, nit humor, cholera, phlegma usw. Was alle Dinge des Wissens des Arztes enthält, ist die Große Welt; alles andere ist nichts als Betrug.

Weil nun der Arzt allein von dem Äußern wächst und ist, deswegen kann er ein Weissager der Krankheiten, zukünftiger und gegenwärtiger, sein, und ein Wissender davon, was Kraft und Macht eine jegliche Krankheit aus den Sternen genommen habe, aus denen sie wächst. Gleicherweise, wie du dir das vom Wachsen der Form vornehmen und es ergründen kannst, mußt du auch das Wachsen der Krankheit verstehen, und zwar in der Hinsicht: du siehst, daß aus dem Samen abietis, der Tanne, eine Tanne wächst, und du kennst derselben Tannen Form, Gestalt usw., wie sie werden wird, und wiewohl du das weißt, so weißt du doch nit, was das ist, das diese Form so treibt; du weißt aber wohl, wie sie wird. So wisse nun dergleichen von den Krankheiten, Du weißt, wie caducus, der Schlag, ist und du erkennst ihn, gleich wie dir[540] das Gewächs wissend ist, so ist dir auch der caducus zu wissen möglich. Aber du weißt nit, was das ist, das die Form (des Gewächses) macht; ebenso weißt du auch nit, was das ist, das den caducus macht. Das ist wohl wahr: du kannst den wachsenden (Dingen) zumessen, was das sei, das da zu Holz wird, was zu Blättern, was zu Rinde, – die materia ist dir aber nit bekannt und du weißt nit, was sie ist, ehe es da ist. Von dem nun, was unsichtbar ist, soll der Arzt reden können, und da, das sichtbar ist, soll ihm im Wissen sein, gleich wie einer, der kein Arzt ist, der erkennt die Krankheit und weiß, was es ist, von den Zeichen; darum aber ist er noch kein Arzt. Der ist ein Arzt, der das Unsichtbare weiß, das keinen Namen hat, das keine Materie hat, und hat doch seine Wirkung. Wer will dann sagen, daß solche und solche Krankheiten aus den humores, die ja sichtig und nit unsichtig sind, kommen, in welchen humores der Himmel nicht wirkt und nichts in die selbigen humores imprimiert, – und die Krankheiten sind des Himmels und der Himmel regiert die Krankheiten, und die Krankheiten sind unsichtbar. Wie kann dann der humor eine Krankheit oder eine Ursache zu ihr sein, dieweil der Himmel eine Ursache aller Krankheiten ist?! Und so wenig ein Wind oder eine Luft angegriffen oder gesehen werden kann, so wenig auch die Krankheiten. Wenn dann die Krankheiten nichts Greifliches, sondern dem Winde gleich sind, wie kann man sie dann purgieren oder mit diesem hinweg tun? Es sind alle Arcane so beschaffen, daß sie ohne materia und corpora ihr Werk vollbringen. Denn die Krankheiten sind keine corpora, sondern es soll Geist gegen Geist gebraucht werden. Wie der Schnee durch die Sonne hinweggeht, durch den Sommer, – wer greift desselben corpus an? Niemand. Wenn du aber versuchst, den Schnee als eine Krankheit anzusehen und drum ein corpus derselben zu sein sagst, – es ist doch das, das den Schnee macht, kein corpus, sondern ein Geist, das aber ist der Schnee. Ebenso was die excrementa macht, die faeces im Leibe macht, die du humores heißt, die selbigen sind nit die Krankheiten.[541]

Das ist die Krankheit, die das selbige macht, das also geschieht; wer sieht dasselbe? Niemand. Wer greifts? Niemand. Wie kann dann ein Arzt die Krankheiten in den humores, suchen und ihren Ursprung aus denselben vermelden, während sie doch von den Krankheiten geboren werden und gemacht, und nit die Krankheit von ihnen. Der Schnee macht nit den Winter, der Winter macht aber den Schnee; denn im Hinwegtun des Schnees geht doch der Winter nicht hinweg; ob schon kein Schnee im Lande läge, noch ist es Winter. Dermaßen sollt ihr so die Krankheiten aus den Oberen erkennen; und wo ihr anderes erkennt und vom Ursprung der Krankheiten traktiert, so irrt ihr in allen euern Büchern und Schriften, – wie ihr denn bisher für und für in der Irrung gestanden seid, und das, was die Krankheit auswirft und was sie vergiftet hat, das selbige habt ihr für die Krankheit gehalten, drum ihr so viele verderbt und tötet, bis der Himmel am letzten selbst arzneit, denn er ist ein besserer Arzt als ihr es seid.

Alldieweil nun die Arznei in gar keiner Spekulation gründet, sondern allein auf den äußeren Menschen, das ist gegründet in den Himmel und die astra und dergleichen, so wißt insgemein, daß alle Arznei, die außerhalb dieses Wissens gebraucht wird, nichts als allein ein falscher und betrüglicher Grund, in dem keine Wahrheit, sondern aller Falsch ist, ist. Denn es beweist sich von selbst, daß außerhalb des vorgetragenen Grundes nichts als eine Phantasie ist, deren Grund allein Meinen und Wähnen ist. Wer ist der, der durch die Haut hindurch die Pestilenz erkennen kann? Oder wer ist der, der erkennen kann, an welchem Ort im Leibe sie entsprungen sei? Oder wie sie komme oder was ihre materia sei? Kein Mensch kann es auf diese Art wissen. Wer aber den Himmel kennt, wer die astra weiß, wer Mannah weiß, wer die mineralia weiß, die das wissen, wissen was Pest ist und wo sie ist und wie sie ist, – und außerhalb des Himmels und der astra kanns kein Arzt wissen. Weil aber die Ärzte den Grund der Arznei verlassen haben,[542] und philosophia, astronomia etc. fahren gelassen und sich selbst in die Phantasie geordnet haben, alldieweil ist von der geringsten Krankheit kein Grund geschrieben worden. Wie so gar ohne Grund sind von den Skribenten alle Kapitel der Wundarznei geschrieben worden, da weder Wahrheit noch Grund innen steht, und wenn ich das sage, dann soll ich der Arznei ein Ketzer sein und manchmal soll ich besessen sein und einen Teufel in mir haben. Wer ist der, der nicht verstünde, daß die Arznei, auch die Leibarznei, einen andern Grund haben muß als den die setzen, die voller Lügen stecken, wenn sie vom Ursprung traktieren und von der Ursache und materia. Wer will solche Schriften nicht für bachantische Invention halten? Denn so spekulieren die Bachanten, und spekulieren durch eine Mauer hinein, und sehen das Verborgene und das nicht zu sehen ist. Wer wollte das nicht für Narrerei halten? Bedenkt, wie groß und wie so edel der Mensch geschaffen sei, und wie so groß seine Anatomie begriffen werden muß, und daß nicht möglich ist, in einem Kopfe oder in der Vernunft seine Anatomie des Leibes und der Tugenden zu spekulieren, sondern aus dem Äußeren muß der Grund gehen, dann ist sichtbar und ist offenbar, was in ihm ist. Denn wie es außen ist, so ist es auch in ihm, und was außen nit ist, das ist in ihm auch nit. Und ein Ding ist das Äußere und das Innere, eine Constellation, eine Influenz, eine Concordanz, eine Zeit, ein Erz, ein tereniabin, eine Frucht. Denn das, in dem alle Geschöpfe verborgen liegen und sind, ist der limbus; wie im Samen, da liegt der ganze Mensch, das ist limbus parentum. Nun der limbus Adams ist Himmel und Erde, Wasser und Luft gewesen; drum bleibt der Mensch im limbus und hat Himmel und Erden, Wasser und Luft an sich, und ist das selbige. Nun wer will dann den Menschen ohne solche Philosophie und Astronomie erkennen, wie es einem Arzte und seinem Spintisieren, Phantasieren, Humoralisieren und dergleichen genugsam zu sein scheint, – wem ist das möglich? Niemanden auf Erden. Wenn es nun unmöglich ist, so muß ich sie noch einmal Bachanten heißen, denn[543] die selbigen spintisieren solche unmöglichen Dinge und freuen sich in solchen läppischen Inventionen wie ein Narr, der sich selbst weinend und lachend macht, gewonnen oder ungewonnen gibt, wie es ihm beliebt. Und es ist ebensoviel Kraft in solcher Arznei, so viel Kraft des Narren Phantasie hat. Drum ist alle Arznei, die nicht ihre Erkenntnis gewaltig aus dem gesagten Grunde nimmt, falsch und erlogen, und ist nichts weiter in ihr als Luder, Edel und Unedel zu bescheißen eine ausgeklaubte Büberei.

Quelle:
Theophrast Paracelsus: Werke. Bd. 1, Darmstadt 1965, S. 524-544.
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