Vorrede durch Doctorem Theophrastum

[499] Nachdem ich aus erzwungner Not etliche Bücher in der Arznei, nämlich von den pustulius das ist Franzosen, habe ausgehen lassen, ist mir das zu Argem ausgelegt worden, das ich mit höchstem Fleiß und größter Erfahrenheit geschrieben und eröffnet, und Nutz und Guts der Kranken betrachtet habe, – aus welchem Schreiben mir eine Ursache gegeben worden ist, den Betrug und die Irrung derer, die hierin nichts verstanden haben noch können und doch alle andere hierin verachten wollen, anzuzeigen.

Nun hab ich geschrieben, (was sie zu viel heißen, heiß ich zu wenig), vom Holz (Guayako) und die drei Bücher der Imposturen (das sind eitrige Beulen), oder Verfälschungen; worüber ich wohl mit guter Wahrheit hätte ein länger Buch machen können, das habe ich in Kürze gefaßt, das meiste und viele Schande, der Doktoren Torheit und Einfalt, auch der Meister, zu vermeiden. So ich das nun kurz abgemacht habe, klagen sie, es sei zu wenig, niemand könne es verstehen. Wenn es nun zu wenig ist, so werde ich gezwungen mehr zu schreiben, und längere Bücher zu machen, weil sie beichten, ich schriebe viel zu wenig. Ich erachte, sie wollen, daß ihre Torheit und Gelehrtheit gar an den Tag komme; – dazu will ich ihnen verhelfen.

Wiewohl sie zu verstehen geben, um mit der Wahrheit an den Tag zu kommen, es sei betreffs ihrer Frommheit, Gelehrtheit und Kunst genug geschrieben, allein meiner Lehr wollen sie mehr Unterricht, – es kann aber keins vom andern geschieden werden, sondern sie müssen beide mit einander vorgenommen werden, auf daß nit eins[499] allein, sondern beide gar wohl verstanden werden, – wiewohl ihre Meinung allein auf das eine gerichtet ist und auf das andere nit.

Daß sie es mir verargen, daß ich schreibe, geschieht aus ihrem Unverstand, denn ich habe, wie meine Schriften beweisen, nichts außerhalb des Grundes und der Erfahrenheit geschrieben. Daß sie aber über mich schreien, dessen ist die Ursach, daß ich ihnen in dem, das den Ärzten zusteht, und das sie nicht wissen noch verstehn, das Herzbändel treffe. Darum, daß ich nicht aus ihren Schulen komme und aus ihnen rede, soll es unrecht sein, dieweil mich das dazu zwingt, daß sie falsch in die Arznei hineingeleitet werden.

Weil ich nun solches soll und muß schreiben, kann ich die Wahrheit weder durch die Alten noch die Jungen bestätigen, woraus ich nun gezwungen werde, wider sie zu sein und nit mit ihnen, wenn ich anders die Wahrheit der Arznei beschreiben und vor mich nehmen will, und nicht allein die Schüler, sondern Meister und Schüler und der Meister und Schüler Lehrer insgemein zusammenkoppeln und ihnen, weil sie solche Schreier sind, vorhalten will, was die Arznei sei, und darnach, was sie sind. Denn es ist ebenso not, ihr Geschrei wie ihre Kunst aufzudecken.

Will ich nun den Grund in der Arznei beschreiben, so muß ich die Dinge vornehmen, die den Grund geben. Dadurch werde ich gezwungen, allen Grund aus der Philosophie, Astronomie und Alchemie zu setzen, ihn dort zu nehmen und darauf zu fußen. Sie aber sind nun Verächter dieser drei Fundamente, nämlich Verächter der Philosophie, Verächter der Astronomie, Verächter der Alchemie, bellen wider diese Künste wegen nichts anderem, als daß sie sie nit können und schämen sich dess'. Damit sie auf ihrem Teil mit Ehren bestehen, überreden sie den Armen, den Gemeinen, den Einfältigen, sie seien Narrenwerk und es sei nichts; und sie selbst sind Narren und Esel und nichts, gleichen den Juden und den Pharsäern, die meinten, der Himmel wäre ihr und den, dess[500] er war, das ist Christum, verachteten sie. Also sind die Ärzte der Hohen Schulen auch, und die Bader und Scherer. Drum vergleiche ich sie den Barfüßern und Holzschuhern; die selbigen wissen nichts als schreien, schänden, lästern ohne Furcht; also sind diese Ärzte auch clamanten, das ist Schreier.

Nun aber, um es aus dem Grunde zu betrachten, welcher kann ein Arzt sein ohne die drei? Der da nit sei ein philosophus, ein astronomus, ein Alchemist? Keiner, sondern er muß in den drei Dingen erfahren sein, denn in ihnen steht die Wahrheit der Arznei. Was Astronomie sei, das wissen sie nicht; was Philosophie sei, das wissen sie auch nicht; was Alchemie sei, das wissen sie auch nit. Diese drei höchsten Dinge wissen sie nit, drum so müssen sie sie verachten, und deshalb, weil ich sie brauche, muß ich von ihnen verworfen werden. Mich verwarf keiner, er war denn ein gehörnter, das ist junger Bachant, – was ihr alle seid. Denn die Bachanten wissen nichts von den Dingen und ihr auch nit, darum seid ihr einander gleich. Ihr seid gemalte Ärzte, auswändig, in euern Kleidern, und inwändig seid ihr schelmige Juden, Cadaver und conterfeite Ölgötzen.

Daß ihr mich versteht, wie ich den Grund der Arznei erkenne und worauf ich bleibe, – nämlich in der Philosophie, darnach in der Astronomie und zuletzt in der Alchemie, und hört mich gar genau, denn ihr müßt auch hier hinein und darin erfahren sein, oder ihr müßt allen Bauern auf den Dörfern offenbar werden, daß ihr ohne die drei Bescheißer seid, und nichts als Betrüger der Fürsten, Herren, Städte und Länder, und daß alle die Zucht und Ehre, so euch bewiesen wird, Narren geschieht und Gleisnern und Tellerleckern. Wie ich mir aber die drei vornehme, das merkt, und anders könnt ihr es nit vor euch nehmen, sondern ihr müßt mir nach mit euerm Avicenna, Galen, Rhases usw. und ich nit euch nach; ihr mir nach, ihr von Paris, von Montpellier, von Salerno, von Wien, von Köln, von Wittenberg und all ihr in der summa, und keiner kann ausgenommen sein, nicht im[501] hintersten Badewinkel bleiben; dess' bin ich monarcha, und ich führ die Monarchei und gürte euch noch eure Lenden.

Wie wird es euch Cornuten anstehn, daß Theophrastus wird der Fürst der Monarchie sein? Und ihr calefactores, das ist Ofenheizer? Wie dünkt es euch, wenn ihr werdet in meine Philosophie müssen und auf euern Plinius, Aristoteles scheißen werdet, auf euern Albertus, Thomas, Scotus usw. seichen werdet und werdet sprechen: die konnten schön und subtil lügen. Wie große Narren sind wir und unsere Vorderen gewese, daß sie und wir es nie gemerkt haben. Wie dünkt es euch, wenn ich euch den Himmel zurichten werde, daß (die Constellation) Drachenschwanz euern Avicenna und Galen fressen wird? Denn sie wissen nichts im Himmel, und ihr auch nichts. O, wie löblich ist das, daß ihr Narren doctores seid, und ihr Meister: Narren! Wie übel wird es euch auf den Buckel drücken, wenn ihr Ohren, sechs Ellen lang, tragen werdet, denn Johannes hat in der Apokalypse seltsamere und ungeschaffenere Tiere, als ihr seid, nie gesehen. Wie groß wird eure Schande werden, daß ihr bisher die Kranken gearzneit habt und groß Gut von ihnen genommen, und habt noch nie kochen können und habt ihnen Ungekochtes gegeben, wodurch bewiesen wird, daß ihr damit viele erwürgt habt, das wird euch alchimia sagen. Da müßt ihr hinein, oder ihr und eure Frauen, Kinder und Freunde werden an euch Laster sehen.

Wenn ich keinen Behelf wider euch hätte als allein die Zeugnisse, daß ihr falsch seid und nichts wißt, wie groß würde ich noch in der Monarchei sein, darum daß ich solche Lügen entdeckte, und ihr bewährt eure Lügnerei nit in einem allein, sondern in allen euern Büchern und der lausigen Bader und Scherer Bescheißerei. Weil ich aber noch mehr tue und lehre euch, und ihr mich nit, und was ich von euch habe, nahm das Feuer hinweg und ist dahin; was ich aber lehre, wird kein Feuer fressen, wird aber euch fressen, – nun schaut, wess' die Monarchei sei! Euer oder mein? Ich verseh es mich wohl, ihr werdet[502] Narren und Cornuten haben, die euch beistehen werden; dieselben und ihr werdet einander noch selbst fressen. Ihr macht euch beliebt mit Neigen, Bücken, »gnad Herr«, »lieber Herr«, »wiedersehen Herr«, »wieder Herr«, und wenn die Herrschaft in das (Kranken-)Bett kommt und ihr Freundschaft zeigen sollt, so steht ihr da wie ein Dutenkolb, tut nichts als bescheißen und berußen. Sollten die Kranken, die ihr erwürgt, wieder aufstehen, und euch weiter im Leben Zucht und Ehr erweisen, – sie würden euch auf die Nase scheißen, und ebenso in euern Fürsten Aboali Abinschini. Pfui der Schand, daß ihr in den lausigen Männern sechs Tage lest, ihr Phantasten!

Laßt euch diese Vorrede nicht hindern oder verdrossen machen; am letzten will ich noch den Leipzigern die Suppe salzen und mit dem Salz in das Holz (Guayako) legen.

Quelle:
Theophrast Paracelsus: Werke. Bd. 1, Darmstadt 1965, S. 499-503.
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