§ 24. Vom Mißbrauch des Gesetzes der Kausalität.

[109] Unserer bisherigen Auseinandersetzung zufolge begeht man einen solchen, so oft man das Gesetz der Kausalität auf etwas Anderes, als auf Veränderungen, in der uns empirisch gegebenen, materiellen Welt anwendet, z.B. auf die Naturkräfte, vermöge welcher solche Veränderungen überhaupt erst[109] möglich sind; oder auf die Materie, an der sie vorgehn; oder auf das Weltganze, als welchem dazu ein absolut objektives, nicht durch unsern Intellekt bedingtes Daseyn beigelegt werden muß; auch noch sonst auf mancherlei Weise. Ich verweise hier auf das in der »Welt als W. u. V.« Bd. 2, Kap. 4, S. 42 fg. darüber Gesagte. Der Ursprung solches Mißbrauchs ist allemal, theils, daß man den Begriff der Ursache, wie unzählige andere in der Metaphysik und Moral, viel zu weit faßt; theils, daß man vergißt, daß das Gesetz der Kausalität zwar eine Voraussetzung ist, die wir mit auf die Welt bringen, und welche die Anschauung der Dinge außer uns möglich macht, daß wir jedoch eben deshalb nicht berechtigt sind, einen solchen, aus der Vorrichtung unsers Erkenntnißvermögens entspringenden Grundsatz auch außerdem und unabhängig von Letzterem als die für sich bestehende ewige Ordnung der Welt und alles Existirenden geltend zu machen.

Quelle:
Arthur Schopenhauer. Zürcher Ausgabe. Werke in zehn Bänden. Band 5, Zürich 1977, S. 109-110.
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Über die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde /Über den Willen der Natur