Aram und Assur

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Assur: [Sind] die Gründer ›Mitanni‹? Der Typus auf den alten Werken sumerischen Stils [ist] nicht sumerisch. Seit 1400 eigne assyrische Kunst, die in Tierreliefs, Jagden etc. an Kleinasien, Südrußland erinnert. Die Assyrer [sind] die ersten Reiter. Kriegerisches Volk. Felsreliefs, Fassaden von Phrygien bis E[lam]. Reliefs: Landschaftsmalerei! Perspektive: Alles das eine Randamöbe turanisch-kaschitischer Mischung. Der Name, ursprünglich Asir, [ist] wohl nicht semitisch (Eduard Meyer). Die Griechen nannten die Halysgegend Assyrien. Assyrische Politik [tendiert] immer nach dem Schwarzen Meere hin. Demnach sind Mykene, Troja VI, Chatti, Assur, Aram fast gleichzeitig. Viele verwandte Züge: kriegerisch, Heldentum. Herzöge mit Gefolge. Die Vornehmheit der hethitischen Behandlung der Gegner, wie Abram. Gegensatz zu Juda. Alles ›Phrygische‹ [ist] demnach assyrisch: eine ostkleinasiatische Amöbe, der Kussar (Althatti), Assur, Phrygien angehörten. Heimat der Muttergöttinnen: Ma[gna Mater]Kybele. Alles das ist Schamanismus.


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Aramäer: Das Paradies (Gunkel) ist auf dem armenischen Gebirge gedacht, von wo die vier Flüsse kommen. Blutrache (Kain, Lamech) und Selbstmord des Besiegten (Saul) sind nordisch. Der Ackerbau ist die verächtliche Strafe Adams. Kain gründet die Stadt Henoch. Wo? Hanigalbat? Gen. 6: Göttersöhne und Menschentöchter, Riesen: ein Rest hochnordischer[354] (iranischer-hellenischer-germanischer-hethitischer) Mythologie, ›aramäisch‹, absolut unsemitisch. Die Juden haben das bis auf einen Vers gestrichen.


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Aramäer (Reallexikon Ar[am] Ahlame): Ausgangspunkt (seit 1400 etwa) am nördlichen Euphrat (Naharain, Karchemisch etc. Achlame [ist] ein älterer Stammesverbandname).

Von hier nach Südwesten und Südosten vordringend, viele kleine Staaten bildend. Ego: Der aramäische Dialekt ist natürlich erst dort angenommen und entwickelt [worden]. Ihre frühere Sprache wird wie in Assur eine ›urartäische‹ gewesen sein. Von hierher stammt I Mos. 22, 20 ff. wie die dortg[enannte] Genealogie, ferner Ararat, Noahsagen, Paradies, Abram I Mos. 11, 27 ff., Harran. Dies sind die Ostaramäer. Aus den Westaramäern sind u.a. der israelitische Bund und das Reich von Damaskus hervorgegangen. Es handelt sich um eine Nord-Süd-Völkerwanderung ersten Ranges, die viel weiter zurückreichen muß – bis Südrußland? Läßt sich aus den Vätersagen nordische Sitte erschließen? (Kittel? Nachlesen!)


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Aramäer: Chalder, Harrier (Harri-ni = Harran), Mita-ni sind Gebilde turanischen Charakters. Auch die Sprache mag im Geist ihrer Struktur dem indogermanischen Typ nahestehen. Ebenso der Typus der Sagenbildung. So entstand (Lehmann-Haupt, Weltgeschichte S. 147) die Semiramissage. Und ebenso sind Abram und Noah turanische Gestalten – mögen die Namen und Orte sein, was sie wollen. Es sind Persönlichkeiten und Privatschicksale. Gilgamesch, Sargon ist anders.


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Aramäer: Die eigentlichen Schöpfer der arabischen Kultur nördlichen Volkstums – die semitische Sprache ist angenommen. Die ältere Sprache[355] muß ›kassitisch‹ gewesen sein (Gutium, Chaldu, Kassu, Mitanni). Stammesnumina wie Harran, Aram, Chald neben andren Göttern. Sie sind bis Hedschas vorgedrungen. Eine Gruppe hat seit 1000 Südbabylon beherrscht, (Reallexikon, Chaldäer). Deshalb sind [die] Chaldäer von Ur (Nebukadnezar) dem Namen nach identisch mit den Chaldäern von Urartu!

Da auch die Chabiru und Nordisraeliten Aramäer waren, so ist tatsächlich, wie die Sprache beweist, zur Perserzeit alles von S[yrien] bis Südarabien und [von] Suez bis Babylon aramäisch! Diese Völkerwanderung entsprach der germanischen (magisch-faustisch).


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Aramäer, Israel: Eine gewaltige ethnische Einheit mit einer semitischen Sprache, deren Gebiet um 2000 zwischen Assur, Syrien und Palmyra lag, Nomaden, vielleicht von armenoidem Typus? (Jirku, Syrien und Aram, Reallexikon). Ende des 2. Jahrtausends v. Chr. haben sie ganz Mesopotamien überschwemmt und Reiche gegründet. Von dort (Harran) denkt sich das Alte Testament die Erzväter kommend, die also Aramäer waren. Vielleicht waren es die Israeliten überhaupt, die von vornherein aramäisch gesprochen haben. Die Einwanderung der Israeliten in Palästina erfolgt im Zusammenhang mit der aramäischen Landnahme in Syrien, wo nach der allgemeinen orientalischen Umwälzung von 1200 aramäische Reiche entstanden (Damaskus). Endlich haben die Aramäer ganz Babylon überschwemmt: Chaldäer! (Vgl. Reallexikon die blonden Amoriter, Ammoniter.) Schließlich haben die Aramäer, wie später die Araber, das ethnische [Gepräge] des ganzen Gebietes von Palästina bis Babylon bestimmt.


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Nun erst lassen sich aus der Sprache Schlüsse ziehen. Es hätte wie gewöhnlich zu Irrtümern geführt, wenn wir von der Sprache ausgegangen wären. Die meisten aramäischen Stämme, von denen wir es[356] wissen – es sind sehr wenige –, sprachen semitischen Dialekt. Wir kennen diesen Dialekt aus der Zeit von 800 – und nennen ihn ›aramäisch‹ Sofort stellt sich nun im Kopf von Philologen und Historikern der übliche Fehlschluß ein: Also ›sind‹ die Aramäer Semiten. Nein, das sind sie nicht. Woher kennen wir denn ›die Aramäer‹? Aus Namen, Tontafeln etc. in einem kleinen Gebiet. Die Berichte der Assyrer lehren etwas ganz andres. Also: die Aramäer – Sammelname von Stämmen – haben wie die Philister in Syrien semitisch sprechen gelernt. Daraus ist eine neue Dialektgruppe entstanden.


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Wenn Hyksos = Chabiri = Aramäer ist, ist es die Streitwagenkultur, die westlich oder östlich des Kaspischen Meeres eindringt. Das Ende des ›alten Hethiterreiches‹ [ist] eine Folge davon. Ebenso die Kassiten.


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In Syrien, nicht in Palästina, eine vorsemitische Ortsnamenschicht (Kittel, Geschichte des jüdischen Volkes, I, 2, S. 52). In Gezer eine Schicht mit Leichenverbrennung. Das müßte die ›kaschitische‹ Strömung sein, von Sinear bis Mitteleuropa, über die sich in Akkad die semitische geschoben hat, hier um 3000. Schon Nöldeke (Die semitischen Sprachen 1887, S. 11) und Grimme (Muhammed 1904, S. 4 ff.) treten für afrikanische Herkunft der ›Semiten‹ ein. Der Obsidian der Werkzeuge in Gezer (Macalister, Gezer, II, 127) ist aus Melos – in allen Schichten vertreten. Palgrave fand in Nordarabien gewaltige Steinkreise, mit Trilithen nach Art der Stonehenge (Karge, S. 500f.). Ganz ähnlich im Ostjordanland: die Burg von Kurun Hattin (Karge 352 ff.). Die Semitenwanderung der Akkader ging also östlich des Jordan, damals noch gute Viehsteppe.[357]


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Völker Westasiens: [Gibt es eine] Verwandtschaft der elamitischen, kassitischen, drawidischen Sprache? Die rassereinen innerarabischen Beduinen gleichen durchaus Nordeuropäern, verwitterten Seeleuten (Ungnad, Kulturfragen 1). Nach Ungnad sind Subaräer – Mitanni – Hurriter identisch, brachyzephal, von Palästina bis über Assur hinaus. Landsberger (sehr gut, Zeitschrift für Assyriologie 35, S. 213 ff.) bestreitet das ›Urvolk‹ der Subaru auf weitem Gebiet, die Chabiri als Hebräer, die Existenz der Amoriter als Rasse.

Die ›Vier Reiche‹ oder ›Weltgegenden‹ haben in Babylon keine geographische Realität, sondern sind symbolische Ausdrücke. S. 218. Amurru, Elam, Subarntu, Akkad sind nur ungefähre Richtungsnamen. Das Schema ist außerdem jung. Nach Landsberger (288) ist Subartu als geographischer Begriff seitens der Babylonier übrigens nicht mit dem ›subaräischen‹ (Mitanni-) Sprachgebiet identisch. Ein Subaräervolk hat es überhaupt nicht gegeben. Das Gebiet war sehr klein (S. 230). Überhaupt ist aus den Eigennamen der ältesten Zeit zu schließen, daß in diesem Gebiet sehr viele Sprachen geredet wurden, wie in Boghazköi, die wir nicht kennen, da die Urkunden babylonisch geschrieben sind. Die Existenz der Mitannisprache kennen wir ja nur durch die Amarnatafeln (?). Eine solche Sprache vermutet Landsberger (S. 230 Anm. 2) aus einer Namensgruppe, zu der vielleicht das Wort Hanigalbat gehört. Subartu sei einst ein Name für das Gebiet östlich von Assur gewesen, also ein ganz vager Begriff, bei Hammurabi ein ›Gebirge Subartu‹. Der Name gehört mit Antan, Guti, Lullumi zu einer Nordostgruppe an den Bergen; nach Landsberger (S. 232) sind die Subartu die ›Kurden der Alten Welt‹, von wo zur Amarnazeit Schwärme nach Syrien, Mesopotamien, Kleinasien gelangt sind – mit vielen andren Elementen, so daß das Wort mehr umgreift als recht ist. Vielleicht [war er] damals ein Gattungsname wie Chabiri = ›Zigeuner‹ (vgl. ›Tyrrhener‹).

Quelle:
Oswald Spengler: Frühzeit der Weltgeschichte. München 1966, S. 354-358.
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