§ 24. Die Prüfung der Verbindungen.

[249] Da das Werben nicht stattfindet, wenn man die Verbindung noch nicht geprüft hat, nachdem man ein Mädchen nach seinen Angehörigen usw. ins Auge gefaßt hat, folgt jetzt die Prüfung der Verbindungen.


Hier gibt es einige Verse:

Gemeinschaftliche Spiele, Versergänzungen usw., Heiraten und innige Vereinigungen sind nur mit Ebenbürtigen zu unternehmen, nicht mit Höheren oder Niedrigeren.


»Versergänzen usw.«: so zusammen Spiele unternehmend. »Innige Vereinigungen«, Freundschaften. – »Nur mit Ebenbürtigen«, Gleichen, indem sie an Ansehen durch Abstammung, Angehörige, Vermögen und Aussichten gleich sind.[249]

So ist die Verbindung eine dreifache, je nachdem der sich Verbindende ebenbürtig ist oder höher oder tiefer steht. (Der Verfasser) beschreibt das je nach dem Zwecke:


Wenn der Liebhaber wie ein Diener lebt, nachdem er das Mädchen genommen hat, so wisse man, daß das eine hohe Verbindung ist, welche von Verständigen gemieden wird.


»Nachdem er das Mädchen genommen«, um das Feuer herumgeführt hat. – »Wie ein Diener«, ein Sklave, da er des Vermögens und der Aussichten ermangelt. – »Hohe Verbindung«, infolge der Verbindung mit einer höher stehenden Person. – »Von Verständigen gemieden«: die das aber nicht sind, gehen eine solche Verbindung ein.


Wenn er, umgeben von seinen Verwandten, wie ein Herr lebt, so ist auch diese, niedrige, Verbindung unrühmlich und wird von den Trefflichen getadelt.


Wenn der Liebhaber, nachdem er das Mädchen gewonnen hat, den Gebieter spielt, da er Vermögen und Aussichten besitzt. – »Von seinen Verwandten«, dem Schwiegervater, Schwager usw., die als Diener fungieren, »umgeben«. – »Unrühmlich«, nicht zu preisen, da die ihr entsprechende Stellung in der Welt fehlt. – »Von den Trefflichen«, die den Lauf der Welt kennen.


Wenn ein Spiel getrieben wird, wobei man beiderseitig Wonne kostet und welches einander auszeichnet: diese Verbindung wird eingegangen.


»Wobei man beiderseitig Wonne kostet«, ein Spiel, bei dessen gegenseitiger Anwendung sowohl der Anhang des Freiers, als auch der Anhang des Mädchens Wonne genießt, »und welches einander auszeichnet«: in welcher Verbindung das geschieht, »diese Verbindung wird, eingegangen«, d.h. von Trefflichen geschlossen. Die beiden ersten aber werden nicht eingegangen: so ist der Sinn.

Welche von jenen beiden ist die bessere? Darauf sagt (der Verfasser):


Wenn man auch eine hohe Verbindung eingegangen ist, soll man sich später den Anverwandten unterwerfen; nicht aber soll man eine niedrige Verbindung schließen, die von den Trefflichen getadelt wird.
[250]

»Wenn man auch eine hohe Verbindung eingegangen ist, soll man später sich den Anverwandten unterwerfen«, selber in das Haus der Verwandten gehen, d.h. nicht in das Haus des Schwähers. – »Nicht aber«: das ist unbedingt verboten.

Quelle:
Das Kāmasūtram des Vātsyāyana. Berlin 71922, S. 249-251.
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