2. Der Spiegel der Schönheit

[265] Einer geborenen Schönheit dienen die Menschen zum Spiegel. Sagt man's ihr nicht, so weiß sie nicht, daß sie schön ist in den Augen der Menschen. Aber ob sie es weiß oder ob sie es nicht weiß, ob sie es hört oder ob sie es nicht hört: ihre Lieblichkeit bleibt immer dieselbe, und die Liebe der Menschen zu ihr bleibt auch dieselbe. Das ist der natürliche Gang der Dinge. Dem liebevollen Herzen des berufenen Heiligen verschaffen die Menschen den Ruhm. Wenn man es ihm nicht sagt, so weiß er nicht, daß er die Menschen liebt. Aber ob er es weiß oder nicht weiß, ob er es hört oder nicht hört: seine Liebe zu den Menschen ist immer dieselbe, und der Friede, den er den Menschen gibt, ist auch derselbe. Auch das ist der Gang der Natur. Das Heimatland, die Heimatstadt machen das Herz des Menschen fröhlich, wenn er sie wiedersieht. Selbst wenn hohes und niedriges Gestrüpp und Buschwerk den Ort überwuchert hätte, er freut sich doch. Wieviel mehr erst, wenn er wiedersieht, was er einst gesehen, wenn er wieder hört, was er einst gehört. Sie ist ihm wie ein hoher Turm, der weithin unter der Menge sichtbar ist.

Quelle:
Dschuang Dsï: Das wahre Buch vom südlichen Blütenland. Düsseldorf/Köln 1972, S. 265.
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