Zwölfte Wahrnehmung. Alle, welche das Unglück hatten, durch Erziehung und Umgang zu den Künsten, Beschäftigungsarten, Zerstreuungen und Vergnügungen der feinen und üppigen Lebensart eingeweiht zu werden, sind mehr oder weniger entnervt an Leib und Seele. Wie könnte es auch anders sein, da ...
Zwanzigste Wahrnehmung. Alle diese Leute sind nun auch, in der Regel wenigstens, ... ... Geschmack, Urtheil und Neigungen, die ihre Entstehung nur einer vorübergehenden Laune, einer flüchtigen Wahrnehmung, einem augenblicklichen Einfalle verdanken, dauerhaft sein und in bleibende Gesinnung übergehn? Dis ...
Neunzehnte Wahrnehmung. Am meisten zeichnen sich die Menschen dieser Klasse durch einen hohen Grad von verlarvter Eitelkeit aus. Daß alle andere Menschen, in allen andern Ständen, ihre Eitelkeit und ihren Ehrgeiz auch haben, das ist schon eingeräumt worden. Der Unterschied besteht also nur, ...
Sechzehnte Wahrnehmung. Die meisten Menschen aus derjenigen Klasse, von der ich jetzt rede, sind mehr oder weniger unwahr, sind mehr oder weniger eine bloße lustige Erscheinung, welche von dem wirklichen, was dabei zum Grunde liegt, oft eben so verschieden ist, als die ...
Funfzehnte Wahrnehmung. Nirgends zeigt sich die Unfähigkeit dieser durch Verfeinerung und Ueppigkeit geschwächten Menschen, mit ihrer Beurtheilungskraft durch die Oberfläche hindurch in die innere und wahre Beschaffenheit der Dinge einzudringen, deutlicher, als bei ihrem Urtheil über die Gemüthsart, den Werth und die Verdienste der ...
Achtzehnte Wahrnehmung. Einer der hervorstechendsten Züge in dem Seelenbilde dieser Menschen ist der Hang nach zerstreuenden Vergnügungen. Der große Zweck ihres täglichen Lebens ist der, zu ergetzen, und sich ergetzen zu lassen. Der Grad, wie jemand diesen doppelten Zweck zu erreichen ...
Vierzehnte Wahrnehmung. Alle diese Menschen urtheilen in den meisten Fällen nicht nach innern und wesentlichen Kennzeichen des Wahren und Guten, sondern lediglich nach dem äußern Scheine, nach der in die Augen fallenden Oberfläche der Dinge. Der diesen Leuten noch mehr, als Andern, eigene Hang ...
Dreizehnte Wahrnehmung. Alle diese Menschen, welche in den wirbelnden Kreisen des großen Weltstrudels herumgetrieben werden, fühlen sich mehr oder weniger, je nach dem ihr Kopf von Natur schwächer oder stärker war, von einem geistigen Schwindel, von einem Taumel des Leichtsinns ergriffen, der ...
Siebzehnte Wahrnehmung. Alle diese Menschen, vorzüglich aber diejenigen unter ihnen, welche bei jeder Gelegenheit das Schild der Uneigennützigkeit, der Dienstbeflissenheit und der Großmuth aushängen, sind nun auch in hohem Grade eigennützig und selbsüchtig. Zwar gibt man sich alle ersinnliche Mühe, diese Triebfeder seiner ...
Elfte Wahrnehmung. Die Menschen – so sehr verschieden sie auch durch Erziehung, Himmelsstrich, Gotteslehre und bürgerliche Verfassung an Leib und Seele, an Geist und Herzen, an Kentnissen, Fertigkeiten, Neigungen und Abneigungen geworden sind – haben doch noch alle mehr oder weniger ...
Erste Wahrnehmung. Der Mensch, so wie er aus der Hand des Schöpfers kam und noch täglich kommt, ist in der That ein gut-artiges Geschöpf. Dieser, eben so wahre als menschenfreundliche Satz muß die Grundlage aller von dir zu erwerbenden Menschenkenntniß sein, ...
Achte Wahrnehmung. Alle Menschen haben ihre Launen, der Eine mehr, der Andere weniger. Dis will so viel sagen: man findet Keinen, der zu jeder Zeit und unter allen Umständen völlig einerlei Gemütsstimmung – einerlei Grad von Ruhe, Heiterkeit und Fröhlichkeit – einerlei Gesinnungen ...
Vierte Wahrnehmung. Die Menschen sind das, was sie sind, und thun das, was sie tun, es sei Gutes oder Böses, höchstselten aus Grundsätzen, höchstselten aus freier, auf eigene Ueberlegung gegründeten Wahl, sondern theils aus bloß natürlicher Körper- oder Geistesstimmung, welche sie ...
Fünfte Wahrnehmung. Die Menschen urtheilen nach ihren Vorstellungen, und handeln da, wo nichts sie hindert, nach ihren Urtheilen. Ihre Vorstellungen aber, mithin auch ihre Urtheile, Neigungen, Gewohnheiten und Handlungsweisen, hängen ursprünglich und größtentheils nicht von ihrer eigenen Wahl, sondern von den Lagen ...
Dritte Wahrnehmung. Alle Menschen wollen genießen, und bei weiten die Meisten wollen von dem, was ihnen Genuß ist, Andern nur gerade so viel abgeben, als sie entbehren können, und als sie hoffen, daß der Andere oder statt seiner ein Dritter, ihnen entweder in ...
Zweite Wahrnehmung. Es gibt unter den von Menschen und Umständen erzogenen und ausgebildeten Menschen, weder vollkommen gute noch vollkommen böse Menschen – weder Engel noch Teufel – sondern bei Jedem, ohne Ausnahme, findet sich, eine Vermischung von Licht und Schatten, von Wirklichkeit und Mangel ...
Neunte Wahrnehmung. Die Menschen aller Orten und aller Stände haben mancherlei Uebereinkünfte (Conventionen) in Ansehung des Aeußerlichen getroffen, über deren Beobachtung sie gemeiniglich strenger, als über die Befolgung der Sittengesetze halten. Dieses Uebereinkünftliche nennen wir die Sitten und den Wohlstand. Wer sie aus ...
Zehnte Wahrnehmung. Alle Menschen handeln mehr oder weniger nach Vorurtheilen, d.i., nach Meinungen, die man zu untersuchen entweder nicht Zeit und Lust, oder nicht Kraft und Gelegenheit genug gehabt hat, und die man also ohne hinreichenden Grund für wahr annimmt. Ganz ...
Sechste Wahrnehmung. Alle Menschen haben einen Hang zur Sinnlichkeit, d.i. eine ... ... ist eine der allgemeinsten und mächtigsten Triebfedern in der menschlichen Natur. Auch diese Wahrnehmung ist reich an Folgen, die eben so viele Verhaltungsregeln darbieten, die wir vor ...
Siebente Wahrnehmung. Alle Menschen haben Gefühl für Ehre und Schande, d.i., es gibt unter ihnen Keinen dem es völlig gleichgültig wäre, was Andere von ihm denken, von ihm reden, und wie sie sich gegen ihn benehmen; Keinen, der nicht lieber Aufmerksamkeit und ...
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