Vorrede

[3] Groß ist die Anzahl der bereits erschienenen Conversationslexika, und es dürfte vielleicht einen Augenblick befremden, den vorhandenen noch Eines hinzufügen zu wollen; allein der Lesezirkel, für welchen das vorliegende bestimmt ist, und die verschiedenen, dem weiblichen Geschlechte ausnahmsweise eigenen Ansprüche und Bedürfnisse mögen die Rechtfertigung dieser Arbeit übernehmen, wenn eine solche nöthig sein sollte.

Das weibliche Interesse allseitig in's Auge zu fassen, das Nützliche, Schöne, Wissenswerthe im Geiste der Frauen zu prüfen und anschaulich zu machen, es in einem leichtern, geschmackvollern Gewande einherschreiten zu lassen als bei andern lexikographischen Werken, eine Form zu wählen, welche den Richterinnen des Geschmackes genüge, ohne dabei der enrsten und würdigen Stellung etwas zu vergeben, die das Werk einzunehmen bestimmt ist, dies war die Aufgabe, die wir zu lösen gedachten.

Ob und wie weit wir uns diesem Ziele genähert haben, darüber mögen die Leserinnen, als unser richtender Areopag, selbst urtheilen, dahingegen sei hier die über die Ausführung selbst noch einiges näher bezeichnet: – Das[3] Grundgesetz der Religion ist die Liebe, das Forum der Liebe aber sind die Frauen und deßhalb die Religion vorzugsweise ihr Eigenthum und als solches betrachtet hier an die Spitze gestellt. Die Bearbeitung historischer Gegenstände wurde Männern anvertraut, die bei einer gediegenen Kenntniß des Stoffes auch einer romantischen Darstellung desselben fähig waren. Nicht eine ermüdende Aufzählung von Thatsachen und Zeitläuften, sondern ein lebendiges, rasch vorübergleitendes Gemälde, ein Rundbild, auf welchem das Wichtige in den Vorder-, das Minderwichtige in den Hintergrund tritt, sollte gegeben werden. Die Geographie, welche sich so selten der Gunst der Frauen zu erfreuen hat, legte ihr ernstes, steifes Gewand bei Seite, griff zu dem Wanderstabe und tritt als freundlicher Cicerone auf, um Alle, die sie begleiten wollen, in die gewerbreichen Städte und Gegenden unseres Erdtheils, an die Ufer des Amazonenstromes, in die Wüsten Afrika's und in die Länder des Orients zu führen, welche der erste menschliche Fuß betrat, wo die Sonne ihre Auferstehung feiert. Wo aber die Bewohner dieser Länder durch Eigenthümlichkeit des Charakters und der Sitten sich zu einem Volke gestalten, da finden die Leserinnen unter der Rubrik – Frauen eine getreue Charakteristik ihrer Mitschwestern, in physischer, moralischer und geselliger Beziehung.–

Mythologie und Musik vorzugsweise zu begünstigen, schien uns nothwendig. Gern weilt die weibliche[4] Phantasie in dem Lande der Räthsel und des Helldunkels, der Wunder und Sagen, gern überläßt sie sich dem Zauber der Töne und wählt sie oft als treue Begleiterinnen in einem klanglosen Leben.

Bei der Auswahl der Biographien mußten der Bestimmung des Werkes nach die weiblichen den Vorzug haben. Frauen aller Zeiten und aller Nationen, gefeiert wegen ihrer Schönheit oder glänzenden Eigenschaften, wegen ihrer Tugenden oder ihrer Kenntnisse, Fürstinnen, Künstlerinnen, Schriftstellerinnen, Heilige etc. Allen denen, welche sich über den gewöhnlichen Wirkungskreis zu erheben wußten, sei ein Denkmal für die Mit- und Nachwelt errichtet. Unter den Männern wird man nur welthistorische Namen finden oder solche, die durch ihr Handeln und Wirken die Interessen des Geschlechtes näher berührten, für welche dieses Werk bestimmt ist.

Den zahlreichen Fächern der Kunst und Wissenschaft, je nachdem sie sich der weiblichen Sphäre mehr oder weniger nähern, ward ein minderer oder größerer Raum gestattet. Der weiblichen Diätetik, so wie der Botanik, letzterer in Bezug auf das Nützliche und Angenehme, schenkten wir vorzugsweise unsere Aufmerksamkeit; was dem praktischen Leben so nahe steht, dazu durften die Mittel, sich zu belehren , nicht fern liegen. Von der Kochkunst wurde nur das Fremdartige, Ungewöhnliche erwähnt, da ein Kochbuch ohnedies in keinem Haushalte fehlt. – Weibliche Technik, Toilettenkunde,[5] Gegenstände des Luxus und der Mode, so wie eine Menge mehr untergeordneter Branchen, die wir nicht speciel aufführen wollen, fanden ihrem Werthe oder dem Interesse nach, welches die Frauen an denselben zu nehmen gewöhnt sind, schuldige Berücksichtigung, und indem wir bei der Abschaffung des Ganzen auf die wohlwollende Nachsicht der Damen bauen, übergeben wir Ihnen das Buch mit dem Wunsche, dasselbe als eine Huldigung anzunehmen, die Ihren Anforderungen entsprechen und Ihres Beifalls sich erfreuen möchte.

Leipzig, im August 1834.

Die Redaction.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 1. Leipzig 1834, S. III3-VI6.
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