Clifford, William Kingdon

[96] Clifford, William Kingdon, 1845-1879, Mathematiker und Philosoph.

Cl. ist Evolutionist und idealistischer Positivist (ähnlich wie Mach u. a.). Das Physische, Materielle ist ihm Erscheinung eines Psychischen. Die Dinge bestehen an sich aus psychischen Atomen. Aus diesem »Seelenstoff« (mind-stuff) setzen sich die Empfindungen zusammen. »Ein bewegtes Teilchen[96] der Materie besitzt weder Seele noch Bewußtsein; aber es nennt ein kleines Stückchen Seelenstoff sein eigen.« Erst in der komplizierten Verbindung zu organischer Substanz, zum Nervensystem bilden die psychischen Elemente das eigentliche Seelische (Gefühl usw.) und ein Bewußtsein. Die aus Seelenstoff zusammengesetzten Empfindungen (feelings) existieren objektiv, als das »Ding an sich« der Materie. Sie bedürfen keines Trägers, sind selbständig. Die Physik hat es mit »wirklichen oder möglichen Empfindungen« zu tun. Unsere Vorstellungen sind unvollkommene Repräsentationen derselben, ihnen aber ähnlich. Ein »Objekt« ist nur eine Gruppe von Empfindungen, von Veränderungen in meinem Bewußtsein. Die Empfindungen anderer Subjekte kann ich nicht zum Objekt meiner Wahrnehmung machen, ich folgere sie aber und projiziere: sie aus mir heraus als »Ejekte«, von denen eben ein Teil unpersönlich, an sich existiert.

SCHRIFTEN: Seeing and Thinking, 1879. – Lectures and Essays, 1879, 2. ed. 1886 (darunter: »On the Nature of Things in themselves«; deutsch 1903). – The Common Sense of the Exact Sciences, 1885. – Über d. Ziele u. Werkzeuge des wissensch. Denkens, 1896. – The Ethics of Belief, deutsch: Wahrhaftigkeit, 1909.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 96-97.
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