Dorner, August

[134] Dorner, August, geb. 1846 in Schiltach, Prof. in Königsberg.

D. ist besonders von Kant und Schleiermacher beeinflußt. Die Anschauungsformen, Raum und Zeit, sind nicht bloß subjektiv. Der Raum ist ein reales, aber unwirksames Ingrediens der Welt. Ebenso haben die Kategorien (Kausalität usw.) objektive Geltung, sie weisen ins Transzendente, Metaphysische hinaus. »Daß unser Denken gezwungen ist, Kategorien zu bilden, die über das bloße Denken hinausgreifen, beweist uns..., daß es intelligible Realitäten gibt, die die Vernunft beeinflussen, Kategorien zu bilden, mit denen sie sich diese Realitäten vergegenwärtigt.« An sich existieren Substanzen, die miteinander in Wechselwirkung stellen, deren Erzeugnis der Raum ist. Leib und Seele sind numerisch verschieden und stehen in Wechselwirkung.

Gott ist absoluter, selbstbewußter Geist, über die Welt erhaben und ihr zugleich immanent, Einheit von Vernunft und Wille; in Natur und Geschichte offenbart sich sein Wirken. Die geschichtliche Entwicklung ist teleologisch von Ideen. Normen, vom Sollen beherrscht. Der Mechanismus ist ein Werkzeug des Geistes, soweit er ihn nicht hemmt. Die Religion beruht auf dem Einheitsbedürfnis, welches den Gegensatz zwischen Geist und Natur überwinden will. Der Mensch kann seine Abhängigkeit von der Welt nur überwinden, wenn es eine Macht gibt, die der Naturobjekte mächtig ist. Die Religion ist so »die Beziehung zu einer dem Ich übergeordneten transzendenten Sphäre«. Für die Geistesreligion der Gottmenschheit ist Gott dem Menschen als Geist immanent und zugleich der alle Seelen überragende absolute Geist. Die Ethik ist keine normative Wissenschaft. Sie zerfällt in Pflichten-, Tugend- und Güterlehre und betont die Rationalisierung und Harmonisierung der Natur durch das menschliche Handeln im geschichtlichen Prozesse. Das ethische Ideal ist das Reich der Persönlichkeiten.

SCHRIFTEN: Über d. Prinzipien d. Kantschen Ethik, 1875. – Das menschliche Erkennen, 1887. – Das menschliche Handeln, 1895. – Zur Geschichte d. sittlichen Denkens u. Lebens, 1901. – Religionsphilosophie, 1903. – Individuelle und soziale Ethik, 1906. – Enzyklopädie der Philosophie, 1910, u. a.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 134.
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