Herbert von Cherbury

[260] Herbert von Cherbury, geb. 1581 in Nordwales (Montgomerycastle), studierte in Oxford, führte ein unstetes Leben, trat in den politischen Kämpfen auf die Seite des Parlaments, gest. 1648 in London. Er schrieb u. a. auch eine Autobiographie, hrsg. 1764, 1886.

H, ist der Begründer des englischen Deismus, des Standpunktes der »Naturreligion«. Er gründet die letztere auf den »consensus gentium«, die Übereinstimmung der Menschen, die auf den Besitz allgemeiner Begriffe, »communes notitiae« hinweist, in welchen sich die Grundwahrheiten darstellen. Diese Begriffe sind Bedingungen der Erfahrung, also eine Art A priori. Es gibt einen »instinctus naturalis«, dem allgemeine, übereinstimmende Begriffe entspringen. Der »Naturinstinkt« ist die erste der seelischen Fähigkeiten; sie entfaltet sich allmählich nach den Objekten hin und hat eine antizipatorische Funktion. Die »notitiae communes« liegen in jedem normalen Menschen, von der Natur uns eingepflanzt (»restat, ut in nobis a natura describantur et ut, ista lege, explicentur.... notitiae communes«). Es gibt vier Arten der Wahrheit: 1) »veritas rei« als Übereinstimmung des Dinges mit sich selbst, 2) »veritas apparentiae«, Übereinstimmung der Erscheinung mit dem Ding, 3) »veritas conceptus«, Richtigkeit der Auffassung, 4) »veritas intellectus«, logische Richtigkeit. Zu den allgemeinen Wahrheiten gehören auch die sittlichen Grundsätze und endlich die religiösen Grundwahrheiten, die durch Aberglauben, Priestertrug usw. vielfach entstellt sind. Die natürliche Religion ist in der menschlichen Vernunft gegründet und hat fünf Grundwahrheiten: 1. Existenz eines höchsten Wesens. 2. Verehrung desselben. 3. Tugend und Frömmigkeit sind der wichtigste Bestandteil des Kultus. 4. Forderung der Reue über Vergehungen. 5. Lohn und Strafe im Jenseits. Gott hat sich auch im Universum offenbart: alle Offenbarung hat ihr Kriterium darin, daß sie auf Wahrheit und Sittlichkeit Bezug hat.

SCHRIFTEN: Tractatus de veritate. 1624, 1633. – De causis errorum, 1645, 1656. – De religione gentilium errorumque apud eos causis, 1663, u. a. – Vgl. CH. DE. RÉMUSAT, Lord H., 1853. – GÜTTLER, Lord H. v. Ch., 1897.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 260.
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