Leclair, Anton v.

[391] Leclair, Anton v., geb. 1848 in Verona, Schulrat, einer. Gymnasialprofessor in Wien.

L. vertritt den Standpunkt des erkenntnistheoretischen Monismus (Idealismus) und gehört zu den »Immanenzphilosophen«. Denken und Sein sind keine absoluten Gegensätze, sondern Korrelate, zwei Ausdrücke für dasselbe Gegebene. Denken ist »das Haben der Bewußtseinsdata unter Gesichtspunkten der Tätigkeit«, Sein ist der »Bewußtseinsinhalt, an dem wir uns überhaupt erst einer Tätigkeit bewußt werden«. »Sein« ist nur der »höchste Gattungsbegriff alles desjenigen, was Bewußtseinsdatum ist oder sein kann«. Denken ist stets »Denken eines Sein«, Sein stets »gedachtes Sein«. Aber es gibt verschiedene Arten dieses Seins und somit verschiedene »Wirklichkeitsgrade«. Die psychischen Tatsachen verlaufen nur zeitlich und zeigen uns die Zustände und Veränderungen unseres Bewußtseins in ihrer unmittelbaren Wirklichkeit. Vorstellungs-Akt und Vorstellungs-Inhalt sind zu unterscheiden. – Die Logik beschäftigt sich mit den »Normalgesetzen des Denkens«. »Richtigkeit« ist eine formale Eigenschaft des Denkens, »Wahrheit« (und Evidenz) eine materiale Eigenschaft des Denkproduktes. Die obersten Relationsbegriffe (Gleichheit, Ähnlichkeit, Kraft, Ursache, Einheit u. a.) sind Begriffe, die nur die Denktätigkeit selbst zum Inhalt haben; die Funktion dieser Begriffe ist dem denkenden Geiste eingeboren.

SCHRIFTEN: Kritische Beiträge zur Kategorienlehre Kants, 1877. – Der Realismus der modernen Naturwissenschaft im Lichte der von Berkeley und Kant angebahnten Erkenntniskritik, 1879. – Beiträge zu einer monistischen Erkenntnistheorie, 1882. – Lehrbuch der allgemeinen Logik, 1894; 3. A. 1903 (mit G. A. Lindner).

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 391.
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