Orphiker

[519] Orphiker: Religiös-philosophische Dichter, die ihren Namen von Orpheus, der Sage nach der Stifter des thrakischen Dionysos-Dienstes, haben. Dem Orpheus selbst wurden durch Onomakritos (unter den Pisistratiden, 6. Jahrh.) u. a. kosmogonische Dichtungen untergeschoben. Diese Dichtungen stammen aber meist aus späterer Zeit, mögen sie auch zum Teil Elemente älterer Anschauungen enthalten. Die Orphiker hatten Mysterien und Kultvereinigungen, in welchen Dionysos zugleich als lebensbejahender Naturgott und als mit Hades, dem Todesgott identisch galt, so daß in die heitere Weltanschauung der Griechen düstere Elemente hineinkommen, worauf besonders Burckhardt, Rhode und Nietzsche aufmerksam gemacht haben. In den allegorisch-mystischen Betrachtungen der Orphiker sind von Bedeutung die Bilder des Mantels (Weltmantel), des Netzes u. a., welche die Weltschöpfung symbolisieren. Als Urwesen gelten die Nacht (nyx) und der Himmel (ouranos), auch die Zeit und das Chaos.

Vgl. Orphica, hrsg. von G. Hermann, 1805, E. Abel, 1885; deutsch von Voß, 1806. – LOBECK, De carminibus Orphicis, 1824; Aglaophamus, 1829. – O. KERN, De Orphei. Epimenidis, Pherecydis theogoniis quaestiones, 1888. – E. ROHDE, Psyche, 3. A.. 1903.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 519.
Lizenz:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika