Royce, Josiah

[614] Royce, Josiah, geb. 1855, Prof. in der Harvard-Universität, Cambridge (Ver. Staat.).

R. lehrt einen objektiven Idealismus und logischen Voluntarismus, den er als »absoluten Pragmatismus« bezeichnet. Letzterem zufolge hat der Pragmatismus (Instrumentalismus) darin Recht, daß unsere Begriffe Kontrolmittel der Erfahrung sind, aber Wahrheit läßt sich nicht bloß in Ausdrücken persönlicher Erfahrung unseres Erfolges bei dieser Kontrolle definieren. Die Wahrheit ist »instrumental«, sofern sie ein Mittel zur Erreichung des Zieles[614] alles menschlichen Wollens ist. Alle Logik ist Logik des Willens (»logic of the will«); es gibt keinen reinen Verstand, Denken ist eine Art des Handelns (»a mode of action«) und eine Idee ist ein »plan of action«. Jede empirische Wahrheit ist relativ, unterliegt aber Bedingungen, welche selbst absolut sind (Kategorien). Der Erkenntniswille ist derselbe in uns allen, ist überindividuell; es gibt eine Wahrheit, welche unser individuelles Leben transzendiert. Wir wollen das Ewige, haben das Ziel, unser Ich absoluten Maßstäben gemäß zu gestalten. Die absoluten Wahrheiten sind denknotwendig. Die reine Form des Willens (»pure form of willing«) erhält sich allen Bemühungen gegenüber, ihre Gesetze zu verletzen (»voluntaristic truth«). Die Wirklichkeit ist (als »geordnete Reihe«) ein Reich der Wertung der Werte (»a realm of appreciation of values«), die Verkörperung unseres Willens (»our whole will embodied«). Das Außenweltsbewußtsein hat einen sozialen Faktor.

Nach der idealistischen (spiritualistischen) Metaphysik R.s ist die absolute Wirklichkeit die absolute Erfahrung eines absoluten, selbstbewußten, persönlichen Geistes, in welchem alle Individuen eingeschlossen sind. Das Sein ist individuelles Leben, welches Ideen verwirklicht (»a life of experience fulfilling ideas in an absolutely final form«). Dieses zeitlich verfließende Leben ist als Ganzes die Ewigkeit. Die menschliche Willensfreiheit ist in der Freiheit des Absoluten verankert. Das All ist eine sittliche Weltordnung, in welcher das Übel keine wahre, endgültige Wirklichkeit hat, sondern überwunden ist. Die Sittlichkeit besteht in der freien, aktiven Hingabe (»loyalty«) an eine Sache, auch an eine Gemeinschaft. Der kategorische Imperativ heischt Festhalten und Steigerung der sittlichen Hingabe (»Be loyal to loyalty«).

SCHRIFTEN: Religious Aspect of Philosophy, 1885. – The Spirit of Modern Philosophy, 1892. – The Conception of Good, 1897. – Studios of Good and Evil, 1898. – The Conception of Immortality, 1900. – The World and the Individual, 1900 f. (Hauptwerk). – Outlines of Psychology, 1902. – H. Spencer, 1904. – The Philosophy of Loyalty, 1908. – Bericht über den III. int. Kongreß f. Philos., 1909. Mind and Reality, Mind VII, 1882. – The External World and the Social Consciousness, u. a. Abhandlungen.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 614-615.
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