Stirner, Max

[718] Stirner, Max (Pseudonym für Caspar Schmidt), geb. 25. November 1806 in Baireuth, Gymnasiallehrer, dann Lehrer an einer Töchterschule in Berlin, wo er am 26. Juni 1856 im Elend starb.

S. ist besonders von Fichte und Feuerbach beeinflußt und ein Gegner alles Universalismus und Objektivismus, ein Vertreter des radikalsten Individualismus, dem selbst Feuerbachs »Menschheit«, »der Mensch« etwas Imaginäres, Unendliches ist. Alles Allgemeine, Abstrakte, Ideenhafte, Ideale ist nichtig, ein bloßes Gespenst, eine vom Ich gesetzte Macht, vor der es sich beugt, obwohl alle allgemeinen Wesenheiten. Werte und Zwecke nur seine Geschöpfe sind. Einzig real ist nur das Ich, das Individuum überhaupt und Wert hat etwas nur, sofern es dem Ich dient, zu seiner Befriedigung beiträgt. Ich bin der »Einzige« und alles, worauf ich Anspruch mache, ist mein »Eigentum«, ist für mich da. Gott, Menschheit, Gesellschaft, Gesamtwohl, Wahrheit usw. – das alles ist nicht meine Sache. »Das Göttliche ist Gottes Sache, das Menschliche Sache des Menschen. Meine Sache ist weder das Göttliche noch das Menschliche, ist nicht das Wahre, Gute, Rechte, Freie usw., sondern allein das Meinige... Mir geht nichts über mich.« Ich bin das Absolute, der Vollkommene, der Einzige; auf mich allein, den Vergänglichen, den »sterblichen Schöpfer seiner, der sich selbst verzehrt«, also auf das Nichts stelle ich meine Sache. Die Welt ist mein Geschöpf, ist ein Spuk wie alles, was ich nicht an erkenne, wie z.B. der Staat und seine Sittlichkeit, das Wohl der Gesellschaft u. dgl. Keine äußere Norm soll gelten, nur als »Verein von Egoisten« ist die Gesellschaft anzuerkennen und nur soweit, als sie dem Ich genehm sind, Sittlichkeit, Altruismus, Menschenliebe (Egoismus als Grundlage der Moral). Alles ist mir nur Material, das ich verbrauche, auch die Wahrheit dient mir, ist an sich nichts, wertlos. Das freie Ich, welches die Welt als sein Eigentum erkannt hat, tut nichts aus Gesetzeszwang, sondern aus dem Verlangen seines Grundwillens heraus (»Anarchismus«).

Auf S., der lange Zeit in Vergessenheit geraten war, hat erst E. v. Hartmann aufmerksam gemacht und andere, wie besonders Mackay, haben auf die Verwandtschaft Nietzsches mit S. (die aber nur in geringem Maße besteht) hingewiesen.

Schriften: Der Einzige und sein Eigentum, 1845; 3. A. 1900; auch in der Universalbibl. – Geschichte der Reaktion, 1852. – Kleine Schriften, hrsg. von J. H. Mackay, 1898. – Vgl. J. H. MACKAY, M. St., 1838. – RUEST, St., 1906. – M. MESSER, M. St., 1907.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 718-719.
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