Tröltsch, Ernst

[767] Tröltsch, Ernst, geb. 1865 in Augsburg, Prof. der Theologie in Heidelberg.

T. ist von Kant und den nach Kantschen Idealisten beeinflußt. Das religiöse Leben ist nach ihm psychologisch und kritisch, erkenntnistheoretisch zu betrachten (Berücksichtigung des religiösen A priori) und seinem vollen Gehalte nach zu würdigen. Auch geschichtsphilosophisch ist die Religion zu untersuchen. Nur in den historischen Religionen pulsiert die produktive Kraft der Religion. Das Christentum, welches Immanenz und Transzendenz vereinigt und Mythus und Symbol zu trennen weiß, ist die höchste Religionsstufe. In seiner Auffassung der Geschichte zeigt T. mit Eucken Verwandtschaft, mit[767] dem er die Selbständigkeit des Geisteslebens betont. Das Ziel der Geschichtswissenschaft ist das Verständnis der großen Kreise menschlicher Gesittung. Das Wesentliche ist hier, methodisch, die Darstellung des Individuellen und Besonderen, das eine »aus den transzendenten Tiefen der Geschichte auftauchende Neuschöpfung« ist. In diesen individuellen Bildungen treten »Werte von gemeinsamer Grundrichtung« auf, wobei aber der absolute, wandellose Wert im Jenseits der Geschichte liegt. Gemeinsame Zielrichtungen geben der historischen Betrachtung feste Maßstäbe; der höchste Maßstab liegt aber in einem transzendenten Ziele. »Überall hebt sich der übersinnliche und überweltliche Zweckuntergrund des Lebens an das Licht und eröffnet den Kampf gegen das bloß vorgefundene natürliche Leben« (vgl. Eucken).

Schriften: Geschichte und Metaphysik, 1888. – Die wissenschaftliche Lage und ihre Anforderungen an die Theologie, 1900. – Die Absolutheit des Christentums u. die Religionsgeschichte, 1902. – Das Historische in Kants Religionsphilos., 1904, – Politische Ethik u. Christentum, 1904. – Psychol. u. Erkenntnistheorie in d. Religionswissenschaft, 1905. – Die Bedeutung der Geschichte in: Moderne Philosophie, hrsg. von Frischeisen-Köhler, 1907. – Religionsphilosophie in: Die Philos. zu Beginn des 20. Jahrh. I, 1904.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 767-768.
Lizenz:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika