Vischer, Friedrich Theodor

[789] Vischer, Friedrich Theodor, geb. 1807 in Ludwigsburg, studierte in Tübingen, 1837 a. o., 1844 o. Prof. daselbst, 1855 in Zürich, seit 1866 wieder in Tübingen und (im Sommer) in Stuttgart, gest. 1887.

V. ist besonders von Hegel beeinflußt, über den er aber später hinausging. Die absolute »Idee« verwirklicht sich nach V. in Raum und Zeit. Die Natur ist der Boden, woraus der Geist aufsteigt. Im Schönen ist »verborgene Philosophie«, es ist »die Idee in der Form begrenzter Erscheinung«, ein sinnlich Einzelnes als Ausdruck der Idee. Die Kunst ist die subjektiv-objektive Wirklichkeit des Schönen. Das Schöne im Widerstreit seiner Momente ist das Komische. Tragisch wird das einzelne Schöne, wenn es mit dem Absoluten dadurch in Konflikt gerät, daß es nicht durch Selbstaufopferung, sondern durch Selbstsucht mit ihm eins werden will. Das wahrhaft Erhabene ist das Tragische, »das Bild des Verschwindens jeder endlichen Größe vor dem unendlichen Geiste, das Bild davon, wie kein Mensch schuldlos bleibt, wie ihn das Schicksal an dieser Schuld packt und ihm dafür Leiden bereitet, wie jede menschliche Größe vor der Majestät des Allgeistes verschwindet« (Das Schöne und die Kunst, S. 180). V. unterscheidet objektive Kunst (die bildende), subjektive (Musik), und subjektiv-objektive (Dichtkunst). In seiner nachgelassenen Schrift[789] bestimmt er das Schöne mehr empirisch-psychologisch als »ausdrucksvolle Form, formgewordener Ausdruck, Einheit von Ausdruck und Harmonie«, und betont das unbewußte »Einfühlen« (»Leihen«, »Unterlegen«).

Schriften: Über das Erhabene und Komische, 1837. – Kritische Gänge, 1844 ff., 1861 ff. – Ästhetik, 1846-58. – Über das Verhältnis von Inhalt und Form in der Kunst, 1858. – Auch Einer, 1879 (Roman). – Mode und Cynismus, 3. A. 1888. – Altes und Neues, 1889. – Vorträge für das deutsche Volk; hrsg. von seinem Sohne R. Vischer: I. Das Schöne und die Kunst, 1897; II. Shakespearevorträge, 1899 f., u.a. – Vgl. E. V. GÜNTHERT, F. Th. V., 1889. – M. DIEZ, F. V., 1889. – TH. ZIEGLER, F. Th. V., 1893. – F. REICH, Die Kulturphilosophie V.s, 1907.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 789-790.
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