Die Schlacht bei Tinchebrai.

28. September 1106.

[417] Diese Schlacht zwischen König Heinrich I. von England und seinem Bruder Robert von der Normandie bedarf deshalb der Erwähnung, weil eine unrichtige Auslegung der Quellen die Ansicht hat entstehen lassen, als ob auf beiden Seiten die Ritter zum Gefecht abgesessen wären. Das wäre in jener Zeit ein so auffälliger Vorgang, daß er die größte Aufmerksamkeit verdiente. Eine eingehende Spezial-Untersuchung von Drummond422 hat jedoch keinen Zweifel belassen, daß es sich um nichts als um eine »ganz normale Schlacht des 12. Jahrhunderts handelt«. König Heinrich hatte, da er eine Burg belagerte, zu deren Entsatz Robert heranzog, auch Fußvolk bei sich. Dieses Fußvolk ließ er aber nicht direkt am Kampf teilnehmen, sondern hielt es hinter den Rittern in Reserve, offenbar um diesen bei etwaiger Flucht einen Halt und Kern für die Sammlung zu geben. Um den Fußknechten größere Festigkeit zu geben, war der König selber mit seinem Gefolge abgesessen bei ihnen geblieben. Seine Ritter siegten jedoch durch ihre Überzahl ohne diese Hilfe.[417] Die prima, secunda, tertia acies der Ritter brauchen nach den oben gemachten Ausführungen nicht durchaus als hintereinander stehende Haufen aufgefaßt zu werden.


Quelle:
Hans Delbrück: Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte. Berlin 1923, Teil 3, S. 417-418.
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