Wergeld

[1081] Wergeld, ahd. werigelt, zu ahd. ver = Mann, also eigentlich Manngeld, war im altgermanischen Recht die bestimmte, gegen Totschlag an die Blutsfreunde zu entrichtende Busse; dieselbe wurde als Befriedigung und Sühne für ein Verbrechen gegeben, und bezeichnete den Wert, wozu jeder nach seinem Stande in dem Gemeinwesen geschätzt und versichert war; ursprünglich entsprach das Wergeld dem Wert der Hufe. Die Forderung des Wergeldes ging von den Blutsfreunden des Erschlagenen aus, die jenes auch unter sich verteilten, und ebenso waren die Blutsfreunde des Thäters genötigt, zu dem geforderten Wergeld beizutragen oder es unter Umständen ganz zu zahlen. Wilda unterscheidet, Strafrecht der Germanen, S. 371, folgende verschiedene Stufen in der Entwickelungsgeschichte des Wergeldes. 1) Es bildete sich und bestand neben dem ältesten auf Friedlosigkeit gegründeten Strafrecht und war weder Gegenstand der Gesetzgebung, noch der Rechtspflege. 2) Es wurde eine Rechtsinstitution, die dazu diente, die Familien, ohne notwendige Rücksicht[1081] auf den Thäter, lediglich um ihrer selbst willen zu versöhnen. 3) Es wurde der Familie zur Pflicht gemacht, zum Wergeld beizusteuern, damit der Schuldige selbst sich von weiteren Folgen seiner That befreien könne, ohne dass jener vorige Gesichtspunkt ganz erlosch. 4) Die Gesetze beschränkten diese Pflicht der Familien, bis sie dahin kamen, jede notwendige Beteiligung aufzuheben und den Grundsatz aufzustellen, es solle der Thäter allein für seine Schuld büssen, mit Ausschluss jeder subsidiären Haftung. Das Wergeld nahm nun ganz die Natur einer Strafe an; es war, nebst dem beim Totschlage zu zahlenden Friedensgelde, rein an die Stelle der den Schuldigen treffenden Friedlosigkeit getreten. 5) Es war dieses auch nicht etwa nur in Beziehung auf den Totschlag der Fall, sondern eine Menge anderer Missethaten sollten nach den gesetzlichen Bestimmungen mit dem Wergelde, und zwar bald des Verletzten, bald des Schuldigen gebüsst werden, ohne dass sich dafür, wenn man das eine oder andere gewählt hat, eine feste Regel auffinden lässt. Indem man dann dieses Wergeld auch vervielfachte und teilte, war es zu einem allgemeinen Busssatz geworden.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 1081-1082.
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