Anteros

[278] ANTĔROS, ótis, Gr. Ἀντέρως, ωτος, ( Tab. XII.) des Mars und der Venus Sohn, der seines Namens eigentlich der dritte ist, wie seine Mutter auch die dritte Venus. Cic. de N.D. p. 1199. Er heißt deutsch so viel, als die Gegenliebe; Gyrald. Synt. XIII. p. 410. und es wird gedichtet, daß Eros, oder der eigentliche Cupido, in seiner ersten Kindheit gar nicht wachsen und zunehmen wollen. Da nun Venus deshalber die Themis um Rath gefraget, so habe sie ihr anbefohlen, Sorge zu tragen, daß sie noch einen Sohn erhielte, und solcher Eros einen Anteros bekommen möge. Als solches geschehen, so habe Eros also fort völliger zu werden angefangen, seine Flügel ausgebreitet, und so oft, als Anteros zugegen gewesen, anmuthig und vergnügt gethan, so bald aber derselbe sich wieder entfernet, das Gegentheil erwiesen; Porphyr. ap. eumd. l. c. p. 411. weil doch die Liebe allemal vergnügter ist, wo sie ihre Gegenliebe findet. Nichts desto weniger bliebendoch beyde allezeit wie Kinder, und so findet man sie auch mit Köchern, Bogen und Pfeilen überall vorgestellet. Es pflegeten aber die Alten des Eros und Anteros Altäre gern zusammen zu setzen, dergleichen denn zu Elis zu sehen war. Pausan. Eliac. post. c. 23. Zu Athen sind gleichwohl des Eros Altar im Eingange der Akademie, des Anteros aber in der Stadt. Beyde sind deswegen gesetzet worden, weil einer, mit Namen Timagoras, den Meletes ganz ungemein liebete, der aber jenen nicht achtete, und ihm daher befahl, er sollte sich von einer Höhe hinab stürzen, welches er auch that. Indem aber der andere bedachte, was er angegeben hätte, so stürzete er sich jenem nach. Id. Attic. c. 30. Indessen meynen doch einige, daß solcher Anteros vielmehr ein Feind, als Freund des Eros sey, weil in dem einen Gymnasium in Elis ein Gemälde zu sehen gewesen, da jener diesem einen Palmzweig aus der Hand zu winden geschienen. Id. Eliac. post. c. 23. Man findet dergleichen[278] noch auf einem geschnittenen Steine. Beger. Thes. Brand. T. I. p. 35. 36. Allein, es kann auch die Deutung solches Bildes wohl diese gewesen seyn, daß Eros und Anteros ordentlicher Weise mit einander um den Vorzug streiten, und, wenn sie beyde sind, wie sie seyn sollen, keiner dem andern etwas nachgiebt, sondern die Gegenliebe allemal so stark ist, oder doch seyn soll, als die Liebe. Voss. Theol. gent. L. VIII. c. 9. p. 747. Man hat noch verschiedene andere allegorische Vorstellungen von ihm und seinen Brüdern auf den geschnittenen Steinen. Auf einem derselben zerreißt er und Eros einen Schmetterling, das Sinnbild der menschlichen Seele, und ein dritter Amor flieht auf einem Delphine davon, welcher die List und Geschwindigkeit anzeiget. Lipperts Dactyl. I Taus. 783. Auf einem andern stehen sie neben zweenen Hähnen, wovon der, welcher gesieget hat, stolz über seinen Sieg ist; und der bey ihm stehende Amor ist mit einem Diadem gekrönet, und hält den Palmzweig in der Hand. Der andere weinet, und der neben ihm befindliche Hahn senket den Kopf zur Erde. Zwischen ihnen steht auf einer Säule ein Gefäß, welches man den Kämpfern zu schenken pflegete. Ebendas. 821. Mehrer Vorstellungen zu geschweigen. S. Montfauc. Ant. expl. T. I. P. L. tab. ult.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 278-279.
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