Dictys [4]

[920] DICTYS, ùos, ein Kretenser, von Knossus, gieng, als Secretär, mit dem Idomeneus und Merion vor Troja, und zeichnete alles aufs genaueste auf, was daselbst von Tage zu Tage vorgieng. Weil der Krieg nun schon zum Theil angegangen war, ehe er dahin kam, so ließ er sich das, was vor ihm vorgegangen war, von dem Ulysses erzählen. Dictys lib. I. c. 13. Er bedienete sich dazu der punischen Sprache. Id. lib. V. c. ult. Nachher gieng er mit dem Idomeneus wieder mit nach Kreta. Id. lib. VI. c. 2. Von da wurde er wiederum, mit dem Ixäus und Lykophron, nach Delphis geschickt, das Orakel zu fragen, wie man die verderbliche Plage der Heuschrecken los werden sollte, welche die Insel Kreta befallen hatten, da denn nach erhaltener Antwort seine beyden Mitgesandten, ungeachtet aller Verwarnung derer zu Delphos, zur Unzeit wieder zurück giengen, allein auch von dem Jupiter mit dem Blitze unterwegens erschlagen wurden, wogegen er, durch sein Zurückbleiben, sein Leben errettete. Idem ibid. c. 2. Wie er aber dieses von sich selbst erzählet; also ist zwar wohl ohne Zweifel, daß das unter seinem Namen annoch vorhandene Werk von dem trojanischen Kriege und der Zurückkehr der Griechen aus demselben, in sechs Büchern, ein allerdings erdichtetes Werk ist: Fabric. Biblioth. Gr. L. I. c. 5. §. 8. & Perizon. de Dictye Cretensi & ejus Interprete, Septimio. Jedoch aber hindert auch nichts, zu glauben, daß ehemals wirklich ein Diktys gewesen, der dergleichen geschrieben, aus dem der noch vorhandene das Seinige wenigstens zum Theile habe entlehnen können.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 920.
Lizenz:
Faksimiles:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika