Dryope

[961] DRYŎPE, es, Gr. Δρυόπη, ης, des Dryops Tochter, hütete ihres Vaters Schafe an dem Berge Oeta, und wurde dabey insonderheit von den Hamadryaden sehr werth gehalten, und so wohl in Verehrung der Götter, als im Tanzen unterwiesen. Wie aber Apollo sich dieselbe auch gefallen ließ, und, da er ihr sonst nicht beykommen konnte, sich in eine Schildkröte verwandelte, welche die Dryope und die andern Nymphen unwissend nahmen, und damit spieleten, Dryope aber gar auf den Schooß setzete, so verwandelte sich dieselbe in eine Schlange, vor welcher die andern Nymphen flohen. Da nun Apollo solcher Gestalt die Dryope allein hatte, so nahm er seine rechte Gestalt wieder an, und erhielt, was er wollte. Sie begab sich darauf wieder zu ihrem Vater, sagte aber keinem etwas von dem, was ihr begegnet war, heurathete auch, als Jungfer, den Andrämon, und gebahr endlich von dem Apollo den Amphissus. Dieser erbauete dem Apollo hernach einen eignen Tempel, in welchen sich Dryope flüchtete. Allein, die Hamadryaden entführeten sie daraus, verbargen sie in einem Walde, und machten sie endlich unsterblich, wofür ihnen Amphissus auch ihren Tempel erbauete, in welchen aber [961] keine Frauensperson kommen durfte, weil es zwo Jungfern verrathen hatten, daß Dryope von den Nymphen entführet worden, wofür diese dieselben in Tannen verwandelten. Nicander ap. Anton. Liberal. c. 32. Indessen machen noch andere sie nicht nur zu des Eurytus Tochter, sondern wollen auch, daß sie einst mit ihrem von dem Andrämon erzeugten Sohne, den sie, weil er noch kein Jahr alt gewesen, auf den Armen getragen, an einen See gegangen, um den Nymphen, von den daselbst stehenden Myrten, Kränze zum Opfer zu bringen. Hier habe sie nun einen Lotosbaum mit dessen schönen Blüthen angetroffen, und von demselben ein Aestchen abgebrochen, um es ihrem Kinde zum Spielen zu geben. Es sey aber darauf nicht allein Blut aus dem beschädigten Baume geflossen, sondern es habe auch derselbe darüber ganz zu zittern angefangen. So bald sie solches ersehen, habe sie die Nymphen angebetet, und zurück gehen wollen, sey aber mit den Füßen hängen geblieben, und, ungeachtet sie sich bemühet, dieselben mit Gewalt fortzusetzen, so habe sie dennoch müssen stehen bleiben. Sie sey sodann von unten her zu einem Baume geworden; und als sie sich deshalber die Haare ausraufen wollen, so wären solche eben so, wie ihre Finger, in Zweige, und sie endlich selbst in einen Lotosbaum verwandelt worden; wobey sie von ihrem Vater, Manne und ihrer Schwester beweglichen Abschied genommen und inständig gebeten, Vorsorge zu tragen, daß weder Thier noch Mensch sie beschädigen möchte. Ovid. Metam. IX. v. 331. Noch andere machen sie zu des Eurypylus Tochter. Steph. Byz. ap. Th. Gale ad Liberal. l. c. Es soll aber der Lotosbaum, von welchem sie den Zweig brach, ehemals die Nymphe Lotis gewesen seyn. Ovid. l. c. v. 347.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 961-962.
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