Latóna

[1443] LATÓNA, æ, Gr. Λητὼ, όος, ( Tab. II.) des Cölus und der Phöbe, Hes. Theog. 404. Apollod. l. I. c. 2. §. 5. oder nach einigen auch, des Saturns, Homer. Hymn. in Apol. 62. oder des Polus Tochter. Hygin. Præf. p. 8. & Fab. 140. Sie gefiel, wegen ihrer Schönheit, dem Jupiter so wohl, daß er mit ihr den Apollo nnd die Diana zugleich zeugete. Juno verfolgete sie dagegen auf das heftigste, und schickete nicht nur den grausamen Drachen, Pytho, hinter ihr her, sondern verband auch die Erde durch einen Eid, ihr keine Stelle zu geben, welche die Sonne beschienen, wo sie gebähren könnte. Neptun ließ also die Insel Delos aus dem Wasser hervor kommen, und Mercur brachte die Latona auf Jupiters Befehl in dieselbe, da sie denn zuerst die Diana, und, durch deren Beyhülfe, hernach auch den Apollo unter einem Palmbaume gebahr. Indessen machten die Cureten mit ihren Waffen um sie herum einen Lärm, daß Juno nichts von dem, was vorgieng, merkete. Lucian. Dial. Deor. 19. Cf. Nat. Com. l. IX. c. VI. & Boccacc. l. IV. c. 18. Latona hatte sich auch vorher selbst in eine Wachtel verwandelt, damit sie sich solcher Gestalt vor ihr verborgen halten könnte. Schol. Callim. ad Hymn. in Apoll. v. 53. Außerdem waren nach einigen auch Mars und Iris bestellet, die alle Oerter abschrecketen, wo Latona hinkam, um daselbst nieder zu kommen. Callimach. Hymn. in Del. v. 61. sqq. Desgleichen reizete Juno den ungeheuren Riesen Tityus an, ihr zu Leibe zu gehen, da sie noch schwanger war: Jupiter aber erschlug ihn dafür mit dem Blitze. Hygin. Fab. 55. So verwandelte er auch einige Bauern in Lycien, welche sie auf ihrer Flucht aus Delos, wo Juno sie wieder aufgetrieben hatte nicht aus einem See wollten trinken lassen, auf ihr Bitten, insgesammt in Frosche. Ovid. Met. VI. v. 339. Man [1443] sieht diese Begebenheit noch auf einem geschnittenen Steine vorgestellet. Wilde. sel. gem. ant. gem. 86. Weil sich Niobe aus Hochmuthe ihr vorzog, so erschossen Apollo und Diana deren, Kinder. Hygin. Fab. 9. & Ovid. l. c. v. 165. Nach einer andern Erzählung war sie nur des Apollo Amme, den man für den Horus der Aegyptier ausgiebt. Herodot. Euterp. sect. 156. Daher sie mit derselben Buto einerley ist. Sieh Buto. Nach der Zeit wurde sie göttlich verehret, und hatte ihre Tempel in Lycien, in Delos, Spanhem. ad Callim. l. c. v. 326. zu Amphigenia, Steph. Byz. in Ἀμφιγένια. und anderweits mehr. In der Natur soll sie die Nacht bedeuten. Denn die Sonne kömmt aus der Nacht zum Vorscheine, und durch die Finsterniß wird der Mond glänzend. Damms Götterl 48 §. Ihren Namen soll sie von λήθειν, verborgen seyn, haben; entweder weil alles, ehe Sonne und Mond geschaffen, oder von ihr geboren worden, im Finstern verborgen gelegen, oder auch, da sie die Materie aller Dinge bedeutet, solche von unendlichen Zeiten verborgen gelegen, ehe sie Gott an das Licht gebracht hat. Platonici ap. Voss. Theol gent. l. II. c. 12. Sie soll als eine junge ansehnliche säugende Frau gebildet werden, mit einem Kinde auf dem Arme, und einem neben ihr an der Hand. Das auf dem Arme soll die Sonne bezeichnen, die von der Nacht den Sterblichen gebracht wird; und das Kind neben ihr ist der Mond, der mit der Nacht gleichsam gleichen Schritt hält. Damm a. angef O. 51 §.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 1443-1444.
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