Polymnia

[2049] POLYMNIA, æ, Gr. Πολυμνία, ας, ( Tab. X.) eine der neun Musen, welche auch Polyhymnia, Gr. Πολυύμνια, geschrieben wird. Horat. l. I. Od. 1. v. 33. & Ovid. Fast. V. v. 9. Man giebt vor, sie habe mit dem Oeagrus den Orpheus gezeuget. Schol. Apollon. I. 23. Sie hat den Namen von πολὺς, viel, und ὕμνος, Loblied; weil tugendhafte Leute durch viele Loblieder oder Gedichte gerühmet und unsterblich gemacht werden. Diod. Sic. l. IV. c. 7. p. 150. Cf. Phurnut. de N.D. c. 14. Andere wollen solchen Namen lieber von πολὺ und μνεία, Gedächtniß, herleiten, und schreiben ihn daher Polymnea, Gr. Πολύμνεια, Lucian. de. saltat. p. 800. T. I. & Desprezad Horat. l. c. da sie sodann das Wissen bemerken wird, welches man im Gedächtnisse besitzt, oder auch, daß das Gedächtniß denen insonderheit mit nöthig sey, welche sich dem Studieren widmen. Omeis Mythol. in Polymnia. Sie soll aber insonderheit eine Vorsteherinn und Erfinderinn der Leyer seyn. Schol. Apollon. ad l. III. v. 1. Daher wird auch ihr Kopf auf den Münzen des Musa durch eine Schildkröte bezeichnet, woraus die ersten Leyern gemacht worden. Auf der Gegenseite trägt sie solche in der linken, und das Plectrum in der rechten Hand, wobey sie den rechten Fuß etwas aufhebt, als ob sie damit den Tact hielte. Havercamp. Thes. Morell. T. I. p. 348. Man eignet ihr auch die Geometrie und die Grammatik zu. Linocer. de Musis c. 8. Allein, am besten wird ihr wohl die Historie zugeschrieben, weil solche insonderheit πολλῶν μνήμη, oder vieler Gedächtniß ist. Plutarch. Symposiac. IX. Quæst. 14. Jedoch wird ihr insgemein die Kunst durch Gebärden zu reden, und alles durch Stellungen, Bewegungen und Zeichen auszudrücken, beygelegt. Auson. Id. XX. 9. Nonn. Dionys. V. 124. Daher sie für die Erfinderinn der Mimen und Pantomimen angesehen wird. Cassiodor. variar. l. IV. ep. 51. Aus diesem Grunde vermuthlich [2049] hat sie denn auch der alte herkulanische Maler ohne das geringste andere Kenn zeichen, als mit den Worten: ΠΟΛΥΜΝΙΑ. ΜΥΘΟΥC. auf dem Gesimse, worauf sie steht, geschildert. Sie ist in der Stellung, als wenn sie den Zeigefinger der rechten Hand auf den Mund legen wollte, oder wenigstens mit solchem darauf wiese. Mit der rechten fasset sie ihr türkisblaues Oberkleid etwas, unter welchem sie einen grünen Rock trägt. Ihr Haupt ist mit einem Lorberzweige umgeben. Pitt. antiche d'Ercol. T. II. tav. 7. Eben so nimmt man auf dem alten Grabmaale beym Spon die dritte Person auf der zweyten Fläche dafür an, welche mit der linken Hand ihr Oberkleid vorn zusammen gefaßt, die rechte aber mit den drey vordersten Fingern ausgestreckt erhoben hat. Montfauc. ant. expl. T. I. P. I. p. 111. Da sie allen Gesängen die Harmonie geben soll: Antholog. l. I. c. 67. so könnte man diese Erhebung der Hand für ein Taktschlagen annehmen. Mit solcher ist sie auch unter den Bildsäulen der Königinn Christina vorgestellet, wobey sie ebenfalls mit der linken Hand ihr Oberkleid hält. Man will aberch, solches lieber für die Gebärdung eines Redners ansehen. Ihr Kopf ist dabey prächtig aufgesetzet und mit einem von Perlen umwundenen Diademe versehen. Maffei Racc. di stat. ant. tav. 117. p. 109. Sonst soll sie die neue Muse seyn, welche Numa die Schweigende (Tacita) genannt hat. Plutarch. in Num. p. 65. Havercamp. l. c. Sieh Musæ.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 2049-2050.
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