Theonoë [1]

[2339] THEONŎË, es, Thestors Tochter, wurde als eine Jungfer von den See räubern entführet, und dem Könige Ikarus, in Karien, verkaufet, der sie zu seiner Beyschläferinn nahm. Als Thestor solche suchen wollte, so gerieth er durch Schiffbruch ebenfalls nach Karien, woselbst er gefangen genommen und ins Gefängniß geleget wurde. Hierauf gieng Leucippe, der Theonoe Schwester, nach Delphen, und fragte den Apollo, wie sie ihren Vater und ihre Schwester wieder finden könnte. Das Orakel rieth ihr, sich als ein Priester des Apollo zu verkleiden, und sie also zu suchen. In dieser Verkleidung kam sie auch nach Karien, wo sich Theonoe dieses vermeynten Priesters Wesen so wohl gefallen ließ, daß sie etwas geheimers von ihm verlangete, als er ihr leisten konnte. Theonoe wurde darüber erbittert, und wollte ihn deshalber hinrichten lassen, wozu denn der alte Thestor, als ein Sklav, erwählet wurde. Dieser fieng aber an, sich zu beklagen, daß er seine beyden Töchter, Theonoe und Leucippe, verloren, und nun noch eine so schändliche That verrichten sollte. Er wollte sich daher lieber selbst mit dem gegebenen Schwerte hinrichten. Allein, so bald die verstellte Leucippe ihres Vaters Namen hörete, so drehete sie ihm das Schwert aus den Händen, und wollte damit Theonoen hinrichten. Doch sie erkannten hier bald einander, und Ikarus ließ ihn wohl beschenkt wieder nach Hause gehen. Hyg. Fab. 190.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 2339.
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