Iatrochemiker

[386] Iatrochemiker oder Chemiatriker, medicinische Schule, welche die organ. Erscheinungen im gesunden und kranken Körper, sowie die Heilwirkung der Arzneistoffe durch chem. Vorgänge erklärt. Mit einem weiter ausgeführten System in dieser Richtung trat zuerst Franz Sylvius im 17. Jahrh. auf, gestützt auf Helmonts Fermentationslehre. Nach ihm ist der ganze Lebensproceß nichts als ein Aufbrausen u. Gähren der Säfte, wobei Galle, Speichel und pancreatischer Saft die Hauptrolle spielen; bei richtiger Gährung bestehe Gesundheit, unrichtige bringe Schärfe, saure oder alcalische, und dadurch Krankheit. Diese Lehre wurde später durch die Fortschritte in der Chemie und das Auftreten der Jatromathematiker verdrängt, besonders durch Bohn, Friedr. Hoffmann und Boerhaave. Nachdem jedoch die neuere Chemie bei ihren ungeheuren Bereicherungen, besonders des organ. Theils, manche organ. Vorgänge aufklärte, hat diese Wissenschaft ihre hohe Bedeutung wie für die Naturwissenschaften überhaupt, so insbesondere für die Medicin wieder erlangt.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 386.
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