Mäßigung in der Kleidung.

[104] In dem Evangelio vom reichen Manne heißt es, daß er sich herrlich gekleidet habe. Aber er wird nicht darum gestraft, daß er sich herrlich[104] kleidete, sintemal viel Heilige und Könige vor Zeiten herrliche Kleider getragen haben, sondern daß sein Herz daran gehangen, solche gesucht und erwählt habe, alle seine Freude, Lust und Gefallen, und gleich seinen Abgott daran gehabt hat. Das zeiget an Christus mit dem Worte: täglich. Daraus man merket, daß er nicht dazu gezwungen oder Zufalls oder Amts halben oder seinem Nächsten zu dienste darinnen gewesen ist, sondern nur seine Lust damit gebüßet, und ihm selbst gelebt und gedienet hat. – Und so machen es gar viele, daß sie ihre Lust und Hoffarth büßen in schönen Kleidern, um sich damit vor andern brüsten und hervorthun können und darüber Gottes vergessen, auch wohl in Armuth und Nothdurft gerathen, und sich und die Ihrigen zu Schanden machen. Hernach klagen sie, und wissen nicht, wo es herkommen soll, wenn sie alles in Pracht und Ueppigkeit verschwendet haben. Du Narr, wenn du auch nicht den schönen Rock hast, den dein Nachbar hat, bist du darum geringer, wird dein Leib beßer, oder deine Seele schöner? Oder sieht dein Gott auf solchen Tand und Poßen[105] daß du ihm dadurch mehr gefallen wolltest. – Aber wo Christenthum ist, das fraget nicht nach herrlichen Kleidern, suchet und trachtet nach nichts, denn nach Gott allein, in dem es allein seinen Putz und Zierde findet. Aber wo das nicht, da fällt der Mensch darauf, klebt daran, sucht es und hat keine Ruhe, bis er es erlange, und wenn er es überkömmt, so hat er gleich seine Seligkeit darinnen, fraget nichts darnach, wie sein Herz mit Gott stehe, sondern nur ob sein Leib recht geschmücket und geputzet ist. Daraus folget nur die Sünde, daß er der Liebe gegen seinen Nächsten vergißt, so wie der reiche Mann, der den armen Lazarus vor seiner Thüre liegen ließ, und ihm gar keine Hülfe that. Darum, wie ihm Gott nicht gefällt, so geht ihm sein Nächster auch nicht zu Herzen. – Denn so der Arme etwas haben will, ach, heißt es da, ich habe selber nichts, aber zur Pracht und Ueppigkeit muß immer Rath werden. – Darum hüte dich, daß dir nicht geschehe, wie dem reichen Manne, und du Pein leidest in jener Flamme.

Quelle:
[Verfasser von Luthers Leben]: D. Martin Luthers Sittenbuch. Leipzig 1794, S. 104-106.
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