Gutes Beispiel.

[186] Ein guter Christ muß auch dahin sehen, daß er andern ein gutes Beispiel gebe, und andere[186] zur Nachfolge reize. Worte, Geberden, Mienen und Werke müssen so eingerichtet sein, daß niemand kein Aergernis daran nehme. Und nicht zu einer Zeit allein, sondern zu allen Zeiten, in Freude und Leid, im Leben und Tode, damit jederman die Frucht des Glaubens und des Christenthums an dir erkenne. Und es ist nicht zu sagen, wie strafbar diese sind, welche andern in ihrem Leben und Wandel ein Aergernis geben und zur Sünde reizen. Wehe dem Menschen, spricht Jesus, durch welchen Aergernis kommt; es wäre ihm besser, daß ihm etc. Diese Strafe würde noch weit gelinder sein, gegen die, welche er noch zu erwarten habe. Merke dir nur: so du sündigen willst, so sündige nur lieber allein, so hast du es doch nur auf deinen eigenen Hals. Aber so es andere sehen und nehmen ein böses Exempel daran, so hast du auch ihre Sünde zu tragen, der du sie durch dein Exempel dazu verführt hast. Denn die Exempel reizen gar stark, es sei zum guten oder zum bösen, wie auch das Sprüchwort sagt: Böse Gesellschaften verderben gute Sitten. Nimm dich daher wohl in Acht, daß du auch[187] mit der Zunge kein Aergernis giebest, und böse Worte, Flüche, Schwüre, Lügen u.s.w. brauchest. Denn andere lernen es von dir, welches du zu verantworten hast. Aber du mußt so leben und handeln, daß alle, die dich sehen, eine Furcht und Scheu vor dir gleich als vor einen untadelhaften Mann haben, der das Böse hasset, und sich zur Nachahmung reizen lassen.

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[Verfasser von Luthers Leben]: D. Martin Luthers Sittenbuch. Leipzig 1794, S. 186-188.
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