Unterricht der Unwissenden.

[183] Lehret und vermahnet euch selbst unter einander, sagt der Apostel. Damit machet er nun nicht das öffentliche Lehramt gemein allen Christen, welches an bestimmte Lehrer und Prediger ausgetheilt werden muß. Aber er will doch, daß wir uns unter einander selbst lehren und unterrichten sollen. Es braucht einer nicht auf den Markt hinzutreten und die Gassen zu durchlaufen, und dabei schreien und predigen. Du findest genug Gelegenheit in deinem Hause, unter den Deinigen, unter Gesellschaften und Besuchen, daß du immer von Gottes Wort reden, und die, welche demselben nicht vertrauen und folgen, vermahnen und Gottes Werke und Gebote vorstellen kannst. Nimm ein Exempel! Wenn die Deinigen hungert, kannst du sagen: Schmecket und sehet wie freundlich der Herr ist, er giebt euch Speise, und ist so gütig, und läßt die Erde hervorbringen allerlei Gewächse, daß wir uns davon nähren. So trauet nun auf Gott und nicht auf euch alleine, denn von ihm[183] kommt Segen. Wenn sie arbeiten wollen, kannst du sagen: Danket Gott, denn seine Allmacht ist es, die euch Kraft giebt. Wenn sie in Noth sind, kannst du sagen: Dieser Zeit Leiden ist nicht werth etc. Und so wollte ich dir des Tages tausend Zeiten angeben, wo du die Hausgenossen auf Gottes Wort leiten könntest. Und das können und sollen nicht nur Hausväter und Mütter thun, sondern auch Gesellen, Kameraden unter einander. Und nicht nur sollen wir so andere unterrichten in Gottes Wort, sondern auch in ihrem Berufswesen und Wandel, wo wir merken daß er fehlet, und nicht heimlich und verborgen thun mit unserer Weisheit und Klugheit, wie es manche gewohnt sind, die von ihrer Weisheit andern nichts wollen zukommen lassen.

Quelle:
[Verfasser von Luthers Leben]: D. Martin Luthers Sittenbuch. Leipzig 1794, S. 183-184.
Lizenz:
Kategorien: