Wichtigkeit derselben.

[267] Die Ehe ist der älteste Stand unter allen in der Welt, und ist wirkliche Ordnung des Schöpfers der noch täglich Männlein und Fläulein geboren werden läßt. Denn es ist keine schlechte Sache, vernünftige Creaturen zu erzeugen, und sie in aller Zucht und Erbarkeit zu erziehen, daß auch sie an dem großen Werke Gottes arbeiten und helfen sollen. Und ist mir nichts köstlichers auf Erden anzusehen, als wenn ein Vater und Mutter von ihren jungen Sprößlingen umgeben stehen, die sie zu allem guten anhalten, und in ihn eine nützliche und heilsame[267] Zukunft erblicken. Derohalben soll der Ehestand niemanden, der dazu tüchtig ist, verboten, sondern jederman frei und offen stehen, und solcher Stand nicht als ein stinkender und unreiner verdammt werden. Und es ist auch keine sonderliche Ehre, außer der Ehe zu leben, sintemal es eines der schönsten Werke ist, Kinder zu zeugen und zum guten in aller Furcht zu erziehen. Ja, sagen sie, es wäre gut ehelich zu werden, wie will ich mich aber ernähren? Das ist freilich das größte Hindernis der Ehen, das aller Hurerei Ursache ist. Allein es steckt auch oft Geiz und Zweifel an Gottes Güte und Wahrheit dahinter. Sie wollen faule, freßige Schlemmer sein, die nicht arbeiten dürfen. Darum wollen sie freyen, wenn sie recht reiche Weiber haben mögen. Wer aber christlich will ehelich sein, der muß sich nicht schämen, arm und verachtet zu sein. Er muß arbeiten und im Schweiße seines Angesichts sein Brod für Weib und Kind verdienen. Und ob er nicht ein Junker und Herr sein kann, so kann er doch ein Dienstknecht und Magd sein.

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[Verfasser von Luthers Leben]: D. Martin Luthers Sittenbuch. Leipzig 1794, S. 267-268.
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