Wochenbett der Männer.

[363] Es ist wol sehr natürlich, seine Verwunderung über die seltsame Gewohnheit so vieler Völker zu erkennen zu geben, die alle mit einander einig geworden zu seyn scheinen, in einer einzigen Sache zu rasen. Es ist dies der Unsinn der Ehemänner bei mehrern Völkerschaften, für ihre entbundenen Weiber in Wochen zu liegen.

Bayle sagt von den Tibareniern, einem Volke in Asien am schwarzen Meere, daß, sobald ihre Weiber von den Kindesnöthen befreiet[363] wären, sie sich in's Bett legten, sich krank stellten, und von ihnen alle Dienste annehmen, die man sonst den Wöchnerinnen leistet. Apollonius sagt, daß sie stöhnten, Binden um den Kopf legten, und sich von den Weibern die Speisen zurecht machen, und die Badewasser wärmen ließen. Hierher gehören die alten Corsen, von welchen Diodor aus Sicilien sagt, daß ihre Weiber, wenn sie gebohren haben, sogleich ausgehen, und die Männer sich in's Bett legen, um auszuruhen. Von den alten Spaniern sagt Strabo, daß die Weiber nachdem sie gebohren haben, ihre Männer in's Bett legen lassen, wo sie ihnen aufgewartet haben. Von ihnen leitet Colomies dieselbe Gewohnheit bei den ehemaligen Ein wohnern von Bearn her, deren Weiber gleich nach ihrer Entbindung wieder aufgestanden sind, wogegen sich der Mann in's Bett gelegt hat. Von den Tartarn hat Marx Pela in seiner Reisebeschreibung eben dasselbe gesagt, und in ganz Amerika, besonders in Canada, ist nichts gewöhnlicher, als diese Tollheit. Die Jesuiten in Neuspanien haben sie sogar in Californien [364] gefunden. Eben den Gebrauch haben auch einige Völker in Brasilien. Sobald eine Frau entbunden ist, geht sie geschwind hin, das Kind zu waschen, und ihr Mann legt sich unter einen Baum, oder in seine Hütte. Hier liegt er drei bis vier Tage, ohne sich im geringsten zu bemühen. Er stellt sich krank, beklagt sich, und seine Frau muß ihm unterdessen zu essen schaffen, und ihn bedienen. Er nimmt auch die Glückwünschungen von seinen Nachbarn an, welche sich um die Wette bemühen, ihm den Antheil zu beschreiben, den sie an seinen Leiden und Umständen nehmen.

Quelle:
[Anonym]: Sitten, Gebräuche und Narrheiten alter und neuer Zeit. Berlin 1806, S. 363-365.
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