Junge Mädchen bei Lustbarkeiten.

[15] »Der Wein und die Lustbarkeit macht des Hetzens Grund offenbar!« hat ein weiser Mann gesagt. Das ist ein wahres Wort, denn nie kann man mehr und richtiger erkennen, was in einem Menschen ist, als wenn man ihn auf einer Lustbarkeit sieht. Wenn Männer im Uebermaß Wein und andere berauschende Getränke zu sich genommen haben, tritt ihr inneres Wesen klar an den Tag. Wie Mädchen sich auf einer Lustbarkeit betragen, ist der Prüfstein auf ihren Charakter und ob sie wissen, was sich für ein ehrbares, christliches Mädchen dort schickt.

Wenn die Hörner und Geigen zum Tanz locken, wie oft kann man da statt der Aeußerungen reiner Freude aus einem Mädchenkreise lautes Kreischen und Lachen hören. Auffallende Bewegungen und allerlei dreiste Manieren sieht man an so mancher, die darauf berechnet sind, die jungen Leute, die da zum Tanz herumstehen, auf sich aufmerksam zu machen. Ach, wenn solch ein Mädchen doch nur einmal daran denken wollte, wie sie gerade das Gegenteil von dem erreicht, was sie vielleicht erstrebt. Auf sie aufmerksam werden nur die dreisten und wilden Burschen, die an dem aufgeregten Gebahren so eines Mädchens erkennen, daß es dazu geeignet ist, ihnen zum dreisten Spaß für ein paar Stunden zu dienen. Das Mädchen würde erschrecken, wenn es die Reden hörte, die solche Burschen über ein Mädchen führen. Sehr traurig ist es, wenn ein Mädchen auf diese Weise glaubt, recht viele Tänzer zu bekommen.

Quelle:
Bartz (Friedenau), Marie Luise: Willst genau du wissen, was sich schickt? Potsdam 1912, S. 15-16.
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