Arbeiten auf dem Forsthof

[93] Wenn ich mein Leben mit dem Leben anderer Kinder verglich, so sah ich schon früh, daß ich andere Pflichten, aber auch andere Freuden und Genüsse hatte als meine Gefährtinnen. Äußerlich und innerlich war ein großer Unterschied. Fast alle waren besser gekleidet als ich. Wenn die anderen die Schule und die Schularbeiten hinter sich hatten, so waren sie frei – mit Ausnahme der Leineweberkinder, die nach der Schulzeit spulen mußten – und konnten nach Herzenslust herumspielen. Sie brauchten nicht wie ich zu anderen Leuten, sie durften Kinder mit in ihr Heim bringen, sie bekamen gelegentlich kleine Geldgeschenke, die sie in Lakritzen oder Süßholz anlegten. Bei mir kam das nicht vor. Kinder durfte ich nur mit nach Hause bringen, wenn wir alle Gefäße voller Pflanzen hatten und viele Hände brauchten, die das Gesammelte in Papier legten. Zu dieser eigentümlichen Art »Kindergesellschaft« drängten sich meine Gefährtinnen, obgleich sie still sitzen und stundenlang unter der strengen Aufsicht des Vaters arbeiten mußten. Die Bewirtung fiel nur mager aus, denn sie bekamen nach der Arbeit eine Sirupsbemme von der Mutter. Was lockte sie? Vielleicht das Außergewöhnliche, was ihnen durch die Eltern und die ganze Umgebung geboten wurde, vielleicht aber auch mehr das Erzählertalent des Vaters. Um die Kinder willig zu machen, erzählte der Vater an solchen Tagen Märchen aus dem Tier- und Pflanzenleben, und er erzählte so spannend, so lebendig, daß wir jede Störung wie einen häßlichen Mißton empfanden, und doch mußte dann und wann neues[93] Arbeitsmaterial und Anweisungen gegeben werden. Wie gern hörte ich es, und wie stolz war ich, wenn die Kinder beim Nachhausegehen zu mir sagten: »O du, aber dei Vater kann scheen derzählen!«

Ich heimste das Lob ernsthaft ein.

Besuch, wie andere Leute ihn bekommen, hatten wir nicht, und für gewöhnlich war der Vater schweigsam, immer fleißig, ernst, und wenn er sprach, so bezog sich seine Rede auf unsere Arbeit, auf Wanderungen, die geplant wurden und auf Anweisungen, wie und was gesammelt werden mußte. Manchmal kamen soviel Menschen auf einmal, daß beide Stuben voll waren und daß nicht Sitzplätze genug da waren. Das geschah, wenn Professoren mit Studenten oder Schuldirektoren mit Seminaristen kamen. Professor Willkomm und Professor Rheum aus Tharandt kamen jedes Jahr. Auch aus Freiberg kamen die Bergstudenten mit ihren Lehrern. Die wollten sehen und hören, und beides wurde ihnen geboten. Was wurde alles herbeigetragen! Und der Vater stand mitten in der Schar und sprach weit über mein Verständnis hinaus, und alle lauschten, und ich sah Begeisterung und Bewunderung auf den lauschenden Gesichtern. Zuzeiten hatte mein Vater auch Schüler. Der Sohn des Apothekers, der wieder Apotheker werden wollte, kam und erhielt Unterricht. Ich hörte, wie der Vater den jungen Menschen aus Büchern unterrichtete, und ich sah, wie die Schmelztiegel und die Abdampfungsschalen, die Retorten und die Reagensgläser in Tätigkeit waren. Es kamen auch Hauslehrer von den umliegenden Rittergütern und wollten in Botanik unterrichtet werden. Dann und wann kam auch ein neugieriges[94] Kind und brachte eine Raupe oder einen Käfer. Das waren die Menschen, die bei uns aus und ein gingen. Meine Mutter bekam nie Besuch, auch sie ging ganz auf in den Interessen des Vaters. Was im Haushalt notwendig getan werden mußte, das tat sie, aber sprechen tat sie nicht darüber. Sie hatte ja auch niemanden, der ihr zugehört hätte. Ich führte früh ein Doppelleben. Im Hause war ich nur zu brauchen, wenn ich täglich stundenlang half. Arbeit gab es immer, und ich seufzte oft im stillen und wunderte mich, daß es bei uns nie ein Fertigsein gab. Auf Schule und Schularbeiten wurde wenig Rücksicht genommen. Während der Arbeit wurde ich darüber examiniert, was ich gerade unter den Händen hatte. Es waren immer Arbeiten, die große Geduld erforderten. Ich mußte mit Hilfe einer seinen Pinzette den toten Käfern die Beinchen und die Fühlhörner hervorpuhlen, so daß sie wieder aussahen, als seien sie lebendig, dann mußte ich ihnen eine winzige, gedruckte Nummer mit auf den Weg geben. Für die fertiggestellten Pflanzen mußte ich die gedruckten Etiketten aussuchen, und wenn der Vater begutachtet hatte, daß ich richtig etikettiert hatte, mußte ich sie aufkleben. Das war eine Arbeit, die ich mit viel Angst ausführte, denn sie beanspruchte genaue Kenntnis der Pflanzen; wehe, wenn ich mich geirrt hatte! Nach einem Irrtum gab's stets ein peinliches Examen. Aus den verschiedensten Paketen nahm der Vater Pflanzen und fragte nach dem lateinischen und deutschen Namen, nach Klasse und Ordnung, nach Fundort und Blütezeit. Ganz besonders viel wurde ich im Sommer mit Ein- und Umlegen von Pflanzen beschäftigt. Wie mühsam[95] war das Einlegen, wenn die Pflanzen, die oft stundenweit in der Hitze getragen waren, schon verwelkt ins Haus kamen. Manche hatten noch die Eigenschaft an sich, daß ihre seinen, gefiederten Blätter klebrig waren, wie z. B. die eine Süßholzart: Glycerina glabra.

Wie lange saß ich da oft an einer einzigen Pflanze. Ich beschwerte die einzelnen Zweige mit rechteckigen Eisenstückchen, bis ich der ganzen Pflanze die Form gab, die sie im frischen Zustand hatte. Wenn sie am nächsten Tage aus der ersten Presse kamen und sie trugen Spuren oberflächlichen Einlegens, so nahm der Vater die betreffende Pflanze, riß sie mitten durch und warf sie mir zornig vor die Füße.

»Untersteh dich und bring mir solche schlampige Arbeit unter die Augen,« rief er entrüstet. O, wie ich unter seinen Worten zitterte, was für Angst ich hatte, wie ich mich nach solchem Zornausbruch bemühte, die Pflanzen gut einzulegen! Diese Strenge ließ keine Vertraulichkeit meinerseits aufkommen. Ich konnte ihn bewundern, ich konnte stolz auf ihn sein, aber ich konnte mich nicht unbefangen hingeben. Meine kindlichen Angelegenheiten waren seiner Beachtung nicht wichtig genug, ich wagte mich ihm gegenüber gar nicht damit hervor.

Der Vater übergab mir schon früh das Amt der Raupenzucht. Diese Arbeit gefiel mir bei weitem besser als die Beschäftigung mit den toten Käfern und Pflanzen. Hier war etwas Lebendiges, hier waren Geschöpfe, die ich pflegen durfte, deren Wachstum und Entwicklung ich verfolgen konnte, und das Einholen des Raupenfutters brachte mich in die Freiheit. Der Vater wanderte lange nicht so oft mit mir, wie die Mutter, aber ehe[96] er mir die Raupen übergab, ging er selbst mit mir, um mir die Fundorte des Futters zu zeigen. Wir kamen nur langsam vorwärts, und es war dem Vater erwünscht, wenn ich fragte, was mir beim Sammeln auffiel. Ich bekam über alles sachliche, klare Auskunft. Kein Stein am Wegrand wurde unbeachtet gelassen, er wurde umgedreht, und ich sah, wie bei bleichen, plattgedrückten Gräsern stille Käfer saßen, die der Vater ins Spiritusglas steckte. Bei alten, hohlen Weiden blieb er stehen, er lockerte die Rinde und zeigte mir auch hier Käfer mit Rüsseln und langen, seinen Fühlhörnern. Ein heller Freudenschein huschte über des Vaters Gesicht beim Funde eines seltenen Exemplars, und als er gar noch die lang gesuchte, dicke, rote Weidenbohrerraupe fand, da war er ganz befriedigt. Es begegneten uns beerensuchende Kinder, die eine Strecke mitliefen und neugierig zuhörten; es kamen auch Große, die lächelnd die Achseln zuckten.

Aber einer zuckte nicht die Achseln, das war ein schmächtiger, zierlicher Mann, der schüchtern folgte und begierig jedes Wort auffing, was der Vater zu mir sagte. Endlich faßte der Mann sich ein Herz und fragte, ob der Vater wohl erlauben würde, daß er ihn einmal besuche. Der Vater sah ihn prüfend an und fragte kühl: »Mit wem habe ich denn das Vergnügen?«

Der kleine Mann errötete und sagte schüchtern: »Ich bin der Strumpfwirker Donath aus Reichenbach.«

»Und was wünschen Sie bei mir?«

»Das – das kann ich Ihnen nun nicht gleich so sagen. Wenn ich mal zu Ihnen kommen darf, will ich es Ihnen sagen. Ich – ich muß mir das erst[97] zurechtlegen. Ich hab' schon lange mal zu Ihnen gewollt, aber ich hab' mich nicht getraut. Ich will nur soviel sagen, ich möchte die Strumpfwirkerei aufgeben und bei Ihnen in die Lehre gehen. Sie haben doch aus dem Mendler-Fritzen was gemacht, der ist doch –«

»Ja, ja,« sagte der Vater, »dem geht's freilich besser als mir, aber das kann ich Ihnen nicht versprechen. Ich würde Ihnen doch raten, bei der Strumpfwirkerei zu bleiben. Was Sie sich wohl vorstellen!«

»Ach, Herr Dietrich, ich stell' mir nichts Besonderes vor, ich möchte nur gern viel mit Ihnen zusammen sein. Versuchen Sie es doch mal mit mir! Ich will Ihnen gern alles tragen, wenn Sie mal reisen; ich will Ihnen auch alles tun, was Sie für Ihre Sammlungen brauchen. Darf ich mal kommen?«

»Sie können ja gern mal kommen.« –

Zu Hause angekommen, wurde ich mit allem vertraut gemacht, was zu meinem Amte gehörte. In einem der Zimmer stand eine Anzahl Glashäfen vor den Fenstern. In jedem der Häfen war eine besondere Sorte Raupen. Der Vater erklärt: »Diese Schwarzen fütterst du mit großen Brennesseln. Wie heißt die große Brennessel?«

»Urtica urens« antwortete ich prompt.

»Gut, und diese, die wie bunter Kattun aussieht, die bekommt Wolfsmilch. Wie heißt Wolfsmilch?«

Er sagte mir dann, daß täglich die Häfen zu reinigen und die Raupen vorsichtig von den kahl gefressenen Stengeln auf das frische Futter zu setzen seien. Ich solle sie gut beobachten, wenn sie keine Freßlust mehr zeigten, wenn sie ihr Kleid wechselten, wenn sie matt und krank würden, dann solle ich ihm Bescheid sagen.[98]

Ja, das wollte ich. Die Raupen interessierten mich, und der Vater war in dem Punkte auch nicht streng mit mir, wenn ich mir Zeit ließ; er sagte nichts, wenn er mich überraschte und hörte, wie ich mit den Raupen sprach, sie schalt oder sie lobte, je nachdem sie ihr Futter gefressen hatten. Meine Berichte nahm er mit großem Ernst entgegen. Als ich sagte: »Die große Bärenraupe ist tot!«, da holte der Vater einen großen, flachen Kasten, der auf hohen Beinen stand und dessen Deckel mit grober, löcheriger Leinwand bezogen war. Im Kasten war eine hohe Schicht Sägespäne, dahinein legte der Vater die tote Raupe. Was ich nun an meinen Schützlingen weiter erlebte, erfüllte meine Seele mit Staunen und Bewunderung. Aus den toten Raupen wurden neue Wesen! Manche hingen sich als starrer, brauner Zapfen mit einem unsichtbaren Fädchen an den Deckel des Kastens. Ich sah bei andern an dem starren Zapfen, der sich nach unten zu verdickte, eine Art komisches, bewegungsloses Gesicht, jedenfalls hob sich eine Art Nase in dem Gesicht deutlich ab. Ich saß oft lange davor und betrachtete sie sinnend. Wenn ich sie mit dem Finger berührte, ging ein geheimnisvolles Zucken durch die Dinger, und als der Vater es sah, schalt er und sagte: »Willst du den Puppen wohl gleich ihre Ruhe gönnen?« Merkwürdig erschien mir, daß bei manchen der Puppen noch etwas von der Farbe und Zeichnung der einstigen Raupe zu sehen war. Das herrlichste Wunder erlebte ich aber doch, wenn der Vater mich rief und schweigend, ernst, auf den geöffneten Kasten zeigte. Die Kruste war gesprengt! Langsam, mühsam arbeitete sich ein Kopf mit federartigen Fühlhörnern hindurch, und[99] ganz allmählich kam der übrige Körper nach. Ja, der Leib dieses neuen Geschöpfes erinnerte noch an die einstige Raupe, aber doch war er anders! Der weiche Flaum, die zarten, schönen Farben und die Flügel, die noch gefaltet waren. So saß er da, der herrliche Schmetterling! Mir wollte scheinen, er sei selbst erstaunt über die unverhoffte Schönheit, und er müsse sich erst besinnen, wie er sich als neugeschaffnes Wesen in dieser alten Welt zurechtfinden sollte.


***


Den wohltuendsten Gegensatz zu den Stunden stiller Arbeit bildeten die botanischen Wanderungen mit der Mutter. Meine Ausrüstung war ebenso vollständig wie die ihrige. Ich hatte eine Botanisierkapsel, ein Schmetterlingsnetz, ein Käferglas mit Spiritus und eine Schachtel mit durchlöchertem Deckel für Raupen. So ausgerüstet wanderte ich an der Seite der Mutter weit herum im sächsischen Lande. Wie reich und glücklich fühlte ich mich an solchen Tagen! Mir war zumute, als würde mir durch die Mutter die ganze Welt mit ihren Schätzen und Freuden erschlossen. Daß auch sie herb und streng sein konnte, das vergaß ich an solchen Tagen, da entfaltete sie eine Fülle reichen, sonnigen Innenlebens. Sie ging auf alles ein, was mich beschäftigte, sie ermunterte mich zum Singen, sie lobte mein tapferes Wandern, sie rezitierte lange Balladen, die sich der Stimmung der Gegend einfügten, sie hatte Bewunderung für Wolkenbildung und den feurigen Sonnenuntergang. Mit wie vielerlei Menschen kamen wir zusammen, und mit allen wußte die Mutter den rechten Ton zu treffen. Mir prägte sie ein, mich vor[100] niemand und vor nichts zu fürchten. Wo sich nur Gelegenheit bot, sollte ich hilfreich zufassen.

Wir sammelten nicht nur alles, was die freie Natur bot, wir brauchten auch Kulturpflanzen, das führte uns zu Bauern, Pastoren, Lehrern und in die Gärten und an die Teiche der großen Rittergüter. Ja, die Teiche! Die Mutter holte sich Erlaubnis den Kahn zu benutzen, sie wollte weiße und gelbe Seerosen und die merkwürdige Wassernuß haben. Wie still und geheimnisvoll war es an solchem Teich! Lautlos glitt die Mutter vom Ufer, ich durfte nicht mit in den Kahn, und bald sah ich, wie sie eifrig mit dem Ruder ein Gewirr von Wurzeln, Blättern und Blüten im Kahne barg.

Unvergeßlich sind mir die Stunden an solchen stillen Gutsteichen. Welchen Zauber übten die stolzen, üppigen Pflanzen auf mich aus, die den Teichrand schmückten. Da stand die schlanke rosa Schwanenblume zwischen den zarten Dolden des Wasserschierlings, der saftiggrüne Froschlöffel neben den scharfkantigen, schlanken Blättern des Kalmus. Freundlich, wie treue Menschenaugen, leuchteten die blauen Vergißmeinnicht zu Füßen der stolzen Gewächse. Und über dem allen flogen schöne, buntschillernde Libellen. Welche unheimliche Macht die glatte Wasserfläche ausübte! Traumhaft hätte ich in die kühle, stille Tiefe gleiten mögen.

Aber da kam die Mutter und ihre muntere Stimme führte mich in die Wirklichkeit zurück. »So,« sagte sie, »nun gibt's zu tragen! Öffne deine Kapsel, das Zeug ist naß und schwer.«[101]

Nicht weit von Siebenlehn stehen die romantischen Ruinen des Klosters Alt-Zella. Wir kamen so oft dahin, daß ich mich innerhalb der umfangreichen Mauer ganz heimisch fühlte. Hier sammelte die Mutter Laub- und Lebermoose. Mit den gleichaltrigen Jungen spielte ich im einstigen Refektorium und in den Klosterkellern Versteckens. Kleine Zellen mit einem steinernen Sitz fanden sich, von denen die Jungen erzählten, daß hier Mönche eingemauert seien. Vorn, in der Gärtnerwohnung war eine tiefe Fensternische, hier saß der Urgroßvater, der die neunzig überschritten hatte. Er war blind und ich hatte die phantastischsten Geschichten über ihn gehört. Einmal habe er geflucht, und da seien zwei Blutstropfen vom Himmel und ihm gerade in die Augen gefallen, davon sei er erblindet. Er sei eigentlich ein Prinz. Der Mann paßte so in sein altes Gemäuer, daß ich mich gar nicht hineinfinden konnte, als ich ihn eines Tages nicht mehr in der Nische fand. Ich meinte, nun sei es auch mit den Ruinen vorbei.


***


Einmal kamen wir nach Tharandt. Wir waren müde und hungrig, da sahen wir, wie an den Häuserecken große Zettel angeklebt waren. Wir lasen: »Weltberühmtes Wandermuseum von Max Zirkel. Eintritt einen Neugroschen.«

Die Mutter seufzte und sagte zögernd: »Was meinst du, möchtest du jetzt lieber etwas essen, oder möchtest du lieber ins Museum gehen? Ich habe gerade zwei Neugroschen.«

»Dann wollen wir ins Museum,« entschied ich.

Mit hungrigem Magen, aber vom lebhaftesten Interesse[102] beseelt, betraten wir die Stube des Gasthauses. Hier sah ich zum ersten Mal lebendige Affen, von denen ich mich gar nicht trennen konnte. Dann hatte der Mann ein merkwürdiges Hemd, es sah aus, als sei es aus Schweinsblasen zusammengenäht. Er erzählte, das hätten die Eskimos aus einer Tierhaut mit Sehnen zusammengenäht. Als Nadel hätten sie sich einer Fischgräte bedient. Als letztes sahen wir ein nachgebildetes, menschliches Herz. Damit war der Inhalt des weltberühmten Museums erschöpft. Wie sich die Mutter dazu stellte, weiß ich nicht. Mir gaben Affen und Eskimohemd viel Anregung zu Fragen allerart, die die Mutter mit großer Geduld beantwortete.[103]

Quelle:
Bischoff, Charitas: Bilder aus meinem Leben. Berlin 1912, S. 93-104.
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