Bittschriften

Bittschriften.

[392] Wer käme nicht auch einmal in die Lage, eine Bittschrift zu schreiben? Man hat ein Gesuch an eine fürstliche Person, eine Behörde zu richten, für einen Verein, eine arme Familie eine Unterstützung zu erbitten; da ist es denn immer angenehm, die dazu nötige Form zu kennen.

Ist das Gesuch an eine Person gerichtet, so bedient man sich dazu eines Briefbogens von großem Format und beobachtet die für Höflichkeitsbriefe angegebenen Formen, indem man nur oben, unten und besonders links einen breiteren Rand, und zwischen der Ueberschrift und der ersten Reihe des Briefes einen größeren Raum frei läßt. Für eine Bittschrift an eine Behörde nimmt man meist einen Foliobogen Kanzleipapier, den man der Länge nach in der Mitte zusammen legt. In die rechte Ecke, oben, setzt man das Datum, schreibt die Petition auf die rechte Hälfte und auf die linke nur, unten, die Adresse der betreffenden Behörde.

In dem Gesuch selbst wird man zuerst dem Vertrauen Ausdruck geben, das der Adressat uns einflößt und welches uns ermutigt, uns an ihn zu wenden. Dann legen wir die Gründe unseres Gesuchs dar, den Thatbestand, aus welchem dasselbe hervorgeht, und nennen dann mit möglichster Kürze und Klarheit unsere Bitte selbst, indem wir die Schrift bis zur Hälfte oder zum Drittel des Bogens nach rechts hin einrücken und die betreffenden Zeilen mit Anführungsstrichen versehen. Also etwa:

In Anbetracht dieser traurigen Verhältnisse ersuche ich den hochlöblichen Stadtrat,


»Derselbe wolle der Frau X. einen Platz in der städtischen Versorgungsanstalt gütigst anweisen«.
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Statt des Einrückens kann man die Zeilen, welche das eigentliche Gesuch enthalten, auch durch einen schrägen Strich (–) am linken Rande des Bogens hervorheben; doch geschieht dies nur bei Petitionen, welche an Behörden gerichtet sind.

Am Schluß spricht man die Hoffnung auf Gewährung der Bitte aus und unterzeichnet »Hochachtungsvoll und ergebenst...« Einer fürstlichen Person gegenüber unterschreibt man sich als »Ew. Majestät (Ew. Durchlaucht) unterthänigster Diener« und setzt die Unterschrift wohl eine Handbreit unter diese Worte.

Man thut bei solchen Schriftstücken, bei denen die Form eine große Rolle spielt, wohl, die Zahl der Zeilen zu berechnen, welche die Seite faßt, damit es uns zu den Schlußformeln nicht an dem nötigen Raum gebricht.


Bittschriften

Fußnoten

1 Siehe S. 236.


2 Siehe S. 277.


3 Siehe S. 182.


Quelle:
Calm, Marie: Die Sitten der guten Gesellschaft. Stuttgart 1886.
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