Geschäftsbriefe.

[389] Es versteht sich von selbst, daß hier nicht von kaufmännischen Briefen die Rede ist, wie Geschäftsleute sie sich untereinander schreiben; diese haben ihren besonderen Stil und besondere Ausdrücke, welche von dem Betreffenden erlernt werden müssen. Aber jede Privatperson hat mehr oder weniger Veranlassung, geschäftliche Briefe zu schreiben, sei es in kaufmännischen oder amtlichen Angelegenheiten, an Künstler, Handwerker oder Redaktionen, und muß deshalb wissen, wie sie abzufassen sind.

Die erste Regel für Geschäftsbriefe ist, daß sie klar seien. Ohne Umschweife nenne man gleich den Gegenstand, um den es sich handelt, und sage darüber, was nötig ist – aber auch nur was nötig ist, – denn Kürze ist neben der Klarheit das Haupterfordernis dieser Briefe. Natürlich sind die üblichen Höflichkeitsformen dabei zu beobachten,[389] jedoch macht die Stellung des Adressaten darin einen Unterschied. Für eine der gebildeten Gesellschaft angehörende Person, also einen Beamten, Lehrer, Baumeister, Redakteur etc., werden wir, auch wenn wir nicht mit ihr verkehren, die Anrede »Geehrter« oder, »Sehr geehrter Herr«, sowie die Schlußformel: »Hochachtungsvoll und ergebenst« beibehalten, bei näherer Bekanntschaft uns auch freundschaftlicher Ausdrücke bedienen; machen wir aber eine Bestellung bei unserem Schuhmacher oder Schneider, oder in einem kaufmännischen Geschäfte, so setzen wir die Adresse, d.h. Name und Wohnort, als Ueberschrift und unter den Brief einfach unseren Namen. Höchstens fügen wir dem letzteren das bekannte »Achtungsvoll« hinzu.

Bei Streitigkeiten, wie sie auch im Leben des friedfertigsten Menschen vorkommen können, z.B. in Erbschaftsangelegenheiten, zwischen Hauswirt und Mieter u. dgl., sollte man stets die üblichen Formen der Höflichkeit beibehalten. Man kann deshalb doch sagen, was nötig ist, bleibt aber sachlich und sichert sich durch diese Mäßigung dem Gegner gegenüber eine vorteilhafte Stellung. Unhöflichkeit, Vernachlässigung der Form bekundet immer einen Mangel an Bildung, der also auf den zurückfällt, der ihn begeht. Hat schon das in der Uebereilung gesprochene heftige Wort oft so schlechte Folgen, so ist das bei dem geschriebenen noch viel mehr der Fall, und nur zu oft bereut man nach beendetem Streite die Heftigkeit, welche den Riß unheilbar gemacht hat.


Geschäftsbriefe

Die Formen zur Ausstellung von Rechnungen, Quittungen u. dgl. – die ja auch außerhalb des kaufmännischen Verkehrs öfters vorkommen – sind bekannt; weniger die für Ausstellung von Wechseln. Damen besonders haben meist sehr wenig Kenntnis von diesen Dingen und ziehen sich dadurch oft Unannehmlichkeiten und Verlegenheiten[390] zu. So müssen nicht selten Wechsel zurückgehen, weil die Absenderin versäumt hat, sie zu »indossieren«, d.h. ihren Namen auf das Papier zu schreiben, durch das sie dem Empfänger eine bestimmte Summe in oder aus den Händen eines Dritten zur Erhebung zusichert. Bei anderen Gelegenheiten haben Damen schwere Verluste zu erleiden gehabt, weil sie, in die Lage versetzt, ihr Vermögen selbst zu verwalten, von allen damit verbundenen kaufmännischen Formen keine Idee hatten. Es ist hier natürlich nicht der Ort, näher auf diese Dinge einzugehen, doch möchten wir allen Eltern raten, ihre Töchter, deren Zukunft ja immer eine ungewisse ist, einen kaufmännischen Kursus durchmachen zu lassen, wie solcher jetzt in jeder größeren Stadt auch für Mädchen existiert. Diese Kenntnis wird sich ihnen im Leben nützlicher erweisen als manches andere, worauf sie viel Zeit und Mühe verwandt haben.
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Zum Schlusse widmen wir noch ein paar Worte den


Quelle:
Calm, Marie: Die Sitten der guten Gesellschaft. Stuttgart 1886, S. 389-392.
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