Die Hausgründung.

[300] Es ist aus der Erzählung des vorigen Abschnittes klar, daß ich auch dann, als ich mich bereits zu der Geschichte der deutschen Dichtung entschlossen hatte, nicht sogleich alle jene Zerstreuungen auf andere Arbeiten unterließ, deren ein guter Theil noch den Anfängen des großen Werkes zur Seite lief, das indessen von dem Augenblick an, da ich in die Masse der in Heidelberg angehäuften alten Quellen eindrang, alle meine Muße und Kraft mehr und mehr auf sich allein versammelte. Eben in der Zeit nun, da ich mit der erwerbgierigen Manier eines Schatzgräbers mich in diese Schachte vergrub, da Kopf und Geist in einer so verdichteten und doch auch wieder so zersplitterten Thätigkeit, in einer aufreibenden Hast so vielfach angestrengt war, eben in der Zeit war auch Herz und Gemüth in mir von den stärksten, den an- und aufregendsten, den liebsten und leidesten Bewegungen erschüttert. Es war, als ob mein ganzes Dasein damals aus voller Knospe völlig und plötzlich und fröhlich sich entfalten, wiewohl nicht ungedrückt bleiben sollte von den Frostreifen, die allen Frühling so häufig begleiten. Um Weihnachten 1834 schrieb ich ein Sonett nieder, das mit den stolzen Worten begann: »Mein Leben steht in voller Pracht der Blüthen und für den Herbst verheißt es reiche Gaben«, das aber wie mit einem bang ahnenden Gebete schloß daß mein Glück neid- und harmlos dauern und mir, »die Schöpferin meines Glücks« erhalten bleiben möge. Wer diese Schöpferin war, davon wäre nun zu erzählen.[300]

Als ich von der italienischen Reise zurückkam, bot mir eine befreundete Familie, die Hofräthin Dapping und ihre Tochter, eine Wohnung in ihrem Hause an, die ich Ostern 1833 bezog. Die Mutter, eine ältere Dame von würdiger Haltung und strengem Anstande, war am Petersburger Hofe an einem Frauenstifte angestellt gewesen und erst neuerdings dorther zurückgekommen; die Tochter, nicht mehr jung, etwas verwachsen, reich an mancherlei Bildung, kannte ich länger her und genauer. Sie hatte früher einer Erziehungsanstalt vorgestanden, die nun eingegangen war; nur daß neben einer Nichte noch vier fremde Mädchen in einem mehr häuslichen Familienverhältnisse zurückgeblieben waren. Darunter befanden sich zwei verwaiste Schwestern aus Heidelberg von 13 und 16 Jahren, deren Eltern ich früher in dem Dapping'schen Hause mehrfach gesehen hatte, Töchter des Botanikers Schelver, der in den naturphilosophischen Kreisen eine Weile ein Mann von großem Ansehen gewesen war, auch mit Göthe während dessen botanischen Beschäftigungen in einem (leider verlorenen) Briefwechsel gestanden hatte. Später war er in mystischen Speculationen und magnetistischen Grübeleien traurig untergegangen und vor Kurzem mit gestörtem Geiste gestorben, nachdem ihm seine Gattin, eine Frau von ungewöhnlichen Gaben, unter welchen eine lis zur Selbstvergessenheit getriebene Menschenliebe und Wohlthätigkeit vorstach, wenige Zeit zuvor vorausgegangen war. Ueber den hinterbliebenen Waisen. den beiden Mädchen im Dapping'schen Institute und einer älteren Halbschwester, lagen diese jungen Schicksale wie schwere Schatten, die ihre Zukunft in ein ungewisses Dunkel hüllten, und auf die zwei älteren warfen sich dauernde Unglücksgeschicke wie eine Erbschaft aus dem verfrühten Verluste schützender Eltern und Pfleger. Die Halbschwester Alwine war höchst unglücklich an einen Pfarrer Lebeau verheirathet, der, selbst ein Mann von recht weltlichen Eigenschaften und Neigungen, sie mit pietistischen Nörgeleien dermaßen quälte, daß sie auf eine Scheidung sann, welcher dann nach[301] wenigen Jahren der Tod durch eine Scheidung vom Leben zuvorkam. Sie hinterließ drei Kinder, die, verwahrlost an Geist und Seele, mit dem bald wieder vermählten Vater in stetem Zerwürfniß lagen und alle drei nach America auswanderten, wo die Tochter früh wegstarb, die Söhne als Opfer, wahrscheinlich des großen Krieges, verschollen. Von den beiden jüngeren Halbschwestern Alwinens hatte die ältere, Margrete, schon da ich sie zuerst im Alter von 16 Jahren kennen lernte, wiederholte Blutstürze überstanden; man glaubte sie der Schwindsucht verfallen, obwohl in dem Aussehen des kurzen, runden Mädchens voll Lebenslust von einem Lungenleiden keine Anzeige lag; einmal war sie nach einem besonders heftigen Blutverluste von den Aerzten förmlich aufgegeben, wenige Tage nachher aber spazierte sie wohlgemuth zu einer befreundeten Familie über die Brücke. Die Sorge um ihre Gesundheit kam Allen, die an ihr Antheil nahmen, nicht aus dem Sinn, am leichtesten ward sie wohl von ihr selber verwunden. Zu der körperlich stärkeren, aber geistig gedrückten ältesten Schwester stand die immer heitere, zu Muthwillen und Ausgelassenheit geneigte, durch Schicksale früh gereifte krankende Margrete, deren ganze Naturanlage der Mutter schon früher Kummer gemacht hatte, in einem stärksten Gegensatze. Wer jene, die junge Matrone, die gesunde Frühverstorbene, von Grund aus gekannt hätte, würde in ihr ein Wesen verehrt haben, das ganz zu einem harmonischsten inneren und äußeren Leben vorangelegt war; wer die andere, stets lebensgefährdete Langlebende nach ihrer körperlichen und geistigen Natur völlig durchschaute, was sicherlich nur ein hellsichtiger, mit mehr als menschlichen Augen begabter Seelen- und Leibesarzt vermöchte, würde die Welt mit einem der befremdlichsten Frauencharaktere bekannt machen können, den kein Novellenschreiber so leicht erdenken würde. Ein unberechenbares dämonisches Wesen bewegte sie sich in den widersprechendsten Vermögen und Hängen, wechselnd aus den entgegengesetztesten Launen in die entgegengesetztesten, immer excentrischen Bahnen getrieben; zu[302] Einer Zeit glücklich in der resignirtesten Willenlosigkeit und Ergebung in fremde Führung. zu anderen häufigeren Zeiten gegeißelt von der Furie eigenwilligster Herrschsucht; eine Weile zum Erstaunen praktisch auf verständige Zwecke gestellt und dann in die unglaublichsten phantastischen Grillen verloren; bald ganz Selbstlosigkeit, bald ganz Egoismus; ein treuer aufopfernder Freund, aber gereizt und verletzt ein schroffer, schwer versöhnlicher Feind; zeitweilig berückend durch gewinnende Sanftmuth und dann wieder abstoßend durch maßlose Heftigkeit. Zweimal verheirathet, das einemal verwittwet, das anderemal von dem Manne getrennt hat sie anfangs über ihren ersten Kindern in ächt mütterlicher Obhut gewacht, später aber spätere in verliebter Vergötterung zu Tode gezärtelt; die Kinder von dem ersten Manne hat sie zu Zeiten gepeinigt mit den launischsten Zumuthungen, aber sie blind an sich und ihren Willen gefesselt mit einem wunderhaften Zauber; die aus der zweiten hat sie nach ihrer Trennung von deren Vater ihrem Schicksale stumpf überlassen. Allbeweglich, nie rastend, immer verändert zu den verschiedenartigsten Rollen hat sie zuweilen ganz dem Hause, dem Gatten, den Kindern gelebt; häufiger hat sie ihr eigenes Leben neben und jenseits der Ehe und immer neue Leben und Lebensweisen geführt. Ein weiblicher Gil Blas, zu allem anstellig, bei nichts ausdauernd hat sie, neben oder ohne den Gatten, zuerst in Europa und dann in America bald die richtige Hausfrau, bald die Weltstreicherin, nun die ganz hülfsbedürftige Kranke und dann den rührigen Krankenhelfer, einmal als Magnetiseur, ein andermal als promovirter Doctor gespielt; bald stand sie einer Schreibmaterialienhandlung, bald einer Puppenfabrication vor, bald pfuschte sie in ein Buchdruckereigeschäft; jetzt war sie ein Musiklehrer, jetzt ein Landbauer; früher einmal erpicht, ihre zwei ältesten Kinder zu Sängern, ja, wenn es für die Bühne nicht reichen wollte, zu Bänkelsängern zu machen, führte sie beide nachher mit sich nach Brasilien als Colonisten, sorglich damals ihren Sohn zu verheirathen, den sie später wieder dienlicher fand von[303] seiner Frau zu trennen; in Allem einem augenblicklichen übermächtigen Triebe folgend, entweder (so muß man unaufhörlich zweifeln) ohne alles Besinnen und Gewissen oder ohne alle Zurechnungsfähigkeit. – Die jüngste der Schelver'schen Töchter, Victorie, war in ihrem Naturell der Halbschwester ähnlich. Beide Mädchen in dem Dapping'schen Hause sah ich täglich und lernte sie beobachtend kennen ohne einen näheren Verkehr mit ihnen. Ich war des Abends oft, eine Weile fast täglich mit der Familie zu Thee; eine Zeit lang gab ich allen fünf Zöglingen historischen Unterricht, der nur bei dem Geschwisterpaare etwas verfing. Sie wurden unvermerkt der Hauptgegenstand meines Interesses und meiner Zuneigungen in dem Hause; die ältere durch ihren geweckten Geist, durch ihr höchst einnehmendes, freies, ungezwungenes, zur Zeit noch von keinem Eigenwillen und keiner Leidenschaft gestörtes Wesen; die jüngere, mehr in sich gezogene durch ihre ernste Sinnigkeit. Sie war in kindlicher Bescheidenheit, nicht in Schüchternheit, stille; bei den Abendgesprächen nach dem Thee saß sie über ihrer Arbeit oder in drolliger Aufmerksamkeit mit verschränkten Armen ruhig zuhörend und sprach nur selten ein Wörtchen dazwischen, das einen verständigen, früh reisenden Sinn zuweilen mit einem fernen Anflug von naiver Altklugheit aussprach; sie war zum Ausgeben wenig bereit, zur Aufnahme desto bereiter; Ton und Sprache, Haltung und Anstand, Gesichtszüge und Mienenspiel, Alles drückte un ihr die reine Natürlichkeit einer gesunden Seele in gesundem Körper aus. Sie zu sehen war mir innerlich wohlthuend, und dies Gefühl einer ersten Anziehung ward dann durch die Theilnahme an den Schicksalen der Schwestern, wie sie mir näher bekannt wurden, nicht wenig vertieft; im übrigen war ich langehin frei von jederlei bestimmteren Gemüthsregung. Sie war wenn auch ein vorgeschrittenes Kind, doch ein Kind, und ein völlig harmloses, über ihre Jahre nicht hinwegstrebendes Kind; und ich war nicht versucht, sie anders anzusehen. Die Schwester Margrete war ihrer ganzen Art und schon ihrem[304] Alter nach ungleich mehr geeignet, genauer forschende Blicke oder Gefühle oder Gedanken anzuregen, ja herauszufordern; aber sie glitten dann immer unbefriedigt und wie beunruhigt von dem krankhaften Wesen zurück auf die ganz harmonische Natur der Schwester, wo sie sich beruhigten und behagten, aber auch vor der kindlichen Erscheinung unwillkürlich sich beschwichtigten. Im gesprächlichen Verkehre war ich, wenn die Jugend Theil nahm, ganz gewöhnlich nur der lebhafteren, älteren Schwester zugekehrt, die in ihrer heitern, anmuthigen Unterhaltungsweise meiner Wohllaune unaufhörlich Nahrung gab. Das Wohlgefallen, das ich bei dergleichen Unterredungen verrathen mochte, ging so weit, daß die Hauswirthinnen sogar von einer Abendgesellschaft her, da sie bei einer Aufführung von Charaden eine besondere Traulichkeit zwischen mir und Margreten bemerkt haben wollten, eine intimere Annäherung fürchteten, die zu begünstigen oder auch nur zu dulden ihnen als Erzieherinnen hätte verargt werden können. Das gaben sie wenigstens später als die Ursache an, warum sie dem Vormunde des Schwesternpaares riethen, Margreten aus ihrem Hause zu nehmen und in die Pflege einer bürgerlichen Familie, des Buchhändlers Winter, zu geben, womit zugleich die Einstellung meiner Geschichtsstunden verbunden war, die mehr für die ältesten als für die jüngeren Zöglinge bemessen waren. Von den eigentlichen Gründen, warum das Alles geschah, hatte ich in meiner völligen Unschuld und Arglosigkeit nicht die allergeringste Ahnung, bis eines Tages (es war im Frühling 1834) Sophie Dapping mir durch eine Anspielung auf meine geglaubte Vorliebe oder Verliebtheit die Augen öffnete. Ich erstaunte sie offenbar durch mein ungekünsteltes Erstaunen über ihr Durchschauen von Neigungen meines Herzens, von denen ich selbst nichts wußte: sie befragte mich nun gradaus; sie war gradezu ganz sicher, daß ich ihr, wenn ich aufrichtig als Freund zur Freundin reden wolle, doch nicht abstreiten werde, daß mich Margrete ungewöhnlich angezogen und gefesselt habe. Ich stellte ihr überzeugend vor, wie[305] sie mir außer meinen Allen bekannten Unterhaltungen mit Margrete, deren größere Lebendigkeit durchaus keinen anderen Charakter getragen, als wie ihn die elastische Natur des Mädchens einer jeden Unterhaltung, mit wem es immer sei, aufdrückte, doch auch nicht den kleinsten Anlaß zu ihrer vorgefaßten Meinung werde anführen können. Ich warf sie zuletzt aus ihren falschen Voraussetzungen vollständig heraus durch die gelassene, offene, vertrauensvolle Erklärung von Freund zu Freund: daß, wenn ich in den Tiefen meiner Seele recht lesen und ihr ein kaum mir selbst gestandenes Bekenntniß machen sollte, ich sie vielmehr bitten würde, mir Victorie zu erziehen. Victorie? sagte sie im Tone der Befriedigung, über den bisherigen Argwohn getröstet zu sein, aber nicht in einem Tone der Zufriedenheit oder des Beifalls überhaupt, und ohne auf die Aeußerung irgend weiter einzugehen.

Das war nun ein verhängnißvolles Gespräch. Ich hatte ein Gefühl zu hellem Erwachen gerufen, das bis dahin nur in mir geschlummert hatte; das Geständniß von einer kaum geträumten Beziehung zu dem Mädchen war abgelegt, und dieser Traum war dadurch auf einmal eine feste Wirklichkeit geworden; halbdunkle Vorstellungen, die ich nie zuvor beeilt war in mir zu beleuchten, waren zu klaren Gedanken und damit zugleich zu bestimmten Entschlüssen geworden; ein Seelenzustand, der bisher in seiner aufregungslosen Ruhe das wohligste Behagen gefunden, wurde nun zu einer hastenden Bewegung aufgestürmt; das 14jährige Geschöpf, vor dessen Kindheit bislang sich alle inneren Regungen in Scham und Scheu zurückgehalten hatten, sah ich nun auf einmal im Scheine der gereiften Jungfräulichkeit; was mir noch heute eine kühle Frage der Zukunft gewesen war, ward schon am nächsten Tage eine brennende Frage der Gegenwart; was gestern die ruhige Bitte an eine Freundin war, ein werdendes Verhältniß in ihre gemächlich pflegende Hand zu nehmen, ward heute zu einem ungestümen Begehren, ein gewordenes Verhältniß rasch fördernd mit eigenen Händen anzufassen.[306] Das war die plötzliche Folge davon, daß ein eben erst aufwachendes Gefühl gleich auf eine Hemmung stoßen sollte; denn jedes Hinderniß, in den Weg einer ächten Empfindung geworfen, kann nur sie zu beschleunigen dienen. Hätte mich die Freundin nur die geringste Handreichung selbst in weiter Ferne hoffen lassen, ich hätte mir jede Schranke der Geduld, der Mäßigung, des ruhigen Zuwartens von ihr ziehen lassen; sie war aber meiner Zumuthung ausgewichen; so fiel, was nun geschehen sollte und wann und wie, mir selbst anheim. Sie würde keine hilfreiche Hand bieten, das war mir sogleich klar; bald sollte mir noch klarer werden, daß sie abzuleiten, daß sie zu hindern und zu vereiteln suchen werde. Vor Jahren hielt sich in ihrem Hause eine junge Neuenburgerin von großer Anmuth und Geistesgewandtheit auf, die mir,der ich – so weit eine flüchtigere Bekanntschaft das gestattete – einen augenblicklichen Eindruck machte, den ich der Freundin nicht verhehlt hatte; sie entwarf mir damals aus ihrer näheren Kenntniß ein Bild des Mäechens, das mich entschieden zur Zurückhaltung bestimmte; jetzt sandte sie mir einen Brief von der längst Heimgekehrten zur Einsicht, in welchem ihr in einem wie schmerzlich resignirten Tone Grüße an mich aufgetragen waren. Die Absicht, von dem Gegenwärtigen auf Vergangenes, von dem Lebendigen auf Untergegangenes abzuleiten, war deutlich genug; bald sollte Deutlicheres folgen, was mich auf eine andere Zukunft, als die mir nun vorschwebte, hinlenken sollte. Die Freundin lud mich in den Herbstferien ein, mit ihr und einer anderen älteren Dame einen Ausflug in die Hardt zu machen. Die dreitägige Vergnügungsfahrt wurde gemacht; eine junge, hübsche Nichte aus Frankenthal war die Vierte im Wagen, an sich kein übler Köder. Ich blieb unbefangen, ohne mich arglos stellen zu müssen. Denn ich hatte damals bereits die Würfel über mein Schicksal geworfen, und das ließ mich der kleinen Familienintrigue in innerem Muthwillen zusehen. Sehr ähnliche eigensüchtige Ränke waren schon früher einmal von einem meiner Bekannten in[307] diesem Hause erlebt worden; die Erinnerung daran hatte mir gleich von dem Momente an, da mein Vertrauen unerwidert geblieben war, schwer auf der Seele gelegen. Der Vorfall mit Margrete schob an die Stelle meiner ehrlichen Offenheit eine mistrauische Besorgniß. Wenn man auf eine irrige Vermuthung hin Margrete aus dem Hause geschafft hatte, würde man nicht viel gewisser auf mein grades Geständniß hin Victorie entfernen? Man hatte den Vormund zu jener Maßregel bestimmt; man hatte ihm die Gründe dafür angegeben; Beides konnte sich wiederholen, und das letztere mehr als das erstere würde mir den ferneren Zugang zu dem Mädchen verlegen. Das alles waren peinigende Vorstellungen, die mich nicht sehr lange nach jener Unterredung von dem ebenen, geordneten Wege abgedrängt hatten: ich wollte mich, wenn diese äußeren Hindernisse ja eintreten sollten, innerlich wenigstens sicher gestellt haben. Das ward mir nachher von den Störern meines Glückes zu schwerem Verbrechen gemacht; und auch von Victoriens mütterlichen Verwandten, ihren Oheimen in Osnabrück und Hamburg, die auf ihr Bestes in fester Verwandtenpflicht bedacht, auch gegen mich nicht übelwollend, aber über meine Schritte falsch berichtet waren, wurde es mir verargt: daß ich ein junges Mädchen, zu unerfahren und unbekannt mit den Ansprüchen, die sie einmal an das Leben und das Leben an sie machen werde, so früh gebunden hatte. An einem Sonntag Nachmittag, da Victorie regelmäßig ihre Schwester besuchen durfte, hatte ich sie auf ihrem Gange dahin begleitet und die Frage an sie gerichtet, die allerdings eine Entscheidung über ihr Leben von dem Kinde forderte, das sich besonnener bewies als der reife, 15 Jahre ältere Mann. »Warum fragen Sie mich das«, sagte sie ohne den Ton eines eigentlichen Vorwurfs, aber auch ohne den Ton eines offenen oder geheimen Wohlgefallens, »ich bin noch ein Kind.« Ich war beschämt und bestürzt und verbrachte einige Zeit in Unmuth, Zweifel und Pein; aber es waren nur wenige Tage. Die Schwester, als sie den[308] Vorfall durch Victorie erfuhr, lieh ihr die praktischeren Erwägungen ihrer gewitzigteren Erfahrung; sie wußte, daß sie beide an dem Vormunde nicht den selbstlosesten, wohlgesinntesten, pflichtvollsten Pfleger hatten; sie sah ein freundliches Licht in ihre unfreundliche Gegenwart, in ihre ungewisse Zukunft fallen; sie rieth dem Kinde, im Wiederholungsfalle nicht wieder das Kind zu spielen, und Victorie setzte in sie all ihr Vertrauen, weil sie all ihre Liebe besaß. Im Hausgarten mit einem englischen Bekannten spazierend, der nicht Deutsch verstand, richtete ich bald darauf an das dort beschäftigte Mädchen, den ersten Bescheid ablehnend, eine andere bestimmtere Frage und erhielt von der Vorbeischlüpfenden ein fröhliches Ja Es war im Sommer. Durch den Rest der Jahreszeit, im Herbst, im Winter bis zu Weihnachten folgte nun eine selige Zeit. Ich konnte nur bei seltenen Begegnungen im Hause, im Garten, auf ihren Sonntagsgängen verlorene Worte mit ihr tauschen, aber die wenigen waren unverloren. Wir bauten auf uns ohne die Bürgschaften langer genauer Vertrautheit, ohne Mahnungen und ohne Schwüre. Es war ein Bund von eben so seltener Stille als Treue; in Worten konnte er nicht, er mußte sich in Werken bewähren. Ich führte keinen geheimen Briefwechsel weder mit ihr, noch mit Margreten; höchstens schickte ich ihr durch deren Vermittlung von Zeit zu Zeit ein Gedicht, eine Elegie, ein Liedchen zu; eine lyrische Ader sprang in mir auf, durchaus nur angeregt durch diese hochzeitliche Stimmung und mit ihr versiegend; zu keiner anderen Zeit überwand ich so leicht und wohlgemuth die sonstige Scheu oder Unlust, meinen Gesang zur Guitarre hören zu lassen. Beseler, dessen Ankunft in diese Zeit fiel, ward der Vertraute meiner Liebe; er sah sie im noch stillen Keime, sah sie später im vollen Erfolge und feierte sie treulich, selbst nicht ohne Rütkwirkung auf sein eigenes Gefühlsleben, mit; er sah sie in einer Zwischenzeit schwerer Bekümmerniß, wo mir, der ich so manches entbehrte, was Andere im Strome des Lebens oben hält, auch dieser Besitz bedroht zu[309] werden schien. Zu jener raschen Zeitigung dieser Freundschaft trug das gehobene Selbstgefühl in mir das beste bei, wie alle anderen Dinge dadurch gefördert wurden. Meine Arbeiten, an Abenden und in die Nächte fortgesetzt, beflügelten sich wie nie zuvor; die Kräfte zu mancherlei jener so weit auseinander liegenden Entwürfe, die mir damals durch den Kopf fuhren, wuchsen unter dieser Befeuerung aller Lebensgeister. Männer können ein großes Glück nur schwer verbergen; so drängte es mich, noch Andere in das Geheimniß meines Herzens zu ziehen. Das Gefühl des heimlichen Spiels im Rücken meiner Hauswirthinnen drückte mich doch. Seit der Herbstfahrt in die Hardt sann ich darauf, die Wünsche, die sich dort verrathen hatten, abzuschneiden, nur daß ich sie eine Weile noch durch mein völlig passives Verhalten ruhig einschläfern wollte; dann trieb es mich, durch grades Vorgehen auf den offenen, freundschaftlichen Weg zurückzulenken. Es war zwischen Weihnachten und Neujahr, als ich der Freundin ein Sonett zuschickte, dasselbe, dessen Anfang und Ende ich oben anführte, mit der Bitte um eine Unterredung unter vier Augen. Von da an begann eine qualvolle Zeit von 3/4 Jahren für mich, da ich in reichem Maße, was der Liebe Leid ist, an mir selbst erfahren sollte. Sophie schrieb mir zurück, sie errathe, was ich ihr zu sagen habe; sie könne mich nicht hören; sie trage sich seit Jahren selbst mit einer unbezwinglichen Leidenschaft für mich; wie sie denn aus meinem Munde hören solle, daß ich eine Wahl für mein Leben getroffen habe! Hätte ich nun den Untröstlichen gespielt, einige Empfindungsscenen aufgeführt, ihr Gelegenheit gegeben, ihr die Forderung gestellt, mir ein doppeltes Opfer zu bringen, Entsagung auf ihre, Gewährung für meine Liebe, so hätte sich leicht Alles im Guten geordnet. Aber das konnte ich nicht. Mich verdroß die Komödie, die sie früher ganz ähnlich schon einmal mit jenem Bekannten von mir, einem Maler, der in ihrem Institute Zeichenlehrer gewesen war, in Scene gesetzt hatte; die sie, wenn meine Wahl auf die Nichte gefallen wäre, sicherlich nicht[310] angezettelt hätte. Ich schrieb ihr einige wohl recht kühle, bedauernde Worte und dachte nun, erwartend was da kommen werde, der Sache stille zuzusehen, die sich nun ärger und ärger verwickeln sollte. Eine meiner Abendbegegnungen mit Victorien wurde durch lauschende Nachbarn verrathen, und das kam an die Mutter Dapping; ich hatte einen Wink davon. Sie kam eines Tages zu mir und erzählte mir eine lange Liebesgeschichte von ihrem Sohne in Frankenthal, in der offenbaren Absicht, mich zu einem Geständnisse herauszufordern. Ich aber mußte verschlossen bleiben, wie peinlich mir es war, denn sie sprach liebevoll und mütterlich. Auf ein Bekenntniß hätte ich – wenn auch noch so freundschaftlich – Vorwürfe über meine Heimlichkeit erhalten; sollte ich, konnte ich der Mutter, die ohnehin in einem steten Zerwürfnisse mit der Tochter lebte, mittheilen, daß ich zweimal vergeblich den Versuch gemacht, gegen Sophien ganz offen zu sein? Ich schwieg. Die Tochter rechnete mir das nicht an. Die verletzte Mutter lag ihr nun in den Ohren, gegen mich mit der Sprache herauszugehen. Sie schrieb mir einen ungeschickten Brief, worin mir das Verhältniß zu Victorien in einer unzarten Weise vorgerückt war. Ich sagte ihr darüber mündlich eine gereizte Antwort, die einen Bruch bedeutete. Nun wurden Anstalten getroffen, Victorien auf Ostern in das Haus des Vormunds, Pfarrer Kleinschmidt's, zu geben. Ich sagte für dieselbe Zeit meine Wohnung auf.

Eine ruhelose, peinigende Leidenschaft machte nun das jugendliche Blut in mir aufkochen. Ich malte mir in schwarzsichtiger Einbildung die verzweifelten Stunden aus, die mein Mädchen nun noch in dem Hause der misstimmten Erzieherinnen durchzuleiden hätte, von welchen sie in der That, bis auf eine tadelnde oder mahnende Vorstellung, nichts zu dulden hatte. So malte ich mir auch in eigener Beängstigung die Unruhe aus, in der die Kleine unsere Liebe bedroht und gefährdet sehen möchte, bis ich gelegentlich erfuhr, daß sie zufrieden und ungehärmt dahin lebe, da ich dann[311] ein enttäuschtes, »O weh« sang, »daß Kindheit ist der Liebe fremd«; der Selbstquälerei, meinte ich, ohne die sich das starke Geschlecht keine starke Liebe denken zu können scheint. Bis gegen Ostern hielt das Zusammenleben in demselben Hause, die Möglichkeit, das liebe Kind vorübergehend zu sehen und zu sprechen, die gramvolle Ungeduld noch in einigen Schranken; um die Zeit der Trennung verdüsterte sich mein Gemüth nun trüber und trüber. Der Zufall fügte es, daß am Abend vor dem Ueberzuge zu dem Vormunde Fräulein Dapping mit der übrigen Jugend zum Balle ging, während Victorie ihre Siebensachen zusammen packen sollte; die Mutter pflegte früh zu Bett zu gehen; eine langjährige Dienerin, die den Freundschaftsbruch im Hause gewahrt, seine Ursache errathen hatte und, wie das gewöhnlich ist, mit der Jugend im Bunde war, ließ es schweigend geschehen, daß die junge Braut zu mir herauf kam, wo wir zum erstenmal einige ungestörte Stunden in ernster Ruhe und stillem Glück verbrachten: ein vorüberziehender Moment der Wonne, aber in der Erinnerung eine Ewigkeit werth. Am anderen Tage sah ich in stummem Jammer das Kind die Straße dahin ziehen; die Dienerin kam mit Thränen mir zu sagen, daß sie fort sei; in dem wie ausgestorbenen Hause trat mich eine junge Elberfelderin an, der letzte übrig gebliebene Zögling, die von Niemanden eigentlich in unser Geheimniß eingeweiht war, und wünschte und prophezeite mir Glück zu meiner Wahl und zu meinem Lebenswege; Beseler kam, ich fiel ihm weinend um den Hals. In seiner Freundschaft hatte ich meinen nächsten Trost; im Sammer zogen wir in eine gemeinsame Wohnung zusammen. Victorie fand ihren Ersatz in dem ungehemmteren Umgang mit ihrer Schwester, die nun die Beschützerin unserer Liebe ward; Austausche von Bildnissen, von Mittheilungen, von Weisungen gingen nun durch sie, zu der ich im Nothfall im Hause Winter Zugang finden konnte. Zu dem Vormund und zu Victorien fand ich ihn nicht. Ich besuchte ihn; ich legte ihm in möglichst schonender Weise die Geschichte meines[312] Verhältnisses zu seiner Mündel vor; er schien menschenkennend den Zusammenhang auch da, wo ich ihn mehr zu errathen gab, zu begreifen; kein Entgegenstehen in seinen Worten, eher ein wohlwollendes Entgegenkommen; in seinen Thaten aber das Gegentheil. Die böse Welt sagte ihm nach, er habe auf meine Braut für seinen Sohn, einen Studiosen der Medicin, speculirt; ich habe keine ausreichenden Gründe, das bestätigen oder ihm widersprechen zu können. Aus spätereren Briefen von Victoriens Oheimen weiß ich nur dies, daß er bei diesen Verwandten eine ungünstige Schilderung von mir machte, den er durchaus nicht kannte, und daß er gegen unsere Verbindung Schwierigkeiten erhob. Wenn das nichts weiter als die Folge von Einflüsterungen der Erzieherinnen war, so hätte es dem geistlichen Herren wohl angestanden, meiner Offenheit gegenüber sie zur Erörterung zu bringen. Daß sie ihm achselzuckend zu verstehen gegeben hatten, an meinen Artigkeiten gegen die Schelverschen Töchter möge der Umstand nicht wenige Schuld tragen, daß sie einiges mütterliche Vermögen hätten, ist mir bekannt geworden und hat mich mit Verachtung gegen die einstigen Freundinnen erfüllt, die mich in der That von anderen Seiten kennen konnten. Auch daß ich mit Margreten in einem unschicklichen Verhältnisse gestanden habe, gehört zu den Verleumdungen, denen der Vormund Ohr und Zunge lieh; Verleumdungen, die er später auf mein Angehen und auf eine drohende Injurienklage von Seiten des Bräutigams Margretens, Philippi aus Usingen, vor diesem wie vor mir (in einem Briefe vom 30. Mai 1836) in aller Form abzuleugnen hatte. Diese Erfahrungen vergifteten meine unglücklichen Stimmungen entsetzlich. Befleckungen des Namens, Kränkungen der Ehre, Verdächtigungen des Charakters füllen Kopf und Gehirn mit schwer verlöschlichen Qualen und ertragen sich unendlich schwerer als bloße Erschütterungen des Gefühlslebens; und dies um so mehr, je weniger uns Macht bleibt ihnen wirksam zu begegnen. Es gab für mich nur noch eine Instanz, bei der sich mein verletzter Ruf und mein[313] bedrohtes Glück herstellen mußte, die Oheime in Osnabrück und Hamburg, zu welchen Victorie im Herbste gebracht werden sollte. Ihnen schreiben, bevor sie selber da angelangt war und das Wort für sich und mich selber führen konnte, mochte ich nicht; ich wollte meine Sache persönlich bei ihnen führen; das war im besten Falle vor Herbst nicht zu machen. Ob es dann fruchten würde, mußte ich zweifeln: wenn die Entstellungen der Erzieherinnen den Vormund beirrten, der mich kennen lernen konnte, was mußten die Verleumdungen Beider bei den fernen Verwandten bewirken, die von mir nichts wußten und von ihrer Nichte eben so wenig? Ich mußte Alles von der Einwirkung der Persönlichkeiten erwarten; und ich durfte hoffen, daß die bloße stumme Erscheinung der eigenmächtigen Braut, von der den Oheimen ein ebenso verzerrtes Bild entworfen worden war, allein genügen würde, die unheilvollen Nebel augenblicklich zu zerstreuen, die man auf unsere Beziehungen geworfen. Aber bis dahin waren es noch Monate, die mir unendlich schienen. Sorgliche Vorstellungen von dem, was das Kind in der Gefangenschaft bei dem Vormunde zu dulden haben möchte, ohne daß ich es erführe, nagten an mir gleich unnöthig, wie früher die ähnlichen Bekümmernisse nach dem Bruch in dem Dapping'schen Hause; man arbeitete nur im Rücken gegen uns. Zum Glück beherrschte ich meine friedlosen Einbildungen doch so weit, daß ich sie in dichterische Gestaltungen ableiten konnte. Noch in den Tagen der Trennung hatte ich meinen frischesten Schmerz in einer Reihe empfindungswarmer Gedichte entladen; diese lyrischen Ergüsse stockten nachher in der Oede unserer Entfernung von einander; dagegen belebten sich mir die Züge jener alten epischen Dichtung, der Gudrun, die ich damals auf eine Bearbeitung ansah, durch die zarten Beziehungen, die mir unsere unfreiwillige Scheidung an die Hand gab; die beiden Schwestern waren trefflich geeignet, mir die vollen Umrisse zu den Charakteren Gudrun's und ihrer schirmenden Trösterin Hildburg zu leihen. Neben dem lebendigen Verkehre mit den Freunden Beseler[314] und Hegel, der in dem gleichen Hause mit uns wohnte, waren diese dichterischen Träume und die angestrengten Arbeiten zu dem zweiten Bande der Dichtungsgeschichte die Hauptquellen der Erleichterung für mich in den tiefen Verstimmungen, in denen ich damals jedem anderen Menschenverkehre auswich. Zum Müßiggang ließ ich mich nicht entnerven; im Gegentheil, die Entäußerung meiner selbst an das Allgemeine, an die Wissenschaft, konnte mich allein die Qualen des persönlichen Gefühlslebens vergessen machen. Aber freilich, wann stähle sich nicht auch so eine leere Stunde ein, um dem Grübeln und Sehnen Raum zu gewähren? Und was man in solchen Lagen dem Tage abzwingt, das bringt eine müde, schlaflose Nacht überwältigend zurück. Als der Herbst kam, da nun Victorie zuerst auf einen kurzen Besuch zu dem Osnabrücker Onkel, dem würdigen Kaufherrn Rudolf Schwartze, und dann für längere Zeit in die große mit 8 Töchtern und 3 Söhnen gesegnete Familie des Hamburger Oheims Gabriel Schwartze gebracht werden sollte, befiel mich begreiflich eine neue, heftigere Spannung. Ist man doch nie übler dran, als wenn man nicht weiß, wie man dran ist. Dör Gedanke an die Launen des Ungefährs und der Ungewißheit, denen ich mich in den innersten, heiligsten Regungen meiner Seele Preis gegeben sah, erfüllte mich mit all der Pein, die in dem unaufhörlichen Wechsel der glück (ichsten und unglücklichsten Empfindungen liegt, der auch das stärkste Gemüth erschüttern muß. Welcherlei Menschen würde sie in jenen lange entfremdeten, ihr meist ganz unbekannten Verwandten finden? Wie würde das unerfahrene, unberedte, arglose Kind sich bei ihnen gebaren, wenn sie sie – gewiß mit Vorurtheilen, wahrscheinlich mit Vorwürfen empfingen? wie gar, wenn sie ihr vielleicht mit liebevollen Vorstellungen über ihre vorzeitige Selbstverfügung, gegen ihre übereilte, vor Prüfung anderer Männer getroffene Wahl zusetzten? Es war ein Weg voller Klippen und Dornen, der mich, wer konnte wissen wie ferne von meinem Glücke zurückschob, wie lange von ihm abschied![315]

Da nun sollte das in langer, leidiger Ebbe aufsitzende Fahrzeug meiner Liebe durch eine rasch andrängende Fluth auf fast wunderbare Weise flott gemacht werden. Die Dunkel, die vor mir lagen, begannen sich unerwartet durch eine Reihe von unberechenbaren Ereignissen zu lichten, die jenen rauh und lang gedachten Weg über all mein Erwarten ebnen und über alle meine ungeduldigsten Wünsche hinaus abkürzen sollten. Früh im Herbste kam Dahlmann, den ich schon um Ostern kennen gelernt hatte, mit Frau und Tochter nach Heidelberg und weilte da einige Tage. Beseler und ich waren ihre steten Begleiter. Nach der Art, wie Beseler bei ihnen eingeführt war und mich bei ihnen eingeführt hatte, lebten wir mit ihnen wie zur Familie gehörig. Sie gewannen mich im ersten Anlaufe lieb, sagte mir Beseler, und dann, fügte er zu, dann halten sie treu an einem. Die Frau war durch Beseler von meiner Herzensgeschichte unterrichtet und nahm den wohlwollendsten, wärmsten Antheil daran. Beseler rüstete sich grade, seinem Rufe nach Basel zu folgen; Dahlmann's setzten ihre Reise nach dem Süden fort; auf dem Rückwege schloß ich mich ihnen in Mannheim an und begleitete sie eine Strecke rheinabwärts. Es war eben zu der Zeit, da der Vormund Victorien zunächst zu einer Verwandten in Bonn, der Professorin Böcking, schitkte und sie selbst bis Mannheim begleitete, wo ich sogar – mir höchst unwillkommen – im Gasthaus mit ihm zusammenstieß, ohne ihn anzureden. Auf der Rheinfahrt äußerte Dahlmann einmal, wie wohl man in Göttingen bei Heeren's Hinaltern eine zweite historische Kraft gebrauchen könne, und daß er gerne mich dort neben sich wirken sähe. Ich dachte das gesagt, wie man so was sagt, und hörte es, wie man so was hört, wenn man keinen ungerechtfertigten Ehrgeiz und Anspruch hegt. Es ist wahr, meine Schreibereien hatten mir bei manchen guten Männern einen guten Namen gemacht. Ueber meinen Machiavelli hatte mir Schlosser öffentlich, Wangenheim, Rehberg, Dahlmann auf privaten Wegen schmeichelhafte Dinge gesagt; der erste[316] Band der Dichtungsgeschichte hatte mir von Jacob Grimm eine beneidenswerthe Anerkennung verschafft; selbst die badische Regierung hatte mich »ausnahmsweise« wegen dieser wissenschaftlichen Leistungen (April 1835) zum außerordentlichen Professor ernannt; so lag die Möglichkeit eines Rufes nicht völlig aus dem Wege; ihr aber nachzugehen und nur entgegen zu kommen, war mir durchaus nicht gegeben; daher denn auch verschiedene Aussichten, die man mir von meiner Vaterstadt aus, die mir Zell (schon seit Frühling 1834) von Freiburg aus eröffnet hatte, gewonnen waren oder verschoben blieben, ohne daß ich mich darum kümmerte. Und so schien mir denn auch die Stelle in Göttingen, für die man sich zwar in Hannover schon umgethan, Stenzel, Huber, Leo in Erwägung gezogen hatte, im besten Falle in sehr ungewisser Ferne zu liegen. Schon kurze Wochen aber nach Dahlmann's Heimkehr richtete er (Ende October) im Namen des Curatoriums die Frage an mich, ob ich kommen wolle. Sein Einfluß in Hannover war allvermögend; man wußte, daß er frei von Ränken und Eigensucht war, daß es ihm ehrlicher Ernst war um Alles, was er angriff; in den gefährlichen Zeiten nach 1830 hatte er die Regierung aufrichtig unterstützt. Als er dem ehrwürdigen Arnswaldt, dem allbewanderten Curator, der um meine literarische Thätigkeit vollständigen Bescheid wußte, meinen Namen nannte, war dieser sogleich entschieden, und so folgte der freundschaftlichen Anfrage die amtliche und dieser nach meiner Zusage das Anstellungsdecret (19. Dec. 1835) in ungewöhnlicher Schnelligkeit. Es war nun, als ob sich die freundlichen Geschicke verschworen hätten, mir in meiner gequälten Lage alle denkbare Genugthuung zu geben. Meine Gegner oder Neider, schon durch das Extraordinariat in Heidelberg betroffen, wurden durch das Ordinariat in Göttingen bestürzt. Es versetzte mich in die Heimat von Victoriens Eltern und Verwandten, es rückte mich wieder in die Nähe der absichtlich von mir Entfernten. Ich schrieb es ihr sogleich und sandte den Brief an den Oheim in Osnabrück, den Anlaß ergreifend, ihm[317] ernst und grade unseren ganzen Handel vorzulegen und ihm für eine nächste Zeit meinen persönlichen Besuch anzusagen. Es war gekommen, wie ich gedacht hatte. Der bloße Anblick, die kürzeste Bekanntschaft mit dem schlicht natürlichen, bestgearteten, ruhig verständigen Kinde, das man als ein verirrtes, verdrehtes Wesen dargestellt hatte, war genug gewesen, die Verwandten zu beruhigen und aufzuklären. Auch in Bezug auf mich schrieb mir der Onkel Rudolf, den Briefwechsel mit Victorie gestattend, zurück; er sei, wo es sich um das Glück zweier Menschen handle, von Anfang an weit entfernt gewesen, sich auf das alleinige Urtheil des Vormundes hin gegen mich einnehmen zu lassen. Aus dem Kreise der Verwandten hatte sich Blume, der wohlbekannte Bonner Rechtslehrer, damals in Lübeck, Schwager des Onkel Gabriel, an Dahlmann's gewandt, sich um meine vermuthbaren eheständlichen Eigenschaften zu erkundigen. Und das war denn die Stelle, die ein Complott zu meinen Gunsten nicht besser hätte ausdenken können. Ihr Bericht mußte zu dem des Vormunds nothwendig den befremdendsten Gegensatz bilden. Auch erfolgte nun sofort von den Oheimen der bestimmte Antrag bei dem Vormund, mit triftigen Gründen gegen unsere Verbindung hervorzutreten oder seinen Widerstand aufzugeben. Das letztere geschah: Frau Dahlmann konnte sich rühmen, mich zum ordentlichen Bräutigam gemacht zu haben (nachdem sie mich, wie man sie in Göttingen bezichtigte, auch zum ordentlichen Professor gemacht), mir die Braut und zur Braut das Amt gegeben zu haben; sie machte in selbstgefälligem Humore Beides bei mir geltend und ich trug ihr tiefinnigen Dank bis an ihr Ende. Ich war nun voll Hoffnung und guten Muths auf die berufliche Zukunft in dem Hauptquartier der deutschen Gelehrsamkeit, die mir die neue Freundin zwar nicht sehr rosig ausmalen wollte; desto sicherer war ich, in den Häusern von Rehberg, Grimm, Dahlmann die gastlichste Aufnahme, in dem letzteren namentlich ein wahres Elternhaus, in Frau Dahlmann demnächst für die junge Frau eine ächt mütterliche Stütze zu finden.[318]

Mitten in diesen Rausch der Erfolge fiel ein unversehenes Leid, als ob mich das Schicksal vor allem Uebermuth des Glückes bewahren wollte. Mein einziger Bruder starb um Neujahr unter meinen Augen. Den alten Eltern wurde die Freude über die Aussicht auf die Hausgründung des jüngeren Sohnes durch die Verwaisung und Verwiltwung der Familie des älteren vergällt. Eine bedenkliche Erschütterung meiner eigenen Gesundheit gesellte sich hinzu. Auf einem Gange im eiskalten Januar (1836) ward ich von heftigen rheumatischen Seiten- und Rückenschmerzen befallen, die durch Verschuldung meiner eigenen Ungeduld, der ich mir in Hamburg in den Armen der Braut den nächstliegenden Trost zu holen eilte, nicht ganz gehoben wurden, deren Grund auch wohl nicht richtig erkannt worden war, da später mein Göttinger Arzt aus den andauernden Resten des Uebels eine Rippenfellentzündung aussand. Ich kam leidend nach einem kurzen Aufenthalte in Frankfurt bei Hessemer's nach Hamburg, wo ich den März verbrachte, um dann über Osnabrück und Hannover nach Göttingen zu gehen. In Hamburg war Victorie die Freude der Familie geworden. Die Tante, krank und nur wenigemal zugänglich für mich, war eine Frau von ernstem, strengem Charakter; die eigenen Kinder rühmten sie, daß sie am liebsten in der Sorge für Anderer Glück lebe; die Nichte war ihr eine liebe Tochter geworden. Eine Unterredung mit ihr. wie nachher in Osnabrück ein Besuch bei der Tante Corsica, war genug, die scharfen Frauenaugen bei dem Anblick »dieses ruhigen Mannes« über jeden Zweifel an der glücklichen Zukunft der kleinen Braut hinwegzusetzen. Neue Zwischenfälle, deren Ursachen ich z. Th. nur errathen kann, beschleunigten dann noch den nun ungehemmten Fmg zu dem festen Ziele meiner Wünsche in nicht erwarteter Weise. Die Cousine Emilie, durch die ich Victorien zu ihrem 16. Geburtstage am 11. Mai in einem Korb unter bräutlichen Myrthen und Rosen einen Schmuck auf den Morgentisch stellen ließ, überraschte mich in ihren Antworten mit dem Vorschlag, das junge Ding schon[319] im kommenden Herbste heimzuführen. Ich wäre es gerne zufrieden gewesen, dem Mädchen das unbefangene Glück einer freieren Jugend noch zu gönnen und ihr Inneres durch eine ruhige Entwicklung ohne Uebereilung reisen zu lassen. Da man sie von einem ehelichen Vormunde wollte auserziehen lassen, sollte ich nicht überglück lich einschlagen? Selbst die Schwester Margrete fand, daß auch sie jetzt Freude auf Freude in einen Taumel von Seligkeit versetze. Am 3. Sept. wurde ich mit dem theueren Geschöpf durch den Hauptpastor Alt in Hamburg getraut. »Nun haben Sie sie,« sagte bei der Durchreise durch Minden die Cousine Pagenstecher mit Augen, die von Theilnahme und von Zufriedenheit mit der Familienpolitik strahlten. Einer der drei Vettern in Hamburg hatte sich nicht enthalten können, der Jungvermählten eine Liebeserklärung nachzusenden; man deutete mir gelegentlich an, daß noch ein zweiter, der sich enthielt, die gleichen Gefühle für sie hegte; lag hier der Grund der Beeilung unserer Vermählung, so hatte die Familie Recht, auf ihre Ehrenhaftigkeit stolz zu sein. Wie in Minden, so besuchten wir alle die mütterlichen Verwandten Victoriens in Bremen und Osnabrück, dann ihre Halbschwester Alwine, bei der wir Margreten zu Gast fanden, deren eigene Verbindung mit Philippi ich nun mit meinem neu gewonnenen Einfluß (ein kleiner Dank für ihre an uns bewiesene Güte und Treue) bei dem Vormund betreiben und durchsetzen konnte. Mit Hessemer's waren wir zuvor in Wetzlar zusammen getroffen, die in fröhlichem Herzen an unserer kurzen Hochzeitreise rheinaufwärts Theil nahmen, deren kleine Begebenheiten und große Freuden dann Hessemer in einem Gedächtnißbüchlein besang. Zuletzt statteten wir den Besuch bei meinen Eltern ab. Die gute Mutter war, so oft ich sie einsam ertappte, in Freudenthränen. In ihrer Umgebung hatte sie, ehe wir kamen, tausend dankende Worte ausgerufen, daß sie dies Glück erlebt habe. Die ehrlichen Freunde, die mein vielgekreuztes Glück in allen seinen Phasen miterlebt hatten, wünschten mir in rührenden Briefen: daß[320] mir die Seligkeit, die ich nun besitze, ungetrübt bleiben, und daß ich dem eigenthümlichen, doppelsinnigen Geschicke, der Nemesis, die mir Freud mit Leid und Leid mit Freude so seltsam auszugleichen pflegte, meinen Tribut nun für immer gezahlt haben möge.

Es schien mir immer, daß aus eines Mannes Munde der Ruhm seiner Frau zur guten Hälfte wie Selbstruhm klänge. Das wird aber doch die Erwartung des Lesers nicht abschneiden, in dieser Lebensgeschichte ein ungefähres Bild des Weibes zu finden, das ich, schon da sie noch in der Knospe beschlossen lag, mit solcher Sicherheit an die Schicksale meines Lebens zu ketten entschlossen war. Ich will daher versuchen, nicht ein solches Bild im Novellenstile so auszumalen, daß auch kein Seelenfältchen unaufgerollt bliebe, sondern nur in gröberen, möglichst thatsächlichen Zügen den Umriß einer Zeichnung zu entwerfen, die in keinem Striche die volle Wahrheit verhehlen oder verfehlen soll. Ich habe angedeutet, daß die ersten Eindrücke, die ich von Victorie Schelver empfing, die der einfachen Natürlichkeit im äußeren Gebaren, in seelischen, sittlichen und geistigen Beziehungen aber die der sanften Gemüthsruhe, der reinen Unschuld, der naiven Sinnigkeit waren. Sie gehörte ganz dem Frauenschlage an, der in jener instinctiven Fühlung, welche aus einem ungetrübt reinen Empfindungswesen stammt, das Leben in seinen meisten Verhältnissen sicherer zu bemeistern pflegt, als das stärkere Geschlecht in all seiner Weisheit. Ein Weib von anderer Art wäre nie in meine Wahl gefallen. Ohne Arg und Falsch, wie ihre Naturanlage war, war sie unter herzensguten Eltern, von einer frommen Mutter zu Demuth und Milde erzogen worden und ohne strengen oder harten Tadel aufgewachsen, gewohnter, wie es bei dem Dichter heißt »mit einem Kusse tausend Meilen als mit dem Sporne zehn Schritte« getrieben zu werden. Die frühe Entbehrung dieser liebevollen Pflege und Zucht, deren Werth und Wohlthat sie vollaus zu schätzen wußte, hatte ihr die Verwaisung fühlbarer gemacht, als sie vielleicht Anderen in so[321] jungem Alter gefallen wäre. Von dieser Seite war sie das volle Widerspiel zu mir, der ich, minder harmlos geartet, von höchst unempfindsamen Eltern in einer herberen Zucht gehalten worden war; bei dem man, um aus demselben Dichter den Gegensatz zu entlehnen, Schelte nöthig fand, um das Unkraut auszuiäten. Dies Widerspiel warf zu Zeiten wohl einige scharfe Würze in unsere sonstige Herzens- und Geisteseintracht, die ohne das vielleicht schal abgestanden wäre. Die junge Frau ertrug sehr lange Zeit selbst meine gutmüthigste Neckerei nicht, zu der mir Hang und Versuchung an geboren war, zu der ein Weib, und vollends ein Kind von ihrem Schlage (wie sie schon in Hamburg unter den 8 Muhmen zur Genüge hatte erfahren müssen) alle Welt herauszufordern pflegt. Wenn sie diese meine Art oder Unart mit den Jahren zu dulden, zu verstehen, zu erwidern lernte: die andere, in der ich nach meinen Gewöhnungen irgend ein Misfallen über irgend welche Misstände nicht zurückmhalten pflegte, hat sie, ungeduldig gegen jede ernste Rüge, die sie gern allzu ausnahmslos für unverdient oder unbegründet ansah, eigentlich nie zu ertragen gelernt. Und daß sie sich gegen ungerechte Härten oder vermeinte Unbilden in der Seelengüte, die sonst der Grundzug ihres Wesens war, nur leidend verhalten hätte, daran fehlte viel; dawider hatte ihr die Natur einen scharfen Stachel verliehen; ja sie konnte unterweilen in jene Hänge verfallen, welche empfindlichen, nervengereizten Frauen von Zeit zu Zeit eine Aufwallung, eine Emotion unentbehrlich machen. Dergleichen war fast das Einzige, was in den ebenen Strom unseres Lebensglückes zuweilen eine Hemmung warf, die ihn aufstrudeln machte, wie in einer wunderlichen Verkehrung unserer Naturen: die sanfte, gefühlige Frauenseele konnte dann in ihrer ungewöhnlichen Aufregung den so viel härter temperirten Mann, der in seiner häuslichen Klause ein tiefinnerliches Bedürfniß nach Ruhe und Frieden empfand, schärfer verletzen, als Er sie in der Wahrheitsmanie seiner Ausstellungen, die sich kaum je auf einen wesentlich[322] bedeutenden Anlaß bezogen; nur daß sie freilich in dem Augenblicke, da sie die schmerzlichen Eindrücke des Friedensbruchs gewahrte, zurückschlug in eine mitleidende oder reuige Weichheit und nun die Wunden leichter heilte, als sie sie geschlagen hatte. – Von einer ähnlichen, von einer edleren Zweiseitigkeit wie ihr Temperament war ihre sittliche Natur. Sie war ein Bild vollendeter Unschuld und Sittsamkeit. Zweifler an Tugend und unverdorbener Seelenreinheit zu bekehren, hätte es nichts bedurft als die Bekanntheit mit diesem Wesen. Ehe ich sie nach Göttingen brachte, sagte mir einmal Frau Dahlmann, die in der Freude vorausschwärmte, welche sie sich von dem Zusammenleben mit Victorie versprach, man mache sie aufmerksam, wie leicht sie doch in ihren excentrischen Erwartungen ganz irre gehen könne; ich tröstete sie: wenn ihr makellose Unschuld und der ungetrübte Spiegel eines klaren Geistes hinlänglich erschienen, ihre Erwartungen zu berechtigen, so solle sie ihren nüchternen Tadlern kühnlich trotzen. Und dies Vorurtheil des geblendeten Bräutigams ward als ein ächtes Urtheil der Unbefangenheit bewährt gefunden. Freund Hegel schenkte mir Desnoyers' Kupferstich von Raphael's h. Margarethe als ein Zeugniß der Idee, die ihm die Schilderungen »meines Engels« gemacht hatten: das Sinnbild hoher Unschuld, die mit dem bescheiden getragenen Siegeszeichen in der Hand, mit dem vollen, klaren, offenen Auge durch den Rachen des Ungethüms des Bösen und der Sünde in unwissender Unangefochtenheit dahin schreitet; es war eine Gabe, die nicht sinnvoller gewählt und zutreffender gedeutet werden konnte. Denn an Niemanden ging das Böse, das Niedere und Gemeine dieser Welt so machtlos vorüber wie an ihr; für Niemand wäre sittenvergiftende Lectüre schadloser gewesen; Niemands Ohr war für lose Reden tauber als das ihre; im Schlechten entschuldigende Gründe zu vermuthen, im Schlechten das Gute zu suchen, ja das Schlechte nicht zu glauben, war ihrer Güte natürlich; wenn sie selbst in der Geschichte ihre entstellten Blätter, wenn sie die Greuel[323] der französischen Umwälzung las, so legte sie das Buch aus der Hand mit dem Eindruck, als könne das nicht in Wahrheit und Wirklichkeit geschehen sein. Wollte man sie aber als ein Geschöpf ansehen, das für die Welt, wie sie ist, nicht geschaffen war, für eine reizbare Sinnpflanze, die bei jeder rauhen Berührung Blätter und Stiele herabsinken ließ, so würde man gänzlich fehlurtheilen. Wie ihrer Güte und Sanftmuth, so waren auch ihrer sittlichen Harmlosigkeit die Waffen gegen irgend eine Ungebühr nicht versagt. Wenn auch mehr geschaffen, den unsanften Anfassungen der Welt aus dem Wege zu gehen, wäre sie jeder Nöthigung ihr zu stehen gewachsen gewesen. Mehr angelegt, den Kummer über ein drohendes Leid sich auszureden, war sie stark genug, wenn das Leid unausweichlich schien, ihr Vorausleiden mit Willenskraft zu überwinden, wenn ihr diese Ueberwindung einen Nutzen zu bringen und eine Pflicht zu werden schien. Wie es der Frauen Art ist, gegen alles Unsympathische unduldsam zu sein, und gegen Fehler, die sonst Liebe und Güte gerne begrub, unversöhnlich zu werden, wenn sie sich gegen sie selber kehren, so war auch sie sehr leicht gestimmt, eine an ihr begangene Sünde mit zürnender Abkehr zu erwidern, doch war sie auch kräftig genug zu liebender Vergebung, wenn ihr der Sünder werth und nicht hoffnungslos aufgegeben war. Einmal kam zwischen uns zur Frage, welchem der Shakespeare'schen Frauencharaktere sie sich wohl am verwandtesten fühle; sie war trotz der lauernden Bosheit meiner Necksucht nicht zu blöde, Imogen zu nennen: ich meine mich zu erinnern, daß mir das Necken versagte, weil die Wahrheit der Zusammenstellung mich traf. In die Prosa eines gewöhnlichen Lebens gewöhnlicher Zeiten versetzt würde jenes Wesen einer hochpoetischen Welt kaum anders erscheinen. Wenn Posthumus von einem Körperleiden wäre befallen gewesen, das ihm und seiner Umgebung das Leben verfrüht zu kürzen gedroht hätte, so würde Imogen, wenn sie sich selbst dem unseligen Gedanken nicht mehr entziehen konnte, nicht mit[324] größerer Geistesmacht ihre Sorge dem Leidenden verhehlt haben, um seine Sorge nicht noch zu steigern, als Victorie noch in unmündigen Jahren dem Kaumvermählten gegenüber zu thun veranlaßt und vermögend war. Wenn Gerwin einer Versündigung an seiner Geliebten glaubhaft wäre geziehen worden wie Posthumus, so würde Victorie nicht anders als Imogen von dem Gedanken und Streben ganz erfaßt worden sein, den Verlorenen wieder zu gewinnen. Es wird sich später zeigen, daß dies nicht ein bloßer Vermuthungsfall ist. Dieser glückliche Ehebund sollte kinderlos bleiben. Das ist ein dunkler Punct, ich sollte sagen der einzige dunkle Punct in meinem Leben geblieben. Zu vielen räthselhaften Verschlingungen in diesem Leben habe ich später immer die Lösungen, zu vielen Schäden immer die Entschädigungen, für viele Entbehrungen immer einen Ersatz gefunden; warum mich dieses Schicksal traf, habe ich nie begreifen lernen. Wenn das einsam gebliebene Weib, vom Schmerz des Gatten gebeugt, nach einem Segen in dem Unsegen grübelte und mir einmal mit thränenden Augen die kinderlosen Befreier der neuen Welt in Nord und Süden vorhielt und mich der Volksfamilie angehörig nannte wie sie, so befiel den that- und machtlos Gealterten nur ein so bittrerer Unmuth bei der übernaiven Ueberhebung. Ich hatte im Anfang unserer Ehe bei der großen Jugend der kleinen Frau die Verschiebung der Elternfreude leichten Sinns getragen und sogar gerne gesehen; im Alter, wo uns die herben antiken Ansichten von dem geringen Werthe des Lebens und dem Glücke des Nichtgeborenseins eingänglicher werden, lernte ich ihre Versagung mit williger Resignation ertragen; in der Lebensmitte trug ich sie schwer, und selbst nicht ohne sittliche Schädigung. In einer Zeit, wo mir meine uneigennützigsten Wünsche abwelkten, wo sich mir die Zukunft der vaterländischen Dinge in ein undurchdringliches Dunkel hüllte, wirkte das Versinken dieser selbstlosen Ideale mit der Entbehrung jenes ganz persönlichen Glücks unheilvoll in mir zu einer Verwirrung und[325] Verirrung zusammen, die dem treuen Weibe die traurige Eröffnung machte, daß das Metall der Männersitte nicht von so reinem Schliffe wie bei den Frauen ist. Wenn ich später die Geschichte dieser vorübergezogenen Katastrophe in ganzer Offenheit erzähle, so wird aus den Schriftzeugnissen jener Tage der ganze Seelenadel des seltenen Weibes aufleuchten und bezeugen, daß sie in diesem Paare weit die schönere und bessere Hälfte war.

Unsere Ehe ist durch den Mangel an Nachkommenschaft wesentlich eine Seelen- und Geistesehe geworden, über deren Recht und Geltung und Würde Milton so schön geredet hat. Sie ist als eine solche selbst den Nachlebenden bekannt geworden, weil sie eben als solche eine geistige Nachkommenschaft hinterlassen hat. Nicht daß die Frau des Gelehrten zu dessen Büchern eigene Bücher hinzugeschrieben hätte. Ihr Sinn war zwar auf äußere Dinge nicht gestellt; sie hat das beste englische Kochbuch, das ich ihr einmal schenkte, kaum jemals angesehen, und ein Modejournal ist nie in das Haus gekommen; allein die unmodische Tracht, die Herr Stillingfleet den gelehrten Weibern vererbt haben soll, hat sie nie getragen. Sie konnte vielleicht einmal, im Eifer gegen die Ausschließlichkeit der Männerherrschaft, das Wort für eine gewisse Emancipation des Weibes ergreifen, und doch war Niemand zu irgend welchen Uebergriffen in die Sphäre der männlichen Berufe weniger geschaffen als sie. Das Scharfkantige des einseitigen Verstandes war ihr überhaupt nicht eigen; Witz und Satire berührte sie nicht sympathisch; zum Räthseldeuten oder Erfinden wäre Niemand lässiger gewesen; in einen dialektischen Kampf gezogen wäre sie wohl im Stande gewesen, die Gründe, die Shakespeare Weibergründe nennt, als volle Trümpfe auszuspielen und Grashalme gegen Lanzenspitzen einzulegen. Dagegen besaß sie eine beneidenswerthe passive Empfängniß und Empfanglust für alles, was ihr irgend wissenswürdig erschien. Ihre bloßen Augen konnten ein Bild natürlicher Wißbegierde heißen; Jemand nannte sie vortrefflich bezeichnend[326] zwei lebendige Fragezeichen. Ob sie in den weiten Fabrikräumen von Seraing an der Hand eines kundigen Führers herumwanderte, oder mit einem jungen reformsüchtigen Himmelstürmer in philosophische Erörterungen über seine Weltverbesserungsplane einging, so konnte sie, wenn sie ganz bei der Sache war, von einigen gegebenen Thatsachen und Prämissen ausgehend die verständigsten Fragen stellen und die zusammenhängendsten Folgerungen ziehen selbst in Fächern, die ihr sonst ganz fremd waren. Für alle lebenvollen mündlichen Mittheilungen und Eintausche wäre sie stets in allen Gegenständen aufnahmebereit gewesen, für das Lernen aus dem Buch, für das Wissen, das im Gehirn bleibt, war sie gleichgültiger. Daher drängte es sie nie, in irgend ein Bereich der Wissenschaften in strenger Weiterforschung vorzugehen. Es wird sie ärgern und ihren lauten Widerspruch erregen, wenn sie hier liest, wie ich der Welt verrathe, daß sie eigentlich keines nur meiner eigenen Bücher in straffer Ausdauer, zusammenhängend und gründlich erschöpfend gelesen habe, selbst wenn sie mir eines darunter in Wahrheit hätte machen helfen; sie war über einer wissenschaftlichen Lectüre leicht von dem Einzelnen zu sehr festgehalten und zerstreut; sie hätte gern bei jeder Behauptung jeden möglichen Scrupel gleich gehoben, im Anfang gleich das Ende gefunden. Wenn sie so in allem Verstandeswerke einen Hang, sich über dem Einzelnen zu vergrübeln, verrieth: in den Regionen, die mit dem bloßen Verstande, die ohne ein gesundes Gefühl nicht zu durchmessen sind, war sie, je größer und ernster die Probleme, von aller Grübelei und Klügelei in ihrem hellen Geiste völlig frei. Sie war von religiösen Zweifeln und Beklemmungen, von Frömmelei und Kopfhängerei, wiewohl dergleichen Anwandlungen in ihrer Familie nicht fremd waren, von früh auf unbelästigt; sie wußte oder begriff nichts von dem Wahne des Confessionalismus und Positivismus in der Religion, der »den Dienst größer macht als den Gott«; und sie ist in diesen Richtungen von mir nicht verbessert und nicht verschlimmert[327] worden. Darum waren ihr doch religiöse Bedürfnisse durchaus nicht abgelegen, und wenn sie nach einer Befriedigung derselben suchte, so griff sie nach Parker, den sie wegen der höchst seltenen Vereinigung von tief religiöser Empfindung mit der absolutesten Freiheit des Kopfes, in der er alle Tiefen der Wissenschaften ausbeutete zur Begründung einer von dogmatischem Ballast gereinigten Geistesreligion, in höchster Verehrung hielt, für dessen Schriften sie liebte unter Freundinnen und Fremden, unter Freidenkenden und Gemüthbeladenen förmliche Propaganda zu machen. Es war ihr ein Herzleid zu hören, daß sie diesen bewunderten Mann gesehen und gekannt hatte, ohne es zu wissen; wir erfuhren einst, was wir beide vergessen hatten, daß er uns, noch ehe er seinen großen Namen und Wirkungskreis in Boston gefunden, auf unserem kleinen Landsitz in Heidelberg vordem besucht und wiederholt gesehen hatte.

Die bisher angedeuteten Seelen- und Geisteszüge werden es an sich erklären, wenn ich sage, daß diese Frauennatur wie geschaffen war, in einer andächtigen Pflege ernster, edler Tonkunst jene innerste Befriedigung zu finden, die überall eine Frucht ist der Versammlung aller seelischen Kräfte auf Einen würdigen Gegenstand. In dieser Neigung traf ich mit ihr, und zwar von sehr verschiedenen Ausgängen aus, und doch in einerlei, von dem betretenen Heerweg der Oeffentlichkeit ganz abgewandter Richtung, wie durch eine merkwürdige Vorbestimmung zusammen. Wenn ein Ebenmaß war und eine Harmonie in unseren Gemüths- und Geistesanlagen, so flossen sie hier am innigsten zusammen; daher in unserem gemeinsamen inneren Leben Musik der unerschöpfliche Quell unersetzlicher und vielersetzender Genüsse ward: das war unsere Kirche und Kinderstube. Victorie hatte verschiedenen musikalischen Unterricht genossen; die gemeinsame Freude an Volksliedern war im Dapping'schen Hause vielleicht der erste nähere Berührungspunct unter uns gewesen; im Klavierspiel hatte sie es bis zu Beethoven'schen[328] Sonaten gebracht; eine Befriedigung hatte sie in ihrem musikalischen Treiben nicht gefunden. So war es mir durch eine doppelt so lange Zeit meiner Jugend gegangen. Ich hatte in meiner Vaterstadt die Oper, und nur die klassischsten Werke der Oper, in einer Vollkommenheit gehört, die nicht leicht wieder vorkommen mag; Instrumentalwerke und Concertgesang waren mir so bekannt wie Jedem, der die Tagesunterhaltungen dieser Art mitmacht; von dem Allem hatte mich mit Ausnahme der wenigen Opern ersten Ranges von Mozart und Gluck nichts eigentlich fassen und innerlich beschäftigen können. Ich kam in den Kern der Musik ganz stufenweise, erst durch das Interesse am ächten Volksliede, dem ich von meinen wissenschaftlichen Lehrjahren an in ernster Forschung nachging, das ich wie Shakespeare herzbewegender fand


»mehr als gesuchte Wort' und lustge Weisen

aus dieser raschen wirbelsüß'gen Zeit.«


In Heidelberg studirend wohnte ich dicht neben Thibaut und konnte den musikalischen Aufführungen in seinem Hause unbeobachtet lauschen; von seinen mitwirkenden Sängern lernte ich als Docent den Dr. Baumstark persönlich kennen, der eine treffliche Gabe nicht nur der fertigsten Technik, sondern auch des charakteristischen Gesanges besaß; als Thibaut (um 1834 wird es gewesen sein) in einer Laune der Unzufriedenheit seinen Singverein aufgab, trat Baum stark mit drei Freunden zu einem Quartett zusammen, um an Einem Wochenabende ihren gewohnten Freuden, wie unvollkommen es sei, auf eigne Hand weiter fortzuleben; zu diesen Abenden erhielt ich Zugang. Ich durfte nicht allein hören, sondern auch fragen und wünschen; das führte mich zuerst auf die Wege zu dem Allerheiligsten der Musik; da lernte ich den Werth der begeisterten, alten, heiligen Kunst zu schätzen, da den unermeßlichen Abstand der Händel'schen Geistestiefe von dem neueren Klingwerk zu ermessen. Als ich Victorien heimführte, nahm sie in Göttingen wieder Klavierunterricht, ich hielt sie aber an, sich wesentlich[329] nur in die Begleitung Händel'scher Sangwerke einzustudiren; sie nahm erst den Messias, dann das Alexanderfest in dieser Weise durch; im ersteren lernte sie noch mehr mechanisch und technisch, bei dem zweiten begann ihr über dem ganz verschiedenen inneren Charakter des Werkes das erste Licht über die seelische Bedeutung und das geistige Vermögen der Tonkunst aufzugehen. Im zweiten Jahre unsres Zusammenseins hörte sie in Rom zu Weihnacht und Ostern die gottesdienstliche Feier in der päpstlichen Kapelle, damals noch unter der Leitung von Baini; im dritten trat sie in Thibaut's wieder erstandenen Verein in Heidelberg; sie lernte die geistvolle Auffassung und Ausführung eines Mannes kennen von dem subtilsten Geschmacke, der von aller fachmännischen Beschränktheit frei und für die alte »reine Tonkunst« von der feurigsten Begeisterung ergriffen war, die das nicht achtete, was der Strom der Zeit zufällig oben aufwarf, die aus dem Schacht der Vergangenheit das gediegene Gold ausgrub und den vergoldeten Tand der Gegenwart nach seinem wahren Werthe schätzte. Es war eine merkwürdige Fägung, daß sie noch diesen Anstoß erhalten konnte kurz vor Thibauts (1840 erfolgtem) Tode. Noch aber fehlte etwas, ihrer musikalischen Thätigkeit das eigentliche Leben einzuhauchen. Sie war bisher immer an der Hand von Führern gegangen; sie hatte einen rechten technischen Lehrer nie gefunden; ihren eigenen Drang und Trieb hatte sie immer beengt gefühlt. Als ich zum erstenmal längere Zeit von ihr (1845 in England) abwesend war, warf sie sich auf eigne Hand, aus eignem Eifer in das Studium Händel's; von doppelter Seite stellte sie sich plötzlich, und wie durch innere Erleuchtung, auf eigene Füße: der geistige Hauch in Händel's Gesängen ging ihr auf, daß sie, in ahnendem Verständniß auf den Kern vordringend, seinen feinsten psychischen Intentionen zu folgen lernte; und technisch bildete sich zugleich ihr Spiel, zu dem sie eine virtuose Begabung nicht mitbrachte, und das sie sich mühsam erwerben mußte, zu einer Reinheit und Fertigkeit grade in Begleitung[330] Händel'scher Sangwerke aus, der ich kaum wieder begegnet bin. Sie stand von da an in und über dieser Kunstrichtung in einer Art Meisterschaft, die nach außen eine Bethätigung suchte. Sie sammelte in späteren Jahren eine Anzahl Schülerinnen um sich. die sie auf einem von der gewöhnlichen Praxis abweichenden Weg, Gesang und Spiel stets Hand in Hand geschlungen, selbst Kinder schon auf den geistigen Gehalt der Musikstücke hinweisend, in die Tonkunst einführte. Schon früher aber war es wesentlich ihr Betrieb und Werk gewesen, daß wir fast durch ein ganzes Jahrzehnt einen kleinen Singverein um uns versammelt hielten, mit dem wir sehr mangelhaft im Beginne, zuletzt mit den schönsten Erfolgen fast alle, auch die größesten Händel'schen Oratorien neben gelegentlichen Abbeugungen zu Bach und Mozart, zu Marcello und Allegri, aufführten und so den großen Kunstbau in dem Ganzen der ächten, unverstümmelten Werke jenes Meisters anschauen lernten, wozu selbst Thibaut, der nur das Schönste auszupflücken liebte, keine Anleitung gegeben hatte. In dieser langen Kunstübung nun gestalteten sich mir, durchaus selbstgewachsen auf dem Grunde fester Erfahrung, meine eigenen und besonderen Gedanken über Kern und Wesen der Musik, die mir keine andere Praxis als die Händel'sche, die mir keine musikalische Theorie und Aesthetik, wie sie auch heiße, an die Hand hatte geben, hätte geben können. Und unwillkürlich und ungesucht bildete sich allmählich der Entwurf zu dem Buch über »Händel und Shakespeare«, worin ich, als meiner Lebensflamme schon das Oel zu vertrocknen begann, jene Gedanken, noch erhellt von frischem Jugendlichte, niederlegen konnte. Selten sind Bücher in der Weise gekeimt, gewachsen und ausgereift wie dieses. Ohne die dauernde Aushülfe der Frau, die, von ihren gesunden Nerven und ihrem rüstigen Eifer unterstützt, fast alle die anstrengenden Proben und Aufführungen unserer Oratorien, zu welchen wir zuletzt eine stattliche Zuhörerschaft heranzuziehen pflegten, selber mit ungebrochenen Kräften stets geleitet und begleitet hatte, hätte[331] dies Buch niemals entstehen können. Das wissenschaftliche Verstandeswerk darin ist meine eigene Arbeit; die breiten Materialien, die technischen Hülfsmittel, die übersichtliche Einführung in das Ganze der in sicherer psychischer Beherrschung angefaßten Kunstwerke, das, und was Alles daran hängt, ist der Zuschuß der Frau zu dem Werke, in dem ihr Name und ihr Angedenken mit dem meinigen, wenn es fortleben sollte, fortleben muß.[332]

Fußnoten

1 Eines von diesen sentimentalen Prosaepigrammen habe ich seiner Kürze wegen im Gedächtniß behalten. Es charakterisierte die beiden Helden der Flegeljahre und lautete so: »Sieh, wie dort Blumen Blumen brechen, sagte Walt und deutete auf eine Mädchenschaar. Die Cannibalen! Sagte Vult.«


Quelle:
G. G. Gervinus Leben. Von ihm selbst. 1860, Leipzig 1893.
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