Kommunion und Konfirmation

[80] Die erste Kommunion und die Firmung der Katholiken, die Konfirmation der Protestanten soll ein tiefinnerliches Erlebnis sein, das bleibende Erinnerung wachruft. Daß geräuschvolle Zerstreuungen dabei auf das sorgsamste vermieden werden, gehört zum guten Ton.

Bewußte Erneuerung und Bestätigung des Taufbundes nach zuvor empfangenem Religionsunterricht stellt die kirchliche Handlung dar.

In der Vorbereitungszeit sind alle lauten Vergnügungen, Gesellschaften, Tanzstunden, Theater usw., zu vermeiden, weil sie Sinne und Wünsche der Konfirmanden zu sehr auf Außendinge lenken und dadurch ihre Aufnahmefähigkeit für inneres Erleben vermindern würden. Die Unsitte, gelegentlich der Konfirmation oder Firmung ein rauschendes Fest zu veranstalten, ist ebenso unschön, wie das übermäßige Beschenken der Konfirmanden. Blumen, gute Bücher, Gegenstände, die bleibenden Erinnerungswert haben oder Handarbeiten, sind passende Geschenke.

Der Anzug für die Konfirmation richtet sich nach der Ortsgewohnheit. Durchschnittlich tragen die Knaben aller Konfessionen schwarzen Anzug, schwarze Krawatte und Handschuhe. Die jungen Mädchen evangelischer Konfession tragen meist schwarze Kleider und weiße Handschuhe,[80] Katholikinnen weiße Kleider, weiße Handschuhe und ein weißes Kränzchen oder einen kurz herabhängenden, weißen Schleier und ein weißes Blumenkränzchen.

Von Schmucksachen ist nur ein Kreuz gestattet und das Konfirmationskleid wirkt nur dann fein und vornehm, wenn jeder unnütze Aufputz daran strengstens vermieden wurde. Gerade bei dieser Gelegenheit, bei der reiche und arme Kinder gemeinsam die heilige Feier begehen, wäre jedes »Herausgeputztsein« einzelner doppelt taktlos und unelegant. Die Vervollständigung des Konfirmationsanzuges bilden das Gesangbuch, ein seines Taschentuch und bei Katholiken [Knaben und Mädchen] die große, geschmückte Kerze. Während des Gottesdienstes sollten sich die Konfirmanden und deren Begleiter ernster, gesammelter Andacht hingeben. Die kirchliche Feier muß dem Kinde eine erhebende Erinnerung für seine ganze Lebenszeit bleiben und darf ihm nicht durch oberflächliches Betonen unwichtiger Begleitumstände wie: »neuer Anzug, Festmahl, Geschenke usw.«, von seiner Höhe herabgezogen werden. Es ist Sache der Eltern, ihren Kindern die Feier zu dem zu gestalten, was sie in Wahrheit ist und sein soll – zu einem segensvollen, inneren Erlebnis.

Früher war dieser Lebensabschnitt bezeichnend für das Entwachsen aus dem Kindesalter, das junge Mädchen begann eine junge Dame zu werden, der Knabe blieb zwar Schüler mit schwerer Aufgabenlast, kam aber durch die Tanzstunde in eine neue Welt, wo er sich[81] zum Kavalier formen mußte. Heute liegen die Dinge wesentlich einfacher und sind nicht mehr an seelische Erlebnisse gebunden, wenn auch die erneut einsetzende religiöse Vertiefung das Fest, das im 19. Jahrhundert stark äußerlich geworden war, wieder zu einer Prüfung des eigenen Innern und einer dementsprechenden Entscheidung für die Jugend gemacht hat.[82]

Quelle:
Gleichen-Russwurm, Alexander von. Der gute Ton. Leipzig [o. J.], S. 80-83.
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