Der vornehme Tisch.

[42] Für größere Einladungen dürfte es sich empfehlen einen Koch oder einen Tafeldecker zu mieten.

Hufeisenförmige oder ovale Tische sind für größere Gesellschaften am zweckmäßigsten.

Als erste Tischauflage braucht man eine Wachsleinwand. Darüber kommt ein sehr dickes Flanelltuch zum Schalldämpfen. Dann erst folgt das große weiße Damasttuch. Farbige Tischtücher sind nur bei Jausen im Garten elegant. Die Mitte der Tafel ziert ein Korb aus Silber oder Porzellan, mit Blumen gefüllt. Bei Abendmahlzeiten hat man an den Tischenden Kandelaber mit Kerzen, durch kleine Schirmchen verschleiert.

Vor jedem Gedeck befindet sich eine Karte mit dem Namen des Gastes, vor jedem Gast ein leerer Teller, der dann zurückgezogen wird und an dessen Stelle ein flacher und ein gefüllter Suppenteller vom Diener serviert wird.

Rechts vom Teller ist Löffel und Messer, links die Gabel; wenn es Fisch gibt: rechts ein Fischmesser und links eine Fischgabel. – Auf dem Teller liegt das Mundtuch und dazwischen das Brot. Zwischen zwei Personen steht ein Salzgefäß und eine Karaffe mit Wein und Mineralwasser; vor jeder Person drei bis vier Gläser.

Obst ist nur bei intimeren Mahlzeiten auf dem Tisch, sonst sind alle Nachspeisen auf Serviertischen vorbereitet. Das ganze Besteck zum Umwechseln liegt ebenfalls auf einem Serviertisch bereit. Auf jeder Schüssel liegen Gabel und Löffel, bei jeder Soße ist ein Löffel.[43]

Serviert wird von der linken und eingeschenkt von der rechten Seite. Eine Dame schenkt nie einem Herrn ein. Fisch darf nur mit Fischbesteck oder Gabel und Brot oder mit zwei Gabeln gegessen werden. Brot wird gebrochen und nicht geschnitten.

Von jeder Speise läßt man zweimal servieren, dann verschwindet der Diener damit. Man dankt dem Diener nicht, wenn man etwas genommen hat, sondern nur, wenn man etwas ausschlägt. Käse wird auf ein Stückchen Brot gelegt; Spargel wird nicht mit der Hand angefaßt. Wenn man fertig ist, kreuzt man das Besteck.

Vor der Mehlspeise wird der Tisch mit einer weichen Bürste abgekehrt; Salz und Pfeffer werden entfernt.

Am Abend bleibt eine kalte Vorspeise weg. Es ist Sitte, daß man stets ein helles und ein dunkles Fleisch servieren läßt. Salat gibt man auf kleinen Extratellern. Auf Serviertischen sind als Nachspeisen vorbereitet: Kalte Mehlspeise, Eis mit Waffeln, Bäckereien, Obst und Käse.

Gewöhnlich beginnt man mit einem leichten Weißwein, manchmal auch mit einem Südwein. Dann folgt ein stärkerer Weißwein, dann Rotwein (oft in zwei Steigerungen), zum Schluß Sekt. Man kann auch mit Sekt beginnen; dann darf aber während der ganzen Mahlzeit nur Sekt in verschiedenen Marken gereicht werden.

Die Gläser werden nie voll eingeschenkt. Ehe man einen berühmten Wein serviert, reicht man warmen Käseauflauf. – (Nach dem Essen Fingerschalen.)

Quelle:
Gratiolet, K. (d.i. Struppe, Karin): Schliff und vornehme Lebensart. Naumburg a.S. 1918, S. 42-44.
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