Gummiharze

[386] Gummiharze, (Gummi refinae) sind aus den Pflanzen fließende, oder ausgepreßte, und verhärtete Säfte, in denen Harz und Gummi in verschiednem Verhältnisse verbunden sind. Diese Verbindung ist zwar nicht so genau, daß völlig durchsichtige Substanzen entstünden (sie sind höchstens durchscheinend), aber doch so genau, daß weder Wasser die gummichten, noch der reine Weingeist das Harz absondert und völlig daraus in sich nehmen können, vielmehr wird der wässerige Aufguß nur eine milchichte oder trübe Feuchtigkeit, worin kein[386] kleiner Theil Harz fein zertheilt und unscheidbar schwimmt, die geistige Essenz aber ist schwach, und gegentheils mit gummichten Theilen beladen.

Da nun auf der eigentlichen Resine der Gummiharze stets die jedesmalige Arzneikraft allein beruht (so sehr die meisten Aerzte auch Arzneikräfte von dem Gummi darinn, wiewohl vergeblich, erwarten), so ist an der Trennung beider Bestandtheile oft viel gelegen. Das Gewächslaugensalz ist in Gesellschaft des Weingeistes sehr wirksam in Ausziehung des Harzes und Abscheidung der erdichten und schleimigen Theile, wenn das gepülverte Gummiharz anfangs mit ersterm, dann mit letzterm gerieben wird; gleiche Kräfte hat der geistige Salmiakgeist. Nur daß die Purgirharze hiedurch allzusehr geändert werden und ihre abführenden Eigenschaften verlieren. Mit Laugensalz geschärftes Wasser liefert von einigen Gummiharzen, z.B. der Gummigutte, ziemlich vollkommne, aber wenn es Purgirdroquen sind, ihrer Abführungskraft beraubte, Tinkturen. Etwas ähnliches thut die gebrannte Bittersalzerde, wenn sie zuerst mit den Gummiharzen und dann mit Wasser gerieben wird. Diese Aenderung der Arzneikräfte hat man von den mit den versüßten Säuren aus den Gummiharzen bereiteten Tinkturen nicht zu befürchten; gleichwohl sind sie zur Ausziehung dieser Harze ungemein wirksam.

Eben so wenig hat man diese Aenderung der Arzneikräfte von den emulsionartigen unvollkommnen Auflösungen der Gummiharze in reinem Wasser, Essig, Bier, Wein u.s.w. zu erwarten.

Verdünnter Weingeist (Branntwein) giebt ziemlich gute, obgleich schwache Auflösungen einiger Gummiharze, vorzüglich solcher, deren Harztheile keine sehr zähe Beschaffenheit haben, wie z.B. der Mohnsaft. Auch Schleimtheile sind darinn aufgelöst.

Da die Gummiharze leicht aus dem Wasser, mit dem man sie durch Reiben zu verbinden sucht, wieder niederfallen, so kann man die Vereinigung inniger und beständiger machen durch vorgängiges Abreiben dieser Substanzen mit Eidotter; Traganthgummi thut etwas ähnliches, das arabische weniger.

Verschiedne Gummiharze haben ihre Wirksamkeit großentheils von einer gewissen Menge ätherischen Oels, und bei einigen ist selbst das Harz bei der Hitze des kochenden Wassers zum Theil flüchtig, daher ihre ehemals gebräuchliche Reinigung durch Auflösen in heißem Essig, Durchseihen und Abdampfen oft ihre ganze Kraft zerstört und ganz verwerflich ist.

Am besten reinigt man sie zum innern Gebrauche, indem man die reinsten und frischesten Stücke heraussucht, diese reinern Stücke, wenn sie von der zähern Art sind, einer Frostkälte aussetzt, sie pülvert, wo nöthig siebet u.s.w. Die Reinigung des Galbanums s. unter Mutterharzgalban.

Das Verhältniß des Harzes und Gummi's in diesen Substanzen ist sehr verschieden. Mehr Harz als Gummi sollen enthalten Euphorbium, Guajakharz, Galbanum,[387] Gummigutte, Stinkasant, Epheuharz, Ladanum und Storax – etwa gleiche Theile von jedem das Gummiammoniak, Opopanax, Skammonium – weniger Harz als Gummi das Bdelium, die Myrthe und das Sagapen – am wenigsten Harz die Sarkokolle und das Kinogummi.

Das Verbindungsmittel des Schleims und der Resine in den Gummiharzen ist nicht genau bekannt. In den meisten Fällen scheint es ein gewächsartiges Neutralsalz, in einigen ein ätherisches, auch wohl ein fettes Oel zu seyn.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 2. Teil, Leipzig 1795, S. 386-388.
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