Purgirkreutzdorn

[254] Purgirkreutzdorn, Rhamnus catharticus, L. [Zorn, pl. med. tab. 203.] mit Dornen an den Spitzen der Zweige, viertheiligen Blumen mit halb und ganz getrennten Geschlechtern, eiförmigen Blättern, und aufrechtem Stengel, ein ziemlich starker Strauch in Hecken und Zäunen auf nicht allzu feuchten Boden, welcher im Mai büschelweise gelblich grün blüht.

Die erbsengroßen, an der Spitze mit einem erhabnen Punkte bezeichneten, im Reifen sich schwärzenden Beeren (Baccae spinae cervinae), welche ein schwarzgrünes saftiges Mark von etwas widrigem Geruche und bitterlich schärflichem, ekelhaftem Geschmacke, und vier länglichte, fast dreikantige Samen enthalten, sind seit langen Zeiten ihrer Purgirkraft wegen bekannt. Gewöhnlich braucht man sie als ausgepreßten Saft mit Zucker und mehrern (hinderlichen) Gewürzen zum Sirup eingekocht (Syr. de spina cervina, Syr. rhamni cathartici und Syr. Domesticus, also genannt, weil sich Kaiser Maximilian desselben als einer Hausarznei auf eigne Hand beim Podagra bediente, statt dessen er freilich etwas bessers hätte brauchen können.) Die Edinburger haben ihn zuerst vereinfacht und zu drei Theilen Saft zwei Theile Zucker genommen. In ältern Zeiten nahm man auch die Beere vor sich zum Purgiren, zehn und mehrere Stück frische auf die Gabe, von den getrockneten und zu Pulver geriebenen aber, bis zu anderthalb Quentchen; eine übertriebne Gabe, bei der es freilich nicht zu verwundern ist, wenn man innerliche Hitze und starkes Bauchgrimmen von ihrem Gebrauche wahrgenommen hat, so wie von dem Sirupe zu einer bis zu zwei[254] Unzen gegeben. Entweder finden diese Beschwerden bei mäßigem Gebrauche nicht Statt, oder man hat sehr unrecht gethan, den Sirup den neugebornen Kindern zur Abführung des Kindspeches als eine milde Purganz so allgemein zu empfehlen. Diese Widersprüche werden sich heben, wenn die Aerzte anfangen werden, genau abgemessene Gaben, und kräftige Arzneien nur vor sich und einfach, nicht aber mit einem Wuste andrer Mittel gemischt zu verordnen, um wissen zu können, welcher Ursache eigentlich der Erfolg zuzuschreiben sey.

Vorzüglich im Podagra, und in Haut- und Sackwassersucht hat das Alterthum die Purgirkreutzdornbeere und den Sirup gebraucht (Krankheiten, die durch Purgirmittel leicht bösartiger werden), sonst auch in Lähmungen und in Bleichsucht, ohne gehörige Einschränkung.

Man verfertigt aus dem Safte der reifen Beeren eine sogenannte Saftfarbe; Blasengrün, einen wahren Dicksaft, welcher sich zu Purgirpillen nicht uneben schickt. Die überreifen Beeren geben eine zum Illuminiren dienliche Scharlachfarbe.

Die innere jetzt außer Gebrauch gekommene Rinde (Cort. medius spinae cervinae) welche sonst zum Gelb- und Braunfärben dient, ist ein kräftiges, in stärkern Gaben auch von oben wirkendes Purgirmittel.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 1. Teil, Leipzig 1798, S. 254-255.
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