Schwarznachtschatten

[177] Schwarznachtschatten, Solanum nigrum, L. [Zorn, pl. med. tab. 44.] mit schwachem krautartigem Stengel, ovalen, zahnartig eckigen Blättern, und niederhängenden, zweizeiligen Blüthentrauben, ein etwa fußhohes Sommergewächs, auf ungejäteten Gartenbeeten, an Schutthaufen und andern Salpeter oder Mist enthaltenden Stellen, welches den Sommer über weißgrünlicht blüht.

Das übelriechende, und fade schmeckende, dunkelgrüne Kraut (Hb. Solani) ist in ältern Zeiten häufig, frisch zerquetscht um die Stirne gegen Kopfschmerzen bei hitzigen Fiebern, auf Rothlauf, auf skirrhöse zum Krebs sich neigende Verhärtungen, und auf schmerzhafte Goldaderknoten gelegt worden, doch wie es scheint mehr empirisch. Zuverlässig hülfreich soll die dreitägige Auflegung desselben gegen jenes in Arabien unter dem Nahmen Bula endemische, unschmerzhafte, fressende Geschwür[177] seyn, welches Narben, wie die Pocken, zurückläßt.

Beim innerlichen, nicht ohne große Behutsamkeit anzustellenden Gebrauche, will man Dienste von ihm zu einem bis sechs Gran des Pulvers bei innerlichen Entzündungen, und in der Wassersucht wahrgenommen haben, auch gegen unreine, schmerzhafte Geschwüre. Die Erfahrungen hierüber sind aber weder so zahlreich noch so bestimmt, daß man sich auf sie verlassen könnte. Die Wirkung dieses Krautes in allzu großer Gabe soll in Ausleerungen aller Art, Verdunkelung des Gesichts, Schwindel, Wahnsinn, Kopfweh, vorzüglich aber in allgemeiner, harter, mit Brennen verbundener, in Brand sich neigender, entzündlicher Geschwulst des Gesichts und der Gliedmaßen bestehen.

Wenn Einige die Unschädlichkeit des Krautes als Gemüse behauptet haben, so läßt sich dies zwar nicht nachahmen, aber doch leicht erklären, da durch Kochhitze die Arzneikraft dieses Krauts davon geht, wie das in alten Zeiten vom Kraute überdestillirte Wasser (Aqua Solani destillata) beweiset, welches alle Arzneikräfte des erstern in hohem Grade besitzt.

Reinlich getrunkener Essig scheint das beste Antidotum zu seyn. Es kann auch eine oder die andre Abart dieses Krautes unschädlicher seyn, oder unschädlich werden, wenn viel Magensäure vorhanden ist.

Die im späten Herbst reifenden, schwarzen, süßlicht faden Beeren (Baccae Solani) in Durchfällen und Ruhr zu brauchen, und sie für kühlend und schlafbringend zu halten, ist ein alter, unzuverlässige Volksglaube. Sie sind ebenfalls von heftiger Wirkung und sollen Magenschmerz, Wahnsinn und konvulsivische (?) Verdrehungen der Gliedmaßen verursacht haben.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 2. Teil, Leipzig 1799, S. 177-178.
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