Achtundsechzigstes Kapitel

Ausstattung, Einrichtung.

[213] Eine Ausstattung soll man unter allen Umständen den Verhältnissen anpassen. Einer jungen Frau eine derartig gediegene und standfeste Wäscheausstattung mitzugeben, daß sie eine lange Reihe von Jahren damit auskommen kann, ist sehr angemessen.

Ein übertriebener Luxus aber bei Wäscheausstattungen ist höchstens in entsprechend glänzenden Verhältnissen am Platz und wird in jedem Fall der jungen Frau manche Mißhelligkeit bereiten, da ein luxuriöser spitzen- und stickereibesetzter Wäschevorrat oft ein embarras de richesse wird, sowohl infolge der peinlich sorgfältigen Behandlung, deren er bei der Reinigung bedarf, einerseits, anderseits aber auch, weil ein übermäßig großer Wäschevorrat schwerer durchbraucht wird und infolgedessen auch leicht der Gefahr des Gelbwerdens unterworfen ist.[213]

Einer jungen Frau in einfachen Verhältnissen gebe man eine einfache, gediegene Wäscheausstattung mit, ohne unnützen Tand und übertriebenen Ausputz, entsprechend ihren übrigen Lebensgewohnheiten.

Auf anmutigen Schnitt, gute Stoffe, praktische, notwendige Gegenstände, richte man bei Besorgung der Wäscheaussteuer das Hauptaugenmerk. Man schafft ja eine Wäscheaussteuer nicht nur an, um bei der Ausstellung vor der Hochzeit damit prunken zu können, sondern damit die junge Frau später eine wirklich zweckentsprechende Verwendung dafür hat.

Wie schon oben erwähnt, kann eine übertrieben elegante Wäscheaussteuer einer jungen Hausfrau, die nicht die geeigneten Kräfte zu deren Instandhaltung zur Verfügung hat, mehr Ärger wie Nutzen bringen.

Auch sehr viel fertige Kleider einer jungen Frau mitzugeben ist heutzutage, wo die Mode so unbeschreiblich schnell wechselt, nicht mehr guter Ton.

Bei den Kleidern gilt natürlich dieselbe Maßnahme, wie bei der Wäsche, daß deren Ausstattung den Verhältnissen angemessen sein muß.

Kleidung einer Hausfrau, Wohnungseinrichtung, Zuschnitt eines Haushaltes muß in harmonischem Zusammenhang stehen.[214]

Eine halbe Eleganz wirkt weit eher disharmonisch, wie einheitliche Einfachheit.

Der gute Ton verlangt vor allen Dingen eine den Verhältnissen angemessene Einheitlichkeit der Lebensgewohnheiten eines Menschen. Und nicht nur der gute Ton verlangt dies, sondern eine solche einheitliche Lebensweise gibt auch inneres Gleichgewicht. Äußere Einheitlichkeit bedingt auch die innere. Die Kleidung einer jungen Frau soll aber nicht nur den Verhältnissen, sondern auch der Person angemessen sein. Die Kleidung soll immer der entsprechende Rahmen sein für das Bild menschlicher Schönheit. Man hüte sich, den Rahmen dem Bild überzuordnen, und dadurch die Reize des ersteren zu beeinträchtigen.

Von diesem Gesichtspunkte aus soll man die Toilette der künftigen jungen Frau wählen, welche, wenn sie auch nur noch »einem« auf der Welt vor allen andern gefallen will, doch diesem einen zu gefallen ganz besonders bemüht sein muß.

Besorgt der Verlobte die Wohnungseinrichtung, so hat er natürlich solche nicht bloß seinem Geschmack, sondern auch dem seiner Braut anzupassen.

Zumeist wählen die Brautleute, besonders wenn der Verlobte im selben Ort wohnt, die Einrichtung gemeinschaftlich.[215]

Lebhafte Debatten hierüber seitens der Brautleute gehören durchaus nicht zum guten Ton und sind besonders in Geschäften zu vermeiden.

Der Verlobte soll bei diesen Besorgungen seinen Geschmack galant dem seiner Braut unterordnen, besonders was die Ausstattung ihres Boudoirs, der Schlaf-, Wohn- und Küchenräume betrifft. In den ihn persönlich nur allein betreffenden Räumen wie Rauch- und Arbeitszimmer soll er natürlicherweise, von besserem Verständnis nach dieser Richtung hin unterstützt, auch mehr seinem Geschmack Rechnung tragen.

Die Braut soll, dem guten Ton entsprechend, sich nicht allzu herausfordernd bei der Wohnungseinrichtungsfrage benehmen, keine zu hohen Ansprüche stellen und in möglichst diskreter, feinfühliger Weise ihren Geschmack geltend machen, vor allen Dingen nie auf etwas hartnäckig bestehen, was der Bräutigam zu erfüllen beanstandet.

Auch bei derartigen Verhandlungen kann von beiden Seiten viel guter Ton an den Tag gelegt werden.[216]

Quelle:
Kallmann, Emma: Der gute Ton. Berlin 1926, S. 213-217.
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