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Der Römisch Kayserl. Majestat Ordnung und Reformation guter Polizei,

zu Beförderung deß gemeinen Nutzens auff dem Reichstag zu Augspurg

Anno D. 1548 auffgericht. (30. Juni.)

[777] XXXIV. Von Schmähschrifften, Gemählden und Gemächten.

§. 1. Wiewohl Wir auch auff hiebevor gehaltenen Reichstägen Uns mit Churfürsten, Fürsten und Ständen des H. Reichs und der Abwesenden Bottschafften vereinigt und verglichen, auch Satzung und Ordnung im Druck ausgehen, und verkünden lassen haben, daß in allen Druckereyen, auch bey allen Buchführern, mit ernstem Fleiß Fürsehung gethan, daß hinführo nichts Neues, und sonderlich Schmähschrifften, Gemählds oder dergleichen, weder öffentlich noch heimlich gedicht, gedruckt, noch feil gehabt werden sollen, wie[777] denn dieselben Abschied ferner mitbringen: So befinden Wir doch, daß ob derselben Unser Satzung gar nichts gehalten, sondern daß solche schmähliche Bücher, Schrifften, Gemählds und Gemächts je länger, je mehr gedicht, gedruckt, gemacht, feil gehabt, und ausgebreitet werden.

Wenn wir nun zu Pflantzung und Erhaltung Christl. Lieb und Einigkeit und Verhütung Unruhe und Weiterung so daraus folgen möchte, Uns schuldig erkennen, indem gebührlichs Einsehens zu thun: So setzen und ordnen Wir, auch hiemit ernstlich gebietend, daß hinführo alle Buchdrucker, wo und an welchem Ort die im Heil. Reich gesessen sind, bey Niederlegung ihres Handwerks, auch einer schweren Pön, nämlich N. Gülden, ihren ordentlichen Obrigkeiten, unabläßlich zu bezahlen, keine Bücher, klein oder groß, wie die Namen haben möchten, im Druck ausgehen lassen sollen, dieselben seyen denn zuvor, durch ihre ordentliche Obrigkeit, eines jeden Orts oder ihre dazu Verordnete besichtiget, und der Lehr der Christlichen Kirchen, deßgleichen dem Abschied deß Reichstags allhie, auch andern hievor auffgerichten Abschieden, so demselben jetzo allhie gemachten Abschied mit zuwider sind, gemäß befunden: Darzu daß sie nicht auffrührerisch oder schmählich, es treffe gleich hohe, niedere, gemeine oder sondere Personen an, und deßhalben approbirt und zugelassen. Bei gleicher Poen sollen auch alle obgemeldte Buchdrucker schuldig und verpflicht seyn, in alle Bücher, so sie also mit Zulassen der Oberkeit hinführo drucken werden, den Autorem oder Dichter des Buchs, auch seinen des Druckers Nahmen, deßgleichen die Stadt oder das Ort, da es gedruckt worden, unterschiedlich und mit Namen zu benennen, und zu vermelden.

§. 2. Ferner setzen, ordnen und wollen Wir, daß alle und jede Obrigkeiten Uns und dem heil. Reich unterworffen, ernstlich Einsehens thun und verschaffen sollen, daß nicht allein dem, wie obgemeldt treulich nachkommen und gelebt werde, sondern daß auch nichts, so der Catholischen allgemeinen Lehr, der heiligen Christlichen Kirchen ungemäß und widerwärtig, oder zu Unruhe und Weiterung Ursach geben, desgleichen auch nichts schmählichs, paßquillisches oder anderer Weiß, wie das Namen haben möcht, diesem jetzo allhie aufgerichten Abschied und andern Abschieden, so demselben nicht entgegen seynd, ungemäß, in was Schein das geschehen möchte, gedicht, geschrieben, in Druck gebracht, gemahlt, geschnitzt, gegossen oder gemacht, sondern wo solche und dergleichen Bücher, Schrifften, Gemählde, Abgüß, Geschnitzt und Gemächts im Druck oder sonst vorhanden wären, oder künfftiglich ausgingen und an Tag kämen, daß dieselbe nicht feil gehabt, gekaufft, umgetragen, noch ausgebreitet, sondern den Verkäuffern genommen, und so viel immer möglich untergedruckt werden, und soll nicht allein der Verkäuffer oder Feilhaber, sondern auch der Käuffer und andere, bei denen solche Bücher, Schmäh-Schrifften oder Gemählds-Pasquills[778] oder andere Weiß, sie seyen geschrieben, gemahlt, gedruckt, befunden, gefänglich angenommen, gütlich oder, wo es die Nothdurft er fordert, peinlich, wo ihm solche Bücher, Gemähld oder Schrifft herkommen, gefragt, und so der Author oder ein anderer, wer der wäre, von dem er, der gefangen, solche Schrifft, Gemähld oder Bücher überkommen, unter derselben Oberkeit gesessen, der soll alsbald auch gefänglich eingezogen: wäre er aber unter einer andern Herrschaft wonhaftig, derselben soll solches alsbald durch die Oberkeit, da der erste Feyl-oder Inhaber solcher Schrifften betretten, angezeigt, die abermals, wie vor laut, handeln, und dem also lang vorgeschriebener Maß nachgefragt und nachgegangen, biß der rechte Author befunden, der alsdann sampt denjenigen, so es also umgetragen, feyl gehabt oder sonst ausgegeben, vermög der Recht und je nach Gelegenheit und Gestalt der Sachen darumb gestraft werden.

§. 3. Wo aber einige Oberkeit, wer die wäre oder wie sie Namen haben möcht, in Erkundigung solcher Ding, oder so es ihr angezeigt, darinnen fahrlässig handeln und nicht straffen würde: Alsdann soll Unser Kaiserl. Fiscal wider dieselbig auch den Tichter, Trucker oder die Buchführer und Verkäuffer auf gebührliche Straff procediren und handeln, welche Straff nach Gelegenheit und Gestalt der Sachen Unser Kaiserl. Kammer-Gericht zu setzen und zu moderiren Macht und Befehl haben soll.

§. 4. Doch wo vor dieser Zeit etwan dergleichen Bücher, Gemähld und Schrifften hinter einen kommen und also hinter ihm blieben wären, der soll darum nicht gefährd werden: Aber dennoch schuldig seyn, so er die besünde, dieselbige nicht weiter auszubreiten, zu verschenken oder zu verkauffen, und also vorige Schmach wieder zu erneuern, sondern abweg zu thun oder dermaßen zu verwahren, daß sie niemands zu Schmach reichen oder gelangen mögen.


Quelle:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels bis in das siebzehnte Jahrhundert. Band 1, Leipzig: Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, 1886., S. 777-779.
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