Charlatanismus.

[147] Ein gewisser Bergrath aus Sachsen, hatte sich durch sein geheimnißvolles Wesen,[147] und durch einige glücklich angebrachte Prahlereien, das Zutrauen eines hiesigen reichen Fabrikanten gewonnen, dem er in den Kopf gesetzt hatte, daß er Geld zu machen wüßte. Der Fabrikant, der bejahrt, und all seiner Steckenpferde schon überdrüßig war, fiel darauf, daß es eine gar wunderbare und angenehme Kunst um das Goldmachen seyn müsse, sah den Bergrath mit Augen der Verehrung an, und betrug sich gegen ihn als gegen einen Mann, der die Mauern heiligt, in denen er es sich gefallen läßt einzukehren. Plötzlich wurde der Wundermann krank; kein Berggeist kam ihm zu Hülfe, ja nicht einmal ein Mensch, der Fabrikant ausgenommen, der diese Krankheit für eine göttliche Schickung hielt, durch welche er gewürdigt wäre, dem erhabenen Freund seine ganze Ehrfurcht und Vorsorge zu beweisen. Er hielt ihm zwei Aerzte, und alle[148] mögliche Pflege und Bedienung. Die Bemühungen gediehen, und der Bergrath wurde gesund. Er will dem Fabrikanten als seinem besten Freund und Erretter danken, und findet sich ganz beschämt, weil so viel Güte nie zu belohnen sey. Der Fabrikant drückte ihm die Hand, mit einem Blick und Seufzer, der genau ihm zu verstehen gab, wie sehr er sich geängstigt, daß er sterben möchte, ohne ihm das Rezept zum Goldmachen zu hinterlassen. Der Bergrath verstand ihn sehr wohl. Nein, rief er aus, ich will Ihnen nicht umsonst das Leben zu danken haben, Sie sollen belohnt werden. Nur wünsch ich mich in die Stille. Das Frühjahr geht an, und ich verstehe die wohlthätigen Kräuter; die gesunde Luft ist mir nothwendig, zur Stärkung der Nerven. Auf dem Lande werd ich mich so recht wieder fühlen, da, däucht mir, könnt ich so fleißig[149] seyn! »Sie sollen alles haben, wie Sie's verlangen, bleiben Sie mir nur getreu, sagte der Fabrikant.« Ja, sagte der Bergrath, das will ich, das will ich. Meine letzten Jahre will ich hier für Sie aufopfern, und nie wieder nach Sachsen zurückkehren.

Nun wurde er von dem Fabrikanten mit Geld ausgerüstet, um ein Landguth zu kaufen, wo er, wie er sagte, alle Arten von Erde findet, die er zum Goldmachen braucht. Nun wird ihm dort eine schöne bequeme Einrichtung gemacht, ihm werden Leute mitgegeben; Retorten und andere Materialien gekauft, und er ist schon bereit, sich dort zu etabliren, als er noch die Augen auf eine junge Waise wirft, die sehr hübsch war, und von ihm als Haushälterin mitgenommen wurde. Hier, im Landhause, nahm nun auf Kosten des Fabrikanten das[150] lustigste Leben seinen Anfang. Dazu hatte er auch der Haushälterin zu tief in die Augen gesehen, und machte ihr allerhand Anträge. Diese ließ sich die kleinen Liebkosungen im Anfang gefallen, merkte aber auf alles, und sah, wie der Fabrikant betrogen wurde. Sie ließ sich vom Bergrath in Hoffnung auf ihre Gunst die prächtigsten Geschenke machen, und eben da er glaubte sie in Händen zu haben, war sie fort, und entdeckte dem Fabrikanten das ganze Gewebe des Betrugs. Der Bergrath, da er das Mädchen nicht fand, die ihre Habseligkeiten und seine Geschenke mitgenommen, fürchtete sich entdeckt zu werden, und verschwand. Der Fabrikant konnte ihn mit seiner Rache nicht erreichen. Er verheirathete die Waise an einen jungen Mann, den sie liebte, und stellte sie bei seiner Fabrik an, wo das junge Paar recht treu und thätig[151] war. Ein Jahr nach dem Verschwinden des Bergraths, erfuhr sein betrogner Gönner, daß sein mächtiger Freund im Elend gestorben sey, welches jederzeit, spät oder früh, auf den Betrug wartet.

Quelle:
[Klencke, Karoline von]: Leben und Romantische Dichtungen der Tochter der Karschin. Als Denkmal kindlicher Liebe herausgegeben von Helmina, Frankfurt a. M. 1805, S. 147-152.
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